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Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi

Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi

Titel: Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dryas Verlag
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sage damit nur Folgendes: Wenn Sie weitersuchen, dann tun Sie das zu Ihrer eigenen Befriedigung, nicht zu meiner.“
    „So sei es denn!“, sagte Robert und erhob sich. „Von ­diesem Moment an will ich mit dieser Sache nichts mehr zu schaffen haben.“ Er nahm seinen Hut von dem Tisch, auf dem er ihn abgelegt hatte, und schaute zu Clara ­Talboys, die sich nicht regte.
    „Guten Morgen, Mr Talboys. – Ich fürchte, der Tag wird kommen, da Sie Grund haben werden, Ihre Gleichgültigkeit zu bedauern.“
    Mit gemessener Miene verbeugte er sich vor Mr Harcourt Talboys und der Dame. Sie ist so kalt wie ihr Vater, dachte Robert, als er einen letzten Blick auf die Gestalt am Fenster warf.

5. Kapitel

    A ls Robert Audley vor die Tür trat, fand er den Kutscher schlafend auf seinem Kutschbock vor. Mit einem Ruck wachte der Mann auf, als Robert einstieg.
    Gott sei Dank!, dachte Robert. Es ist vorüber, meine Suche hat hier ihr Ende gefunden. Ich werde nicht das Werkzeug sein, das Unglück über jene bringt, die mir lieb sind. Mein Onkel lebt mit einer Lüge. Doch zum Glück weiß er es nicht. Er wird es niemals erfahren. Zumindest nicht von mir. Ich bin wieder frei und kann leben wie zuvor!
    Bei diesem Gedanken verspürte er ein Gefühl der Erleichterung. Seine aufrichtige Natur hatte ihn vor der Rolle eines Spions und Sammlers vernichtender Fakten vom ersten Augenblick an zurückschrecken lassen. Er seufzte.
    Während er diesen Gedanken nachhing, holperte die Mietkutsche langsam zum Tor hinaus. Robert blickte noch einmal zurück auf das trostlos aussehende rote Backsteingebäude und war froh über seine Abreise.
    Plötzlich sah er eine Frau, die mit einem Taschentuch in der erhobenen Hand winkte und der Kutsche nachlief. Verwundert starrte er die seltsame Erscheinung an.
    „Anhalten, Kutscher!“, rief er und die Kutsche stoppte.
    Mr Robert Audley stieg aus und ging langsam auf die heraneilende Gestalt zu. „Du lieber Himmel! Miss ­Talboys!“ Zum ersten Mal konnte Robert Audley nun ihr Gesicht deutlich erkennen. Er bemerkte, dass sie sehr schön war. Sie hatte braune Augen, so wie George, eine blasse Gesichtsfarbe und regelmäßige Gesichtszüge. Alle Einzelheiten erfasste Robert in den wenigen Sekunden, die sie brauchte, um ihn zu erreichen. Er sah, wie ihre Lippen zitterten, und wunderte sich nun umso mehr über ihre scheinbar stoische, ja fast desinteressierte Ruhe während seines Gespräches mit ihrem Vater.
    „Miss Talboys“, sagte er. „Was kann ich ... warum ...?“
    Sie fiel ihm ins Wort und packte sein Handgelenk, ­während sie mit der anderen Hand ihren Schal hielt, den sie sich eilig über ihre Schultern geworfen hatte. „Lassen Sie mich sprechen, Mr Audley! Ich habe alles gehört. Ich glaube, was Sie glauben. Und ich werde verrückt, wenn ich nicht etwas tun kann, irgendetwas, um seinen Tod zu rächen.“
    Einen Moment lang war Robert Audley zu verwirrt, um ihr zu antworten. Von allen erdenklichen Dingen auf ­dieser Welt hatte er diesen Gefühlsausbruch am allerwenigsten erwartet.
    „Nehmen Sie meinen Arm, Miss Talboys“, sagte er dann. „Wir wollen ein Stück zum Haus zurückgehen und uns in aller Ruhe unterhalten. Ich hätte nicht in dieser Art vor Ihnen gesprochen, wie ich es tat, wenn ich gewusst hätte ...“
    „Wie konnte ich es in diesem Haus wagen, meine Gefühle für George zu zeigen, da ich doch weiß, dass sie ihm zum Nachteil ausgelegt werden würden!“, unterbrach sie ihn hastig. „Sie kennen meinen Vater nicht, Mr Audley. – Es war mir seit Jahren klar, dass meine Chance, George wiederzusehen, nur darin bestand, auf die Zeit zu hoffen. Und so wartete ich geduldig und hoffte auf das Beste.“ Erschreckt blickte sie durch die Allee zum Haus zurück. „Papa darf mich nicht mit Ihnen sehen, Mr ­Audley. ­Könnten Sie vielleicht zur Straße gehen und dem Kutscher sagen, dass er ein Stück weiterfahren soll? Ich werde durch eine kleine Pforte kommen und Sie auf der Straße treffen.“
    „Aber Sie werden sich erkälten, Miss Talboys“, wandte Robert ein, der bemerkte, dass ein Schauder sie erfasst hatte. „Sie zittern ja.“
    „Nicht vor Kälte“, antwortete sie. „Ich muss mit Ihnen sprechen, Mr Audley!“ Sie presste die Hand gegen ihren Kopf, so als versuche sie, ihre Gedanken zu sammeln. Dann wies sie auf das Tor.
    Robert verbeugte sich und schritt davon. Er bat den ­Kutscher, langsam zum Bahnhof zurückzufahren, und ging selbst zu Fuß am Zaun entlang, der Mr Talboys’

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