Das Geheimnis der MacKenzies
Hand am Ellbogen aufhelfen, und sie würden sich wieder in Bewegung setzen.
Zu ihrer linken Seite begann das Morgengrauen den Himmel heller zu färben. Dadurch konnten sie bestimmen, dass die Männer mit ihnen gen Norden gefahren waren und dass sie jetzt Richtung Süden zum Stützpunkt marschierten. Das war immerhin gut zu wissen, nur für den Fall, dass sie die Straße aus den Augen verlieren sollten.
„Wir können nicht mehr lange laufen“, murmelte Joe neben ihr. „Jeder, der auf dieser Straße vorbeifährt, wird uns sehen. Außerdem wird es bald zu heiß sein. Wir brauchen einen Unterschlupf, wo wir den Tag über bleiben können.“
Caroline gefiel nicht, was sie da hörte. Natürlich war es sicherer, sich tagsüber zu verstecken und nur nachts zu laufen. Aber so würde es Ewigkeiten dauern, bis sie zur Basis zurückkämen. Wenn sie nicht so müde gewesen wäre, hätte sie vielleicht widersprochen, doch mittlerweile meinte sie, keinen Fuß mehr vor den anderen setzen zu können. Plötzlich wurde ihr klar, wie viel Kraft die Ereignisse ihr abgefordert hatten. Ja, sie mussten unbedingt ausruhen.
Joe lenkte sie von der Straße fort, tiefer hinein in die Wüste. Das aufziehende Tageslicht ließ alles grau erscheinen. Konturen und Formen konnten sie bereits erkennen, aber noch keine Farben. In der Ferne erblickte Caroline eine Felsformation. Sie zog eine Grimasse. Unter Garantie steuerte Joe diesen Punkt an. Sie wusste nicht, ob sie es überhaupt bis dahin schaffen würde. Aber entweder das, oder sie konnte in der glühenden Sonne schlafen. Sie biss die Zähne zusammen und lief weiter. Sie hatte Durst, doch da es kein Wasser gab, lohnte es sich auch nicht, das zu erwähnen. Joe musste ebenfalls durstig sein.
Als sie endlich bei den Felsen ankamen, lehnte Caroline sich erschöpft mit dem Rücken an einen Stein. „Und was jetzt?“
„Bleib hier.“
Er war schon zwischen den Felsen verschwunden, bevor sie überhaupt „Sicher“ gemurmelt hatte. Sie sackte auf den Boden. In ihrem Kopf pochte es unerträglich, deshalb schloss sie die Augen und lehnte sich zurück.
Sie meinte, kaum die Lider geschlossen zu haben, als Joe auch schon wieder zurück war. „Komm“, meinte er knapp und zog sie unsanft auf die Füße. Er führte sie tiefer in die Felsen hinein, wo er eine Nische gefunden hatte. Erst als Caroline im Schatten stand, wurde ihr bewusst, wie heiß es bereits geworden war. Die Nische war groß genug, um ihnen beiden Schutz zu bieten.
„Ich habe schon nachgesehen, hier gibt es keine Schlangen.“ Er drückte ihr einen Stock in die Hand. „Nur für den Fall, dass doch welche auftauchen sollten ... verscheuche sie hiermit. Ich werde jetzt unsere Spuren verwischen und etwas zu trinken finden.“
Automatisch klammerte Caroline die Finger um das Holz. Der Gedanke an Schlangen war alles andere als angenehm. Aber sie hatte jetzt wichtigere Dinge im Sinn - schlafen. Sie drehte sich auf die rechte Seite -da schmerzte es am wenigsten - und war sofort eingeschlafen.
Joe sah auf sie hinunter, seine Wangenmuskeln arbeiteten. Die linke Seite ihres Gesichts war zerkratzt und voller blauer Flecke, ebenso ihr linker Arm. Die Schwellung an ihrer Schläfe war deutlich sichtbar. Vor Erschöpfung und Schmerzen war sie kalkweiß, ihre Kleidung schmutzig und zerrissen. Der Unterschied zwischen ihrer sonst makellosen Erscheinung und dem erschöpften Bündel, das jetzt zu seinen Füßen im Staub schlief, machte Joe unendlich wütend. Cal Gilchrist war wahrscheinlich tot, aber Joe wollte den anderen Mann auch am liebsten tot wissen, weil er Caroline das angetan hatte. Er selbst hatte sich als ihr Beschützer wahrlich keine Lorbeeren verdient, und so war er ebenso wütend auf sich selbst.
Sie sah so schmal und hilflos aus, wie sie da zusammengerollt auf der Seite lag. Dabei wusste er, dass Caroline keineswegs hilflos war. Er sah noch ihren verbissenen Kampf mit dem Knebel vor sich, um Gilchrist ihren Verdacht entgegenzuschreien. Damit hatte sie Zwietracht zwischen den beiden Männern gesät und den Streit geschürt, um die eigene Flucht zu ermöglichen. Jetzt lag es bei ihm, dafür zu garantieren, dass ihr nichts mehr geschah.
Die eigene Müdigkeit machte ihm zu schaffen, während er eine ziemlich weite Strecke zurückging, um jegliche Spuren auf dem Weg zu der Felsformation zu verwischen. Er ignorierte seine protestierenden Muskeln. Sie verlangten nach Wasser, wenn auch noch nicht verzweifelt. Aber sie würden wesentlich
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