Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
sich nur schwer einrichten lassen. Ich habe im Augenblick ein paar unangenehme Dinge vor der Brust. Du hast doch sicher bereits gehört, dass die Enkelin vom alten Ben Makepeace nach Aorakau Valley gekommen ist und es sich in den Kopf gesetzt hat, die Farm ihres Großvaters zu bewirtschaften.«
»Allerdings«, entgegnete Renée – man konnte ihrer Stimme anhören, wie sie die Nase rümpfte. »Und wie mir scheint, hat sich auch das schlechte Blut vom alten Ben auf folgende Generationen übertragen.«
Die Bemerkung ihrer Freundin ließ Geraldine aufhorchen. »Wie meinst du das?«
»Nun ja, eigentlich ist es keine große Sache, und Walter möchte auch nicht, dass ich darüber spreche, aber … unser Ladendetektiv hat die kleine Makepeace beim Stehlen erwischt.«
»Shelly Makepeace?«
»Nein, ihre Tochter – Kimberly.« Renée seufzte. »Walter hat auf Drängen deines Sohnes darauf verzichtet, die Kleine anzuzeigen. Wenn du mich fragst, ich halte das für grundverkehrt. Leute, die einmal mit der Hand im Honigtopf ertappt werden …«
Den Rest bekam Geraldine kaum noch mit. Sie hatte genug gehört, und ihre Laune hob sich augenblicklich.
Endlich hatte sie etwas gegen Shelly Makepeace und ihre Familie in der Hand. Und sie besaß auch schon eine klare Vorstellung davon, wie sie ihr neu erworbenes Wissen gegen die verhasste Sippe anwenden würde.
5
Flink wie ein Wiesel rannte der Junge, den eiförmigen Ball fest an die Brust gepresst, im Zickzackkurs über das Spielfeld. Von allen Seiten drängten die Spieler der gegnerischen Mannschaft auf ihn zu, doch mit spektakulären Ausweichmanövern gelang es ihm immer wieder, sich frei zu spielen.
Schon näherte er sich dem gegnerischen Malfeld, und es sah nicht so aus, als ob ihn noch jemand aufhalten könnte. Wenn es ihm gelang, den Ball hinter der Mallinie abzulegen, waren seiner Mannschaft vier Punkte sicher. Schaffte er es, den Ball mit einem Fußtritt über die Querstange des drei Meter hohen Tors zu befördern, kamen sogar noch einmal zwei Punkte hinzu.
Die Anspannung stand dem Jungen deutlich ins Gesicht geschrieben. Er wollte diese Punkte, wollte sie unbedingt! Doch dann tauchte plötzlich, wie aus dem Nichts, ein Verteidiger der gegnerischen Mannschaft auf und warf sich seitlich gegen ihn.
Der Zusammenstoß riss die beiden Kontrahenten von den Füßen, und der Aufprall war so heftig, dass man leises Ächzen hören konnte, als die Luft brutal aus ihren Lungen gepresst wurde.
»Stopp!« Der schrille Laut einer Trillerpfeife hallte über den Platz. Sofort ließen die beiden Jungs voneinander ab und rappelten sich hastig auf.
Will konnte von seinem Platz auf der leeren Tribüne aus nicht hören, was unten auf dem Spielfeld gesprochen wurde – doch die finstere Miene von Coach O’Leary verhieß nichts Gutes.
Joe O’Leary stand an der Schule in dem Ruf, ein knallharter Brocken zu sein. Und nach allem, was Will in der letzten halben Stunde mit angesehen hatte, war das keineswegs übertrieben. Und am härtesten von allen Spielern im Team packte er Jason an – seinen eigenen Sohn.
Er machte ihm ordentlich Druck. Während der ganzen Zeit hatte er nicht ein freundliches Wort für Jason übrig gehabt. Der Dreizehnjährige erntete für alles, was er machte, stets nur böse Blicke und Geschrei. Man erzählte, dass der Coach in jungen Jahren kurz davor gewesen war, bei den All Blacks aufgenommen zu werden – der neuseeländischen Rugby-Nationalmannschaft, die zu den besten der Welt gehörte. Eine Sportverletzung hatte seinen Träumen jedoch ein abruptes Ende gesetzt. Vielleicht drillte er seinen Sohn deshalb so hart: Weil er wollte, dass dieser erreichte, was ihm selbst verwehrt geblieben war.
Will wusste selbst nicht so genau, warum er nach der Schule nicht nach Hause, sondern zum Training der Rugbymannschaft gegangen war. Normalerweise interessierte er sich nicht für Sport, schon gar nicht für eine Sportart, die so grob und brutal wirkte wie Rugby. Doch irgendwie bewunderte er Jason nach wie vor, trotz allem, was zwischen ihnen vorgefallen war. Und er wünschte sich nichts sehnlicher, als mit ihm befreundet zu sein.
Der Trainer versetzte seinem Sohn einen Stoß gegen die Schulter, der Will vermutlich umgeworfen hätte, Jason aber nur zurückstolpern ließ. Offenbar war sein Vater nicht besonders zufrieden mit ihm, und was Jason jetzt sagte, ließ ihn noch wütender werden. Was der Coach daraufhin brüllte, konnte Will sogar bis in den obersten Rang
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