Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
Vom Netzwerk:
offensichtlich unseren alten Glauben weiterleben. Anisha, wenn das der Falsche gehört hat …«
    »Hör auf, Chalida, du machst dich wegen nichts und wieder nichts verrückt! Das war ein Wilderer, hörst du, das war gewiss nur ein Wilderer!«
    Chalida nickte. Sie nickte und nickte, doch erst als Anisha sie hart am Arm packte und schüttelte und noch einmal wiederholte, es sei nichts gewesen, schien sie aufzunehmen, was Anisha gesagt hatte.
    »Du … du hast sicher recht«, stammelte sie und zwang sich, ruhiger zu atmen. »Ja, es war bestimmt nur ein Wilderer. Oder – oder ein Schäfer, der ein entlaufenes Lamm sucht, nicht wahr?«
    »Genau«, bestätigte Anisha. »Und das hatte rein gar nichts mit uns zu tun. Es ist nichts, und es wird nichts daraus folgen! Und bitte, Chalida, rede mit deinem Vater, das musst du mir versprechen! Du hast doch nichts zu verlieren!«
    »Ja, ich … mal sehen«, gab Chalida zurück, mied aber Anishas Blick und griff mit plötzlicher Eile nach den Zügeln. »Ich … ich muss nach Hause!«, stotterte sie und schwang sich auf Barbakan.
    In wildem Galopp jagte sie zurück zur Farm. Es war nichts, nur ein Wilderer, betete sie dabei wie ein Mantra vor sich hin, aber tief in ihrem Inneren fand sie einen ganz anderen Widerhall: »Das war ein Zeichen Gottes, dass ich endlich aufhören muss, mir Fragen zu stellen, und Musheer heiraten soll. Ich spüre es, und nur wenn ich ihm gehorche, schüttet er kein neues Unheil über unserer Familie aus. Nur dann verschont er uns!«
    Zu Hause verkroch sie sich fröstelnd in ihr Bett und hatte bis zum Abend so hohes Fieber, dass Tamu seufzend wieder ihren bitteren Sud für sie zuzubereiten begann.
     
    »Zahra, würdest du dich jetzt bitte fertig machen, damit wir endlich nach Granada reiten können?« Seufzend sank Jaime gegen den Türrahmen des Wohnraums und kämpfte sichtlich um Beherrschung. Als Zahra, statt in ihre Gemächer zu eilen, langsam zum Fenster ging, schlug er mit der Hand auf das Holz, fuhr herum und rief donnernd nach seinen Kindern: »Abdarrahman, Chalida, Yayah!«
    Zumindest die beiden Jüngeren tauchten sofort auf und waren, anders als Zahra, auch schon für den Ritt nach Granada und für die sonntägliche Messe passend gekleidet. Jaime nickte ihnen mit knurriger Miene zu. »Geht schon mal raus zu Raschid und den anderen, und schaut, ob unsere Pferde bereit sind. Ich komme sofort nach –
mit
eurer Mutter. Und seht zu, dass Abdu ebenfalls fertig ist, damit wir endlich loskommen!«
    Chalida und Yayah befolgten eiligst, was ihr Vater ihnen aufgetragen hatte. Als Jaime sich wieder umdrehte, verhakte Zahra ihre Finger in das Mashrabiya-Gitter, als wolle sie andeuten, dass Jaime sie schon mitsamt dem Gitter wegtragen müsse.
    »Ich dachte eigentlich, ich hätte mich deutlich genug ausgedrückt«, stöhnte Jaime.
    »Und ich denke, es reicht, dass du schon mit Mohammed getan hast, was du willst«, erwiderte Zahra leise, zum Fenstergitter gewandt. »Immerhin hast du jetzt einen weiteren getauften Sohn, einen Christen mehr für deine wundervolle Kirche. Was willst du noch?«
    Ihre Worte hatten spitz und auch ein bisschen wütend klingen sollen, aber sie klangen nur müde und matt, unendlich matt. Mit Tränen in den Augen ließ Zahra den Kopf gegen das Gitter sinken. Noch nicht einmal meine Stimme hat mehr Biss, dachte sie. Von Tag zu Tag fühlte sie sich schlechter, und allmählich war sie tatsächlich zu schwach, um bis nach Granada reiten zu können, aber da Jaime und Raschid in den letzten Tagen mehrmals Fremde rund um die Farm beobachtet hatten und jemand im Nachbarort intensiv Erkundigungen über sie eingezogen hatte, befürchtete Jaime, dass sie ins Visier der Familiares geraten waren, und hatte ihnen am Abend erklärt, dass er heute keine Ausrede gelten lasse: Sowohl sie als auch Abdarrahman würden mit in die Kirche kommen, und wenn er sie eigenhändig hinschleifen musste. Abdarrahman hatte mit keinem Lidzucken verraten, ob er seine Worte auch nur gehört hatte. Zahra hatte zumindest durch ein Nicken bekundet, dass sie ihn verstanden hatte – aber nicht, ob sie vorhatte, darauf so zu reagieren, wie Jaime es verlangte.
    »Ich nehme an, deine Kirche wird auch ohne mich voll genug werden«, presste Zahra hervor und klammerte die Finger noch fester in das Gitter, weil ihr plötzlich jämmerlich schwindlig wurde.
    »Du weißt sehr gut, dass es einzig und allein darum geht, dass der Priester wenigstens heute einmal deinen und Abdus Namen

Weitere Kostenlose Bücher