Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
Wagen ist nicht mehr der Jüngste …« Shelly schluckte schwer. »Ich … Ich weiß einfach nicht, wie ich es ihm beibringen soll, Josh«, gestand sie dann. »Wie sagt man einem neunjährigen Jungen, dass sein Vater Selbstmord begangen hat, nachdem er versucht hatte, seine Mutter umzubringen?«
Josh nahm ihre Hand. »Glaub mir, Will ist viel belastbarer, als du denkst. Er wird darüber hinwegkommen – genau wie Kim. Deren größte Sorge galt ohnehin dir und dem jungen McMahon, der ja zum Glück mit einer Gehirnerschütterung und einem gebrochenen Bein noch recht glimpflich davongekommen ist.« Er schmunzelte. »Ich glaube, die beiden sind ganz schön verliebt. Hast du gesehen, wie deine Tochter ihn angeschaut hat, als wir zu ihm ins Zimmer durften? Für sie war er der strahlende Held des Tages. Und McMahon hat sie förmlich mit den Augen verschlungen.«
Shelly seufzte. »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Kim ist doch noch so jung und …«
»Hör auf, dir ständig Sorgen zu machen. Sie ist vierzehn Jahre alt und damit kein kleines Kind mehr. Glaub mir, deine Tochter weiß ganz gut, was sie tut. Und ich für meinen Teil kann McMahon gut verstehen: Kimberly ist schon jetzt fast so schön wie ihre Mutter.« Er zog Shelly an sich und küsstesie hungrig. »Aber nur fast – und offen gestanden bin ich ziemlich froh, dass wir das Haus ein paar Stunden für uns allein haben …«
Sie hörten nicht einmal, dass das Telefon im Korridor klingelte.
Über dem Tal spannte sich, gleich einem Baldachin aus schwarzem, mit Diamanten besticktem Samt, der Nachthimmel. Obwohl Mitternacht bereits vorüber war, spendeten der Mond und die Sterne so viel Licht, dass man ohne Weiteres ein Buch hätte lesen können. Doch das war es nicht, was die ganz in Schwarz gekleidete Gestalt im Sinn hatte, die sich wie ein Schatten dem Farmhaus näherte.
Still und dunkel lag das Gebäude da.
Geraldine atmete tief durch. Sorgenfalten hatten sich in ihre Stirn gegraben, und ihr Blick war starr. Nichts, aber auch gar nichts war so verlaufen, wie sie es geplant hatte.
Dieser verdammte Adrian Shelley!
Sie war durch einen Zufall auf ihn gekommen. Helen hatte während eines Telefongesprächs irgendwann beiläufig erwähnt, dass ihre jüngere Schwester Allison, die mit der kleinen Makepeace zur Schule ging, einen Brief in die Finger bekommen hatte, den diese an ihren Vater geschrieben hatte – ins Gefängnis!
Für Geraldine war diese Neuigkeit natürlich ein gefundenes Fressen gewesen. Sie hatte ein wenig recherchiert und dabei ein paar interessante Dinge herausgefunden: Das Makepeace-Flittchen selbst hatte ihren Exmann Adrian bei der Polizei wegen verschiedener Verbrechen angezeigt. Als Geraldine dann herausfand, dass er trotz der Schwere der Vorwürfe gegen Kaution auf freien Fuß gelangen konnte, war in ihr ein böser kleiner Plan herangereift. Ein Plan, für dessenUmsetzung sich Helen nur allzu gern hatte einspannen lassen.
Geraldine war nie auch nur auf den Gedanken gekommen, dass Adrian Shelley mehr tun würde, als seiner verhassten Exfrau einen höllischen Schreck einzujagen. Ja, sie hatte gehofft, ihre Widersacherin würde erkennen, dass sie in Aorakau Valley nicht mehr sicher war, und dann zusammen mit ihren Kindern aus dem Tal verschwinden, weil der Mann, vor dem sie hierher geflohen war, sie gefunden hatte.
Doch stattdessen war Adrian Shelley vollkommen durchgedreht und auf seine Exfrau und einen jungen Farmarbeiter losgegangen.
Das hatte Geraldine nicht gewollt …
Und es brachte sie zudem in eine mehr als unangenehme Situation: Sie wusste schlicht nicht, was Adrian Shelley der Polizei gesagt hatte, ehe er in den Flammen umgekommen war. Und wenn auch nur der Hauch des Verdachts entstand, dass sie, Geraldine, etwas damit zu tun hatte, würde sie womöglich niemals wieder eine Gelegenheit bekommen, Shelly Makepeace zu vertreiben.
Deshalb musste sie jetzt handeln. Noch heute Nacht. Auch wenn Joshua das meistens zu verdrängen schien, es ging hier immerhin um die Existenz von Emerald Downs!
Ihre Familie war mit den ersten Siedlern aus Wales nach Neuseeland gekommen. Die Woods waren tief mit dem Land, auf dem sie lebten, verwurzelt. Doch wenn Shelly Makepeace blieb, würde all das, was ihre Vorfahren über Generationen aufgebaut hatten, dem Verfall anheimfallen!
Ohne die Wasserstelle besaß Emerald Downs keine Zukunft, und deshalb musste Shelly Makepeace weg. Ganz egal, in welche Schwierigkeiten sie sich selbst auch
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