Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)
bei Euch, keine Sorge.«
Er zog ihre Hand an seine Lippen und küsste ihre Finger. »Danke, dass du da bist. Dann geht es mir gleich besser.« Er legte seine Stirn in Falten und hob den Kopf, um an sich herabzusehen. Anna drückte ihn behutsam wieder auf die Liege zurück.
»Ist mein Bein wirklich noch da? Ich habe kein Gefühl mehr«, sagte er stöhnend.
»Macht Euch keine Sorgen, es ist alles in Ordnung, Junker Chassim«, antwortete Bruder Thomas, bevor Anna antworten konnte. »Ist Euch schlecht?«
»Ja«, antwortete Chassim und fing an zu würgen.
Bruder Thomas schob die widerstrebende Anna hinaus. »Ich mache das schon. Geht lieber zum Grafen und regelt das mit der Unterbringung.«
Anna sah schließlich ein, dass er recht hatte, und während Bruder Thomas eilends einen Eimer besorgte, machte sie sich auf den Weg zur Burg Landskron.
XIII
A ls Anna über den Turnierplatz ging, war dort schon der Abbau der Tribüne im Gange. Als sie die Mitte des Platzes erreicht hatte, kam ihr Gräfin Ottgild von Landskron bereits entgegen, ein Diener begleitete sie. Als sie Anna sah, raffte sie ihr langes Kleid und eilte auf sie zu. »Anna«, rief sie schon von weitem. »Anna – wie geht es ihm? Habt Ihr sein Bein retten können?« Die Gräfin klang aufgewühlt.
»Vorläufig ja«, antwortete Anna.
»Was heißt vorläufig?«
»Es hängt alles davon ab, ob die Wunde heilt. Wir haben sein gebrochenes Bein wieder eingerichtet, die Wunde, so gut es ging, versorgt und ihm Beinschienen angelegt. Alles Weitere liegt in Gottes Hand.«
»Kann ich zu ihm?«, fragte die Gräfin.
»Ja natürlich. Aber … wenn es Euch recht ist, ich müsste etwas mit Euch besprechen. Ich habe einen Vorschlag, wie man ihn besser behandeln könnte. Und dazu brauche ich Eure Billigung.«
»Sprecht«, sagte die Gräfin.
»Ich möchte Euren Bruder in mein Haus bringen lassen. Dort kann ihm die bestmögliche Pflege zuteil werden.«
»Wenn er einverstanden ist …«, sagte die Gräfin achselzuckend. »Ich werde ihn Euch anempfehlen.«
»Ich danke Euch. Dann werde ich nun den Grafen benachrichtigen.«
»Das kann mein Diener machen. Rufus?«
Die Gräfin winkte ihren Diener heran und gab ihm einen Befehl.
Der Mann verbeugte sich kurz, um dann zur Burg zurückzukehren.
Zusammen gingen Anna und Gräfin Ottgild zu Chassims Zelt zurück. Dort angelangt, eilte die Gräfin sogleich an Chassims Liege. »Bruderherz? Wie geht es dir?«, fragte sie zaghaft.
»Schwester! Wie gut, dich zu sehen.« Mühsam richtete sich Chassim auf.
»Hat Euch Bruder Thomas schon von unserem Vorhaben erzählt, Hoheit?«, fragte Anna.
»Ja. Mein Umzug ins geheimnisvolle Haus der Medica! Ich freue mich schon darauf. Dann kann ich endlich am eigenen Leib erfahren, was Ihr für Zauberkünste anwendet. Das erzählen sich die Leute nämlich von Euch. Dass Ihr eine Zauberin seid.« Chassim versuchte ein Lächeln.
Anna war für einen kurzen Moment irritiert.
»Die Leute zerreißen sich das Maul über viele Dinge, von denen sie nichts verstehen! Verzeiht, Hoheit«, warf Bruder Thomas, mit einem entschuldigenden Seitenblick auf Ottgild, ein.
Anna gab Bruder Thomas ein Zeichen. Er schlug die Eingangsplane beiseite und hielt sie für Anna auf. Die beiden gingen nach draußen und ließen die Geschwister für einen Augenblick allein.
Anna sagte: »Ihr reitet mit den Pferdeknechten zurück und nehmt mein Pferd mit. Ihr holt das Fuhrwerk, und wir bringen Chassim noch heute zu uns. Berbelin soll schon alles vorbereiten.«
Bruder Thomas nickte nur und verschwand.
Anna bereitete noch rasch einen Trank aus Schlafmohn für ihren Patienten und ging damit zurück ins Zelt. Gräfin Ottgild saß noch immer auf einem Hocker neben der Liege und hielt die Hand ihres Bruders. Die beiden blickten zu Anna hoch.
»Ist sie nicht ein Engel?«, sagte Chassim unvermittelt zu seiner Schwester, und dieser Ausruf kam für Anna so überraschend, dass ihr das Blut ins Gesicht schoss.
»Ja, das ist sie«, antwortete Ottgild.
Bevor Anna ihre Verlegenheit überwinden und etwas sagen konnte, ergriff Chassim wieder das Wort. »Was hat es nun mit Euren Zauberkünsten auf sich, Anna? Die Leute erzählen so manches, von Wunderheilungen durch Handauflegen bei einem ertrunkenen Mädchen zum Beispiel.«
»Die Leute reden Unsinn. Dass das Mädchen noch lebte, war nicht mein Verdienst. Es war allein Gottes Wille.«
Chassim verzog das Gesicht, weil er offenbar wieder eine Schmerzattacke hatte.
»Trinkt das«,
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