Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
Vermögen gekostet.«
»Na, dann kannst du ja froh sein, dass ihr von da weg seid.«
»Ich weiß nicht …« Nachdenklich neigte Kim den Kopf. Seltsam, irgendwie hatte sie es von dieser Seite noch gar nicht betrachtet. Zwar war sie inzwischen nicht mehr sauer auf ihre Mom, weil die sie gezwungen hatte, mit nach Neuseeland zu kommen. Aber froh darüber? Dabei hatte Lenny schon recht: Vieles war besser geworden, seit sie hier lebten. Sicher, Aorakau Valley konnte man nicht gerade das Zentrum der Unterhaltungsindustrie bezeichnen, aber wenn sie jetzt darüber nachdachte – hatten sie und ihre Freunde sich früher in L. A. nicht auch die meiste Zeit gelangweilt? Hatten sie nicht vielleicht auch deshalb diesen ganzen Mist gebaut – Schule geschwänzt, geklaut, randaliert und andere Leute tyrannisiert? Weil das ihr Kick war, ihr einziger Weg, sich von der grauen Masse abzuheben und anders zu sein als alle anderen?
»Sag mal, warum trägst du eigentlich dieses schräge Outfit?«, fragte Lenny und riss sie damit aus ihren Gedanken. Er grinste jungenhaft. »Ich meine, nicht, dass es dir nicht steht. Mich interessiert einfach nur, ob du damit irgendeine Botschaft rüberbringen willst oder so.«
Kim spürte seinen Blick auf sich ruhen, und es kribbelte in ihrem Bauch. Seine Frage irritierte sie. Noch nie hatte jemand wissen wollen, warum sie sich so kleidete, wie sie sichkleidete. In ihrer früheren Clique war es völlig normal gewesen, so rumzulaufen: Alle ihre Freundinnen hatten entweder lange, wallende Gewänder mit geschnürten Korsagen oder ultrakurze Röckchen mit engen Tops und schweren Stiefeln getragen. Natürlich in Schwarz, mit blutroten, violetten oder grell pinkfarbenen Akzenten. Sie hatten alle mehr oder weniger dieselbe Musik gehört, dieselben Bücher gelesen und die gleichen Filme gut gefunden. Es war irgendwie so ein Zusammengehörigkeitsding gewesen. Etwas, das jetzt nicht mehr existierte.
»Ich …« Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Früher mal, ja. Aber inzwischen …«
Er lächelte wieder, und ihr stockte der Atem. Unglaublich, wie mühelos es ihm gelang, sie nur mit einem Lächeln vollkommen verrückt zu machen. Mit Zack war sie schon sehr viel weiter gegangen, und doch hatte er nie ein derartiges Gefühlschaos in ihr ausgelöst.
»Mir ist es hier drin zu stickig«, sagte er. »Hast du vielleicht Lust auf einen kleinen Spaziergang?«
Unsicher blickte sie in Megans Richtung, doch die zuckte bloß grinsend mit den Schultern. »Na los, hau schon ab – dann bleibt mehr Pizza für mich übrig. Wir sehen uns dann um kurz vor zehn bei mir, okay? Und sei pünktlich – Emily wird nämlich stinksauer, wenn sie rausfindet, dass du dich abgesetzt hast.«
Kim nickte, dann stand sie auf und verließ mit Lenny das Buzzy Bee . Sie überquerten die Straße und betraten die kleine Parkanlage, die das Herz des Sutton Square darstellte.
Die Luft hier draußen war nach der Hitze des Tages angenehm kühl und duftete würzig nach frischem Gras und Harz. Raschelnd fuhr der Wind durch die Blätter der Riesenfarne. Silbriges Licht sickerte durch die dichten Kronen der Südbuchenund verlieh dem spätabendlichen Park etwas Unwirkliches, fast schon Magisches.
Kim atmete tief durch, doch auch das half ihr nicht, ihre Nervosität in den Griff zu bekommen. In ihrem Bauch schien ein ganzer Schwarm Schmetterlinge herumzuflattern, ihr war heiß und kalt zugleich. Aus den Augenwinkeln musterte sie Lenny, der nur eine Handbreit neben ihr ging. Im Mondschein wirkte sein blondes Haar fast weiß, was einen noch stärkeren Kontrast zu seiner tief gebräunten Haut darstellte. Er sah völlig anders aus als Zack und all die anderen Jungs, mit denen sie bisher ausgegangen war und die mit ihrem schwarz gefärbten Haar und der bleichen Haut eher Vampiren aus einem Schauermärchen glichen.
Lenny war anders – aber nicht weniger anziehend.
Sie setzten sich auf eine Bank im Schatten eines Eisenholzbaums. Kim rechnete damit – ja, sie hoffte es! –, dass er jetzt gleich versuchen würde, den Arm um sie zu legen und sie zu küssen, und ihr Herz flatterte wie verrückt.
Doch Lenny tat nichts dergleichen.
»Was ist eigentlich mit deinem Dad?«, fragte er stattdessen nach einer Weile. »Shelly und er haben sich getrennt, oder?«
Die Frage kam unerwartet. »Ich … Warum interessiert dich das?«
»Nur so«, erwiderte er ausweichend. »Sag mal, wie alt ist deine Mutter eigentlich? Sie sieht noch ziemlich jung aus, aber
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