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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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Rückzug. Erschwerend kam hinzu, dass sie mittlerweile von Raschid erfahren hatte, woher Jaimes Verletzungen am Unterarm und an der Schläfe rührten, was ihr ohnehin schon schlechtes Gewissen weiter belastete: Zwei Leibwächter, die nach dem Angriff auf Juan degradiert worden waren, hegten Rachepläne gegen den »Mauren« und versuchten ständig, ihn mit kleinen, aber feinen Spitzen aus der Reserve zu locken – wohl wissend, wie Talavera, und noch mehr Deza, reagieren würde, wenn er herausfände, dass er sich in Schlägereien hineinziehen ließ. An dem besagten Tag hatten sie Zahra vor Jaime allerdings so schlechtgemacht, dass er schließlich doch zugeschlagen hatte – und von den beiden übel zugerichtet worden war.
    An Zahra nagte das Gefühl, Jaime unrecht zu tun, und doch konnte sie nicht nachgeben. Ihre Kinder waren Muslime und mussten Muslime bleiben – ganz gleich, wie sehr sie Jaime vermisste.
    Wie schon so oft in ihrem Leben war Tamu die Einzige, die ihr Halt geben konnte, Halt, den sie dringend benötigte, denn von Tag zu Tag wuchs die Angst, sich zu verlieren.
    »Er wird wiederkommen«, machte Tamu ihr Mut. »Mein Gott, er liebt Euch doch nicht weniger als Ihr ihn, oder warum sonst hat er sich mit diesen Burschen geprügelt? Doch bedenkt, dass er auch stolz ist! Er wird ihm nicht leichtfallen zu akzeptieren, dass Ihr die Kinder in Eurem statt in seinem Glauben erziehen lassen wollt!«
    Auch in der folgenden Woche hörte Zahra nichts von Jaime, so dass ihre Hoffnung immer weiter sank. Auch ein Brief der Schwester ihres Vaters drückte ihr aufs Gemüt. Sie lebte in Fez, und vor drei Wochen war ihr Mann nach schwerer und langer Krankheit für immer von ihr gegangen. Da sie keine Kinder hatte, schlug sie vor, Mahdi zu sich zu nehmen, um ihn später als Erben einzusetzen. Auch Zainab bot sie an mitzukommen, was diese jedoch sogleich ablehnte, während Mahdi Feuer und Flamme war und schon drei Tage später abreiste – womit Zahra noch ein Mensch, den sie liebte, entrissen worden war.
     
    In jenen Tagen, in denen Zahra während zahlloser Stunden nach Jaime Ausschau hielt, fiel ihr auf, dass eigenartig oft zwei Christen vor ihrem Haus passierten und jeden beobachteten, der bei ihnen ein- oder ausging. Sofort veranlasste sie, dass Chalida fortan ständig von Wachen umgeben war. Am folgenden Abend brachte Raschid allerdings derart erschütternde Nachrichten mit nach Hause, dass diese jeden anderen Gedanken in ihr begruben – jeden, bis auf den einen, wie sehr sie Jaime gerade in diesem Moment gebraucht hätte. Fassungslos hörte sie ihrem Bruder zu, hielt dabei ihre immer heftiger schluchzende Schwägerin in den Armen und hatte am Ende das Gefühl, nichts von dem, was Raschid berichtet hatte, verstanden zu haben – weil das, was sie verstand, einfach nicht wahr sein
durfte.
    »Das … das können …« Sie rang nach Luft. »Das können die Christen doch nicht machen!«
    Hilflos hob Raschid die Arme und kniete sich vor Zahra, um ihr Deborah abzunehmen, die auf Zahras Schoß lag und immer weiter weinte, doch sie klammerte sich so sehr an ihre Schwägerin, dass er von seinem Vorhaben abließ. Er sank ihnen gegenüber auf den Diwan, den sie erst vor wenigen Tagen erstanden und in den Wohnraum gestellt hatten.
    »Können oder nicht«, stöhnte er, »die Christen tun es, und die Juden haben nur vier Monate Zeit, sich zu entscheiden: Wer sich bis dahin nicht hat taufen lassen und fortan auch als gläubiger Christ lebt, muss seinen Besitz hier aufgeben und das Land verlassen.«
    »Und … und was geschieht mit denen, die sich weigern?«, fragte Zahra fassungslos.
    Raschid blickte beredt zu Deborah, deren Gesicht weiter in Zahras Halsbeuge lag, und fuhr sich mit dem Daumennagel über den Hals, als wolle er ihn durchschneiden. Zahra erbleichte. Nur mühsam und nicht zuletzt um Deborahs willen gelang es ihr, Ruhe zu bewahren. Ihre Stimme fand sie allerdings erst nach mehrmaligem Räuspern wieder. »Aber … aber ich verstehe das alles nicht. Die Juden haben den Christen mit ihrem Geld doch erst zu dem Sieg über die Mauren verholfen! Abraham Seneor und Isaac Abravanel sind die großen Geldgeber der Christen gewesen. Wie können sie sie des Landes verweisen?«
    »Du kannst dir deren Antwort sicher denken: Niemand hindert sie daran, die Taufe anzunehmen und ihr Judensein hinter sich zu lassen.«
    »Um dafür dann von ihrem Gott mit ewiger Verdammnis bestraft zu werden?« Zahra schüttelte den Kopf. »Die Juden

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