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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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Erzbischof war aufgestanden und hob die Hände, wie um den göttlichen Segen für sein Vorhaben zu empfangen.
    »Diese Angelegenheit liegt mir sehr am Herzen, und zugleich ist sie höchst politisch. Es ist meine tiefste Überzeugung, dass es gilt, jede ketzerische Handlung, bevor sie ihr teuflisches Gift in die Seelen der Menschen träufeln kann, radikal und unbarmherzig zu verfolgen und zu unterbinden. Um alle Möglichkeiten auszuschließen, dass sich diese Medica irgendwie herausreden kann, werde ich jeden Zeugen, jede Aussage und jeden Beweis brauchen. In diesem besonderen Fall darf uns nicht der geringste Fehler unterlaufen. Wollt Ihr mir dabei behilflich sein, die Hexe dahin zurückzuschicken, wohin sie gehört? Nämlich in die Hölle?!«
    Konrad von Hochstaden hatte sich wie bei einer Predigt in Rage geredet, und das Feuer des heiligen Furors loderte aus seinen Augen.
    Beeindruckt sank der Burgkaplan auf ein Knie nieder und küsste den dargebotenen Ring des Erzbischofs: »Mit meiner ganzen Kraft, so wahr mir Gott helfe, Eure Eminenz.«
    Er sah dem Erzbischof ins Gesicht. »Wenn ich fragen darf, Eminenz – wie wollt Ihr gegen sie vorgehen?«
    »Ich werde sie anklagen. Wegen Häresie .«
    Der Burgkaplan erhob sich. Ein Gefühl der Genugtuung stieg in ihm auf. »Auf erwiesene Häresie steht der Scheiterhaufen!«
    »Das ist richtig«, antwortete der Erzbischof, nun wieder die Ruhe selbst. Um dann hinzuzufügen: »Ihr habt doch genügend Holz in Euren gräflichen Wäldern?« Dabei verzog er sein Gesicht nicht im Geringsten.
    Aber der Burgkaplan konnte sich ein verräterisches Zucken um die Mundwinkel nicht ganz verkneifen. »Oh ganz gewiss, Eure Eminenz, ganz gewiss.«
    * * *
    Bruder Thomas hatte sich nicht zum ersten Mal über Annas Verhalten gewundert, als er sie auf dem Turnierplatz aus den Augen verlor. Er hatte es schließlich aufgegeben, sie zu suchen. Sie verschwieg ihm etwas. Ihr teilweise merkwürdiges Gebaren, ihre Geistesabwesenheit, ihre überraschende und ungewohnte Überreaktion auf den Schauturnierkampf – das war nicht die selbstbeherrschte, ruhige Medica, die er kannte.
    Er beschloss, diese Angelegenheit erst einmal beiseitezuschieben und sich stattdessen ordentlich zu vergnügen. Es gibt eine Zeit des Fastens, dachte er, und eine Zeit des Feierns, so hat Gott der Herr es eingerichtet, und wer war er, dass er Gottes Willen in Frage stellte und gegen den Strom schwamm? Gefastet hatte er – wenn auch unfreiwillig – seit seinem Rausschmiss aus dem Kloster Weingarten lange genug, bis es ihn hierher nach Oppenheim verschlagen hatte. Er fand es an der Zeit, die Phase der Selbstkasteiung und Askese, die er sich durch sein unbotmäßiges Querulantentum redlich eingebrockt hatte, für beendet zu erklären und ein neues Kapitel aufzuschlagen. Ganz im Einklang mit Gottes weisem Ratschluss hatte er sich von der fröhlichen Stimmung der Menge mitreißen lassen und wie alle anderen Menschen getrunken, gesungen und getanzt, bis er nicht mehr konnte.
    Als die Dunkelheit hereinbrach, hatte er sich an ein Lagerfeuer zu lustig aufgelegten Spielleuten gesetzt und ordentlich dem süffigen Bier zugesprochen, das fleißig ausgeschenkt wurde. So lange, bis er genug hatte und sich an den Waldrand zurückzog, wo er sich ins Gras sinken ließ und einfach umkippte.
    Da lag er nun auf dem Rücken und blickte in den Sternenhimmel, von dem es hieß, dass dort so viele Himmelskörper blinkten und strahlten, wie es Wassertropfen im Meer gab. Oder Sandkörnchen in der Wüste. Über diesen Vergleich dachte er lange nach. Die Nacht war lau, die Grillen zirpten, kein Windhauch war zu spüren, und Bruder Thomas fing an, die Sterne zu zählen. Als er zum dritten Mal von vorne beginnen musste, weil er sich immer wieder vertan hatte, brachte ihn ein letzter Rest von Sorge um Anna schließlich doch noch dazu, sich aufzurappeln und nach Hause zu torkeln.
    * * *
    Anna war nach der Begegnung mit Chassim so aufgewühlt, dass sie auf schnellstem Weg nach Hause ging und in der Küche sofort anfing, Wasser im großen Kessel über der Herdstelle heiß zu machen. Sie war allein im Haus, Berbelin war auch auf dem Turnierplatz unterwegs, und so konnte sich Anna in aller Ruhe Badewasser im großen Becken in der Badestube zubereiten und, im warmen Wasser liegend, darüber nachdenken, in was für eine Lage sie sich hineinmanövriert hatte. Einerseits wusste sie jetzt, dass Chassim ihre Gefühle erwiderte. Zwar war das mehr, als sie sich in ihren

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