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Das Geheimnis der Krähentochter

Das Geheimnis der Krähentochter

Titel: Das Geheimnis der Krähentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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Regen, an den
Stiefeln ein paar Spritzer Matsch.
    Wie er sie nun mit seinem Blick, mit seinem Grinsen einfing, war
er wieder genau der, den sie in Ippenheim kennengelernt hatte. Es ging ihm
darum, Selbstsicherheit zu zeigen. Gelassenheit, Überlegenheit. Auch nach all
dem, was zwischen ihnen vorgefallen war. Gerade deshalb.
    Es war ein Duell, so wie zu Beginn in Ippenheim und später auf
Schloss Wasserhain. Ein Gefecht, das mit den Augen geführt wurde. Erst nach
einer ganzen Weile begann Oberst Jakob von Falkenberg zu sprechen. »Du bist wie
eine Katze. Ich hatte also von Anfang an recht. Geschmeidig, anmutig.« Sein
Grinsen blieb. »Und unberechenbar. Du bist mir entwischt. Sogar zweimal.« Hätte
sie ihn nicht so gut gekannt, wäre ihr der bittere Unterton in seinen Worten
gar nicht aufgefallen. Er war es, der schließlich seinen Blick senkte. »Ich
hätte es wohl besser wissen müssen.«
    »Du hättest mich nie gehen lassen«, behauptete Bernina.
    »An diesem Punkt waren wir ja bereits einmal.«
    »Schämst du dich denn nicht? Wie hast du mich nur so belügen
können?«
    Er sah nicht auf und sagte kein Wort.
    Im Gebäude war es vollkommen ruhig, während von außen eine weitere
Windböe an den Mauern riss.
    »Erst hast du mir die Unwahrheit über Anselmo gesagt und dann hast
du dich in mein Herz geschlichen. Ich frage dich noch einmal, Jakob: Schämst du
dich überhaupt nicht? Hast du gar kein Gewissen?«
    Weiterhin vermied er es, ihrem Blick zu begegnen. »Erinnerst du
dich, wie sehr ich es wollte, dass du mich bei meinem Vornamen nennst?« Er
lachte bitter auf.
    »Willst du mir wenigstens sagen, wie du es geschafft hast?«
    »Geschafft? Was? Dir dieses kleine Märchen aufzutischen?« Nun
fanden seine Augen erstmals wieder Bernina. »Ich ließ ihn suchen, diesen Mann.
So wie du es von mir wolltest, so wie ich es dir versprochen hatte. Und die
Männer, die ich damit betraute, fanden ihn. Irgendwann, irgendwo in einem
unserer Armeelager. Er war nicht mehr Gefangener, sondern Sprachmeister einer
meiner Offiziere. Wie auch immer, jedenfalls war er da. Und ich hätte ihn dir
auf einem goldenen Tablett servieren können.«
    »Das jedoch hast du nicht getan.«
    »Nein, offenbar nicht.« Er nahm den Hut ab und legte ihn auf den
Tisch, wo auch Melchert Poppels von Wetter und Schweiß knautschig gewordener
Hut noch lag. Erst jetzt wurde der Kopfverband sichtbar, und für einen kurzen
Moment sah Bernina noch einmal, wie Falkenberg auf der Festung regungslos und
blutend auf dem Boden gelegen hatte.
    »Da hatte ich ihn also«, fuhr er nach langer Pause fort. »Doch ich
konnte es dir einfach nicht sagen. Immer, wenn ich es wollte, hielt mich
irgendetwas zurück.« Sein Blick veränderte sich. »Dann wollte ich den Mann
kurzerhand verschwinden lassen. Du verstehst, was ich meine …« Er bemühte
sich offensichtlich, betont nüchtern zu sprechen. »Töten lassen. Einfach so.
Aber wenigstens dazu ließ ich mich nicht hinreißen, zu einem Auftragsmörder
wurde ich nicht.«
    »Dir kam ein ganz anderer Gedanke.«
    »Ich ließ ihn zusammenschlagen. Einer meiner Unteroffiziere sollte
feststellen, ob er irgendetwas bei sich trug, das ihn von anderen unterschied.
Das mir helfen würde, dich von seinem Tod zu überzeugen. Denn mir reichte es
schon, wenn er nur für dich tot war. Doch was mir gebracht wurde, waren bloß
ein paar Klamotten, darunter immerhin diese auffallend bunte Hose.« Erst jetzt
fiel Bernina auf, dass der Oberst an Anselmo vorbeisah und ihn noch nicht
einmal mit einem flüchtigen Blick gestreift hatte. »Ja, diese Hose. Und
natürlich der Ring. Daran war zwar nichts Außergewöhnliches, aber mein Gespür
sagte mir, dass du ihn trotzdem wiedererkennen würdest. Und genauso war es.«
    Auch Berninas Worte hatten etwas Nüchternes, fast Beiläufiges:
»Wie konnte ein Mann wie du nur so schäbig sein? Wie konntest du nur so tief
sinken?«
    Er grinste, aber in seinen Mundwinkeln war ein Zucken. »Du bist
schuld, meine Liebe. Dass ich etwas so Feiges tun würde, hätte ich selbst
niemals erwartet. Du hattest mich in der Hand. Und glaub mir, das ist noch
keinem Menschen gelungen. Wahrscheinlich hattest du mich von dem Moment an in
deiner schönen Hand, als ich dich in Ippenheim das erste Mal sah. Diese Frau in
dem einfachen, schmucklosen Gewand einer Magd. Doch sie war voller Anmut, voller
Würde. Sie war so schön. Und das ist sie immer noch.«
    »Du hast den falschen Weg gewählt, diese
Frau zu erobern.«
    »Sieht ganz so

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