Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
Sekunde daran gedacht, was dein Handeln für uns alle hätte bedeuten können? Immerhin bist du nach Ronans Tod der einzige männliche Erbe!«
»Mutter!« Entsetzt schüttelte Maggie den Kopf. »Wie kannst du so etwas nur sagen!«
»Weil es genau das ist, was sie denkt«, erwiderte Josh an ihrer Stelle.
»Ich denke jedenfalls nicht daran, mit dir weiter in der Gegenwart dieser Person darüber zu diskutieren.« Geraldine musterte Shelly herablassend. »Das ist eine Familienangelegenheit, Miss Makepeace. Wenn Sie daher die Güte hätten, uns von Ihrer Anwesenheit zu befreien …«
»Shelly bleibt!« Josh begegnete dem Blick seiner Mutter fest. Sie hatte den Bogen eindeutig überspannt. Auch seine Geduld hatte einmal ein Ende, und jetzt reichte es ihm. »Wenn dich etwas stört, kannst du ja gehen.«
Ungläubig starrte seine Mutter ihn an; dann wirbelte sie auf dem Absatz herum. »Nathan! Margaret!«, rief sie ihren Mann und ihre Tochter. »Kommt bitte. Wie es aussieht, sind wir hier nicht erwünscht.«
Nathan Debbenham-Wood seufzte kaum hörbar, folgte jedoch der Anweisung seiner Frau ohne jeglichen Protest.
Maggie hingegen zögerte. Lächelnd umarmte Josh seine Schwester. »Geh ruhig«, sagte er und strich ihr übers Haar. »Du sollst meinetwegen keine Schwierigkeiten bekommen.«
»Margaret!« Geraldines Stimme hätte sehr viel besser auf den Korridor einer Kaserne gepasst als auf den eines Krankenhauses. »Bitte!«
»Pass auf dich auf«, flüsterte Maggie und strich Josh mit dem Handrücken über die Wange.
Dann drehte sie sich um und folgte ihrer Mutter.Obwohl der Himmel über Aorakau Valley am nächsten Tag strahlend blau und heiter war, schien eine düstere graue Wolke über Emerald Downs zu liegen. Jeder spürte es, vom kleinen Angestellten bis hin zum Familienmitglied: Die Luft schien elektrisch aufgeladen zu sein, so wie kurz vor einem Gewitter, wenn sich die Spannung in Blitz und Donner entladen konnte.
Nur dass es sich in diesem Fall bei der Quelle nicht um ein Wetterphänomen handelte, sondern um eine Person.
Geraldine Wood.
Josh war gestern Abend zwar noch entlassen worden, aber nicht nach Hause gekommen. Vermutlich hatte er bei irgendeinem Freund geschlafen. Zumindest hoffte sie das – die Vorstellung, dass er bei dem Makepeace-Flittchen übernachtet haben könnte, machte sie schier verrückt.
Seit diese Frau ins Tal gekommen war, machte sie nichts als Schwierigkeiten, und nun brachte sie auch noch Geraldines Sohn gegen sie auf. Es wurde Zeit, dieser Person einen Denkzettel zu verpassen, den sie so schnell nicht vergessen würde.
Natürlich hatte Geraldine bereits ihren Anwalt und engsten Vertrauten Preston Davies auf Shelly Makepeace angesetzt, doch er hatte bisher noch nichts über sie zutage bringen können, was sich irgendwie gegen sie verwenden ließe. Mit der Hilfe ihrer Kinder durfte sie auch nicht rechnen – Josh stellte sich schließlich ganz unverhohlen auf die Seite dieses Flittchens, und auch auf Margaret schien in dieser Angelegenheit kein Verlass zu sein. Und Nathan …
Sie verschlug den Gedanken an ihren Mann, um ihre Stimmung nicht noch mehr zu verschlechtern. Nathan war ein Schwächling ohne jeglichen Kampfgeist und eigenen Willen. Er tat, was sie ihm sagte, und hatte im Laufe ihrer Ehe nicht ein einziges Mal versucht, seine eigene Meinung zu vertreten –vermutlich, weil er ganz einfach keine besaß. Was ihr vor nunmehr zweiundvierzig Jahren wie ein perfektes Arrangement erschienen war, konnte sie heute nur noch mit Mühe ertragen. Doch das war im Augenblick ihr geringstes Problem.
Das Klingeln des Telefons riss Geraldine aus ihren Gedanken. Als sie abnahm, meldete sich ihre alte Freundin Renée, die zusammen mit ihrem Mann Carl das einzige Kaufhaus von Aorakau Valley, das Mulligan’s, aufgebaut hatte, das nun von ihrem Sohn Walter und dessen Frau Sophie geführt wurde.
»Ich rufe an, um dich an den alljährlichen Wohltätigkeitsball der Kirchengemeinde zu erinnern, meine Liebe.« Renée engagierte sich bei fast allen öffentlichen Einrichtungen von Aorakau Valley – jedoch weniger ihres Seelenheils als vielmehr der nützlichen Kontakte wegen, die sie auf diese Weise machte. »Du hast dir den Termin doch hoffentlich in deinem Kalender notiert? Ich rechne fest mit deinem Kommen.«
Geraldine, die Wohltätigkeitsveranstaltungen ungefähr so viel Gegenliebe entgegenbrachte wie ihrem Ehemann Nathan, seufzte. »Tut mir wirklich leid, Renée, aber in diesem Jahr wird es
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