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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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und ich sage Euch: Nur eine sofortige Amputation, also eine Abtrennung des verletzten Gliedes, hätte Junker Chassim retten können. Ich will gerade tun, was in einem solchen Fall getan werden muss, da kommt diese … diese …« Er wies in seiner deutlich sichtbaren Erregung mit dem Finger auf Anna.
    Abt Sixtus half ihm. »Scheut Euch nicht, die zutreffende Bezeichnung zu nennen, Feldscher: Hexe!«
    »Ja, diese Hexe kommt, verbietet mir die Amputation und wirft mich aus dem Zelt. Normalerweise wäre der Ritter – und dafür lege ich meine Hand ins Feuer! – spätestens binnen zwei Wochen an Wundbrand zugrunde gegangen, aber nein: Er hat überlebt. Und warum? Weil diese Hexe mit dem Teufel im Bunde steht und ihn mit dessen Hilfe geheilt hat!«
    »Nein, das ist nicht wahr! Das ist eine Lüge!«, erscholl eine Stentorstimme aus dem Hintergrund. Ein Raunen ging durch die Zuschauermenge. Es war Chassim, der sich bisher mit seiner Schwester im Halbdunkel neben dem Treppenaufgang aufgehalten hatte und sich nun mit seinem eingegipsten Bein und der Krücke durch die Menschen nach vorne kämpfte. Als die Leute ihn erkannten, machten sie ihm bereitwillig Platz.
    Der Erzbischof lehnte sich mit zufriedener Miene zurück. »Ihr kommt gerade zur rechten Zeit, Junker Chassim. Ich wollte Euch eben aufrufen lassen.«
    Chassim nickte Anna beruhigend zu, sie schaffte es, ein angedeutetes Lächeln zurückzuschicken. Chassim wandte sich an das Tribunal und zeigte mit seiner Krücke auf den Erzbischof. »Ich fechte die Zuständigkeit dieses Gerichts an, Eure Eminenz. Ich fordere Euch auf, einen königlichen oder einen päpstlichen Gesandten hinzuzuziehen, der für die Einhaltung gewisser Regeln und eine gerechte Verteidigung garantiert! Ich dachte immer, ein Urteil steht am Ende eines Prozesses und nicht am Anfang!«
    Wieder ging ein Raunen durch die Menge.
    Der Erzbischof nickte seinem Neffen Gero zu, der seinen Leuten ein Zeichen gab, worauf die zahlreichen Bewaffneten ihre Schwerter zogen und drohend Haltung annahmen. Sofort kehrte Ruhe ein.
    Der Erzbischof hob die Hand und sagte: »Es steht Euch nicht zu, die Zuständigkeit dieses hohen Gerichts in Frage zu stellen, Junker Chassim. Im Übrigen – leider Gottes haben wir zurzeit keinen richtigen und von allen Seiten anerkannten König und auch keinen Papst, und so bin ich in Vertretung des päpstlichen Offiziums die höchste Instanz. Aber bitte – sagt, was Ihr zu sagen habt. Doch ich warne Euch: Ihr grabt Euch und dieser Hexe ein Grab!«
    Chassim zeigte sich von den Worten des Erzbischofs unbeeindruckt, kehrte dem Richtertisch demonstrativ den Rücken zu und wandte sich an die Zuschauer.
    »Ihr guten Leute seht mich hier stehen, obwohl ich noch vor ein paar Wochen dem Tod näher war als dem Leben. Es ist wahr: Ich verdanke mein Leben der Medica. Wie so viele hier in diesem Saal. Meine Schwester …« Er zeigte auf Ottgild, die einen Schritt nach vorne aus dem Halbschatten machte und stolz den Kopf reckte, alle sahen sich nach ihr um. »… und mein kleiner Neffe und viele andere mehr. Ja: Anna Ahrweiler, die mich aufopferungsvoll gesund gepflegt und mir durch ihre Heilmethoden mein Bein erhalten hat, ist schuldig! Schuldig, ihre Pflicht als Heilerin getan zu haben und viel mehr als das. Schuldig, mich und viele andere mit Methoden behandelt zu haben, die nichts mit Zauberei oder Hexenkunst zu tun haben, sondern nur mit ihrem Wissen, ihrem Geschick und mit ihrer Hingabe an jeden Einzelnen von uns, der von Krankheit oder einem Unfall betroffen war. Wir alle hier können Gott dankbar sein, dass sie mit seiner Hilfe die Heilkunst verbessert hat und sich selbstlos um alle kümmert, die der Heilung bedürfen. Deshalb kann es nur ein Urteil für sie geben: Freispruch!«
    »Seid Ihr fertig?«, fragte der Erzbischof sichtlich gelangweilt.
    Chassim drehte sich zu ihm um und sah ihm direkt ins Gesicht. »Bei allem Respekt, Eure Eminenz – ich sage Euch: Stellt dieses Verfahren ein. Jetzt. Auf der Stelle!«
    Der Erzbischof gab sich unverändert souverän. »Ihr habt Mut, Junker Chassim, das will ich Euch nicht in Abrede stellen«, sagte er. »Aber ich bitte Euch, noch einen Augenblick bei der Angeklagten stehen zu bleiben. Was jetzt als Beweis vorgelegt wird, betrifft Euch und die Angeklagte gemeinsam.«
    Er lächelte und hob seine beringte Hand. Auf dieses Zeichen hin verschwand sein Neffe Gero nach draußen.
    Alles wartete gespannt, was nun folgen würde, auch Anna und Chassim, die

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