Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
du bist ja auch schon vierzehn, von daher muss sie ja schon über dreißig sein, oder?«
»Sie ist dreiunddreißig«, antwortete Kim irritiert.
»Und sonst? Hat sie einen festen Freund? Doch nicht etwa dieser Wood, oder? Der ist nichts für sie! Aber was für Männer mag sie denn so? Eher Ältere oder Jüngere?«
Kim runzelte die Stirn. Was sollte das denn jetzt?
»Woher soll ich das wissen?«, entgegnete sie kühl, doch Lenny schien überhaupt nicht mitzukriegen, dass ihre Stimmung langsam dem Nullpunkt entgegensank.
»Sie sieht ziemlich gut aus, dafür, dass sie schon über dreißig ist«, schwärmte er einfach weiter. »Ich glaube, sie ist eine der Frauen, nach denen sich die Männer auch noch umgucken, wenn sie vierzig oder fünfzig ist …«
Jetzt hatte Kim aber wirklich genug! Endlich schien Lenny sie einmal wirklich bemerkt zu haben, und jetzt fragte er sie nur über ihre Mutter aus! Sie war tief enttäuscht.
Hastig sprang sie auf. »Hör mal, wenn meine Mom dich so brennend interessiert, dann solltest du wohl besser mit ihr spazieren gehen! Tut mir leid, ich muss jetzt gehen!«
»Aber Kim …«
Ohne ein weiteres Wort lief sie davon, und Lenny machte keinerlei Anstalten, ihr zu folgen.
Kim konnte das alles nicht fassen. Wie oft hatte sie davon geträumt: Lenny und sie allein, über ihnen der Sternenhimmel – aber dass es so sein würde …
Als sie sicher sein konnte, dass sie außer Sichtweite war, ließ sie den Tränen der Enttäuschung freien Lauf.
»Hast du Durst? Dr. Shepard hat gesagt, du musst viel trinken, um die Giftstoffe aus deinem Körper zu schwemmen. Soll ich dir etwas holen?«
»Ja, ein eiskaltes Bier wäre jetzt genau das Richtige«, entgegnete Josh schmunzelnd. Er war inzwischen seit knapp zwei Stunden wach und fühlte sich fast schon wieder, als könnte er Bäume ausreißen. »Und wenn du schon dabei bist, bring uns doch gleich eine schöne fettige Pizza mit, ja?«
Shelly kniff die Augen zusammen. »Du bist wirklich unmöglich, Josh Wood, weißt du das eigentlich?« Dann lachtesie – und ihr Lachen tat ihm besser als jede Medizin der Welt. »Kamillentee ist zwar nicht ganz dasselbe, aber so lange du hier im Krankenhaus bist, wirst du damit vorliebnehmen müssen.«
Angewidert verzog er das Gesicht. »Weißt du, was ich glaube? Die servieren dieses fürchterliche Gebräu nur, um die Patienten zu vergiften, damit sie möglichst lange hierbleiben.«
Wieder lachte Shelly – und wieder kam er nicht umhin, festzustellen, wie sehr er diesen Anblick liebte! Da waren diese zwei niedlichen Grübchen etwas oberhalb der Mundwinkel, die immer dann zum Vorschein kamen, wenn sie lachte. Ihre veilchenfarbenen Augen strahlten heller als die Sonne über Aorakau Valley an einem schönen Sommertag, und ihre Wangen nahmen einen zartrosa Schimmer an.
Als ihm klar wurde, dass er ins Schwärmen geriet, rief er sich zur Ordnung. Shelly Makepeace war keine Frau für ein flüchtiges Abenteuer – dagegen sprach schon die Tatsache, dass sie Kinder hatte. Und für mehr stand Josh auf absehbare Zeit nicht zur Verfügung. Besser also, er hielt sich das stets vor Augen.
»Bis gleich«, sagte sie und schnappte sich seinen Teebecher. Dann war sie auch schon verschwunden.
Josh war aus der Untersuchungskabine in ein kleines Einzelzimmer verlegt worden. Doc Shepard hatte angekündigt, dass er zum Ende seiner Schicht noch einmal vorbeischauen wollte. Eigentlich wollte er Josh über Nacht zur Beobachtung im Krankenhaus behalten, aber Josh hoffte, dass er, wenn alles gut lief, doch noch heute nach Hause gehen könnte.
Seit Ronans Tod waren ihm Krankenhäuser ein Gräuel. Was damals passiert war, hatte ihm die Augen geöffnet und ihm die Illusion genommen, unsterblich zu sein. Als vollkommengesunder junger Mann war Joshs Bruder in die Klinik gegangen, um einen einfachen Routineeingriff vornehmen zu lassen. Aber während der OP war es zu unerwarteten Komplikationen gekommen. Die Ärzte hatten alles in ihrer Macht Stehende getan, um Ronan zu retten, doch es hatte nichts gebracht.
Ronan war nicht mehr aus der Narkose aufgewacht.
Josh atmete tief durch und zwang sich, die Erinnerung an seinen Bruder abzuschütteln. Doch die Richtung, in die seine Gedanken stattdessen gingen, behagte ihm auch nicht sonderlich.
Natürlich ging es wieder um Shelly.
Er wusste selbst nicht, was los war – aber in letzter Zeit schienen sich seine Gedanken unentwegt um sie zu drehen. So sehr er sich auch dagegen sträubte, es
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