Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
Vom Netzwerk:
seinem Körper herausragten. Sie
musste dafür sorgen, dass er genug aß. Das Klopfen wurde
dringlicher, und sie richtete sich auf. Dreimal täglich kam ein
Diener, der ihnen Tee und Mahlzeiten brachte, doch war es noch zu
früh für sein Erscheinen. Eine unangenehme Ahnung beschlich
Viktoria. Von Shen Akeu war kein Lebenszeichen mehr gekommen, seit
Jinzi in das Zimmer gebracht worden war. Trotzdem musste sie sich
noch in diesem Haus aufhalten, als jene unsichtbare Macht, die für
Nahrung, Badewasser und frische Kleidung sorgte. Wollte sie Viktoria
nun an das gegebene Versprechen erinnern?
         »Herein!«,
rief Viktoria auf Englisch und die Tür öffnete sich. Sie
fühlte eine unsichtbare Hand an ihrer Kehle, die ihr das Atmen
erschwerte. Dann trappelten Schritte über den Boden.
         »Vi
Ki!«
         Kaum
hatte sie erleichtert nach Luft geschnappt, drohte sie auch schon in
Deweis Umarmung zu ersticken. Verlegen versuchte sie, ihren nackten
Körper unter einer Decke zu verstecken, doch schien Dewei nicht
überrascht, sie in dieser Lage an Jinzis Seite zu erblicken.
         »Ich
wollte nach dir sehen. Die McGregors haben mich losgeschickt. Wir
machten uns alle Sorgen.«
         »Das
war dumm von dir. Ich habe doch gesagt, du sollst bleiben, wo du
bist. Ich komme hier allein zurecht«, versicherte sie. Dewei
schüttelte energisch den Kopf.
         »Du
brauchst mich. Jedes Mal, wenn du die internationale Siedlung
verlässt, da brauchst du mich.«
         Viktoria
war es inzwischen gelungen, sich ganz in die Decke zu wickeln. Sie
richtete sich im Bett auf und versuchte, ihre Haarsträhnen in
Ordnung zu bringen.
         »Du
kannst jetzt zurückkommen. Mit ihm«, schlug Dewei vor,
während er auf den immer noch schlafenden Jinzi deutete.
»Vielleicht findet er auch Arbeit im Hotel.«
         Viktoria
staunte über diesen so einfachen, dennoch naheliegenden
Vorschlag. Sanft begann sie, Jinzi wach zu rütteln. Bisher war
es hier in diesem Zimmer durchaus angenehm gewesen und sie hatte
erfolgreich verdrängen können, wo sie sich befand. Sie
wusste, dass es auf Dauer nicht so bleiben würde.
         Jinzi
schien über Deweis Erscheinen weitaus weniger überrascht
als sie selbst. Er begrüßte ihn, indem er ihm grinsend das
Haar zerwühlte. Chinesisches Geplapper erklang. Viktoria stellte
erleichtert fest, dass sie etliche der Worte verstand. Dewei wollte
wissen, wie es Jinzi ging, und wurde beruhigt.
         »Ich
kann nicht so einfach von hier fortgehen«, sagte Jinzi dann
wieder auf Englisch. Viktoria überkam Unbehagen.
         »Es
ist … es ist wegen ihr, nicht wahr?«, meinte sie mit
gesenktem Blick. In den letzten Tagen waren sie einander
nähergekommen als jemals zuvor, doch nun sah sie wieder den
Graben zwischen ihnen, dessen Existenz sie fast vergessen hatte.
Jinzi schwieg. Sie rückte ein Stück an ihn heran und legte
ihre Hand auf seine Schulter.
         »Wird
sie dich verfolgen?«
         Ihr
fiel ein, dass sie wegen des gegebenen Versprechens ebenso verfolgt
werden konnte. Würde das Konsulat ihr noch helfen, nach all
ihrem unpassenden Benehmen?
         »Ich
glaube nicht, dass sie das täte«, erwiderte Jinzi. »Dazu
ist sie zu stolz. Sie würde mich nicht gewaltsam zurückholen.
Ich wäre für sie einfach nur gestorben.«
         »Und
was wäre daran so schlimm?«, entwich es Viktoria, obwohl
diese Worte vielleicht unklug waren. Wieder drückte eine
unsichtbare Hand an ihrer Kehle. Sie hatte keinem Mann jemals mehr
die Macht geben wollen, sie zu verletzen. Warum war es so schwer,
diesem guten Vorsatz zu folgen?
         »Hör
zu, Vi Ki«, begann Jinzi nun mit einem unangenehm ernsten Blick
in ihr Gesicht. »Diese Frau hat sehr viel für meine Mutter
und mich getan. Bevor wir sie trafen, waren wir nichts als
herumziehende Gaukler. Ich habe lange ohne ein festes Zuhause gelebt,
und es gab immer wieder Zeiten, da wir uns kaum satt essen konnten.
Durch Shen Akeu bekamen wir ein Auskommen. Sie hätte mir sogar
einen Aufstieg an einem angesehenen Theater ermöglicht, wenn ich
bereit gewesen wäre … bestimmte Dinge zu tun.«
         Ein
Schauer rollte über Viktorias Rücken.
         »Was
für Dinge?«
         Nun
wich er ihrem Blick aus.
         »Was
für Dinge?«, wiederholte sie beharrlich ihre Frage. Sie
wollte keine Geheimnisse mehr. Jinzi hob langsam sein Gesicht zu dem
ihren.
         »Dinge,
die junge, männliche Schauspieler tun, um

Weitere Kostenlose Bücher