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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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denke, jetzt haben wir uns genug Honig um den Bart geschmiert. Wir müssen nun den Tatsachen ins Auge sehen. Du wirst leider weiterhin außerhalb des Hauses als meine Verwandte, die plötzlich hier aufgetaucht ist, auftreten müssen, sonst werden sich die Leute die Mäuler zerreißen. Am besten, wir denken uns gleich eine glaubwürdige Herkunftsgeschichte für dich aus.«
    Er merkte Anna an, dass ihr diese Vorstellung nicht gerade zu schmecken schien. Jetzt, wo sie offensichtlich so erleichtert war, nicht länger eine Rolle spielen zu müssen. Aber dann nahm sie es achselzuckend hin.
    »Ich werde dich als meine Nichte ausgeben. Du kommst von weit her, dann kommt keiner auf die Idee, neugierig zu werden und falsche Fragen zu stellen. Wie wär’s mit Nürnberg? Anna aus Nürnberg – das klingt doch gut.«
    »Nürnberg – warum nicht«, erwiderte Anna lustlos.
    Aaron überging die ungnädige Zustimmung des Mädchens, indem er einfach den Faden wieder aufnahm, jetzt kam der versierte Lehrmeister in ihm zum Vorschein. »Gut, dann wäre auch das geklärt. Wann immer wir die Zeit haben, werde ich dich lehren, was ich weiß und was ich mir in jahrelanger Arbeit beigebracht habe. Ich gehe davon aus, dass dein Wissen, worin sie dich im Kloster unterwiesen haben, auf der Lehre von den vier Körpersäften beruht. Was weißt du darüber?«
    Anna fing mit großem Elan an aufzuzählen: »Im menschlichen Körper fließen vier Flüssigkeiten: Blut, Schleim, gelbe Galle und schwarze Galle. Das Gleichgewicht dieser Säfte reguliert den menschlichen Körper. Ist dieses Gleichgewicht gestört und dominiert einer der Säfte, wird der Mensch krank. Dazu kommen noch äußerliche Einflüsse wie Wärme und Kälte, Feuchtigkeit und Trockenheit, der Einfluss der Sterne und ihrer Konstellationen, Temperament und Seelenzustand.«
    Sie wollte weiter fortfahren, aber Aaron hob Einhalt gebietend die Hand. »Halt, halt, das reicht.«
    Er war leicht belustigt über Annas heiligen Eifer, versuchte aber, sich das nicht anmerken zu lassen. »Sehr schön«, sagte er, »und jetzt vergisst du diese Lehre von den vier Körpersäften gleich wieder. Streiche sie ersatzlos aus deinem Gedächtnis. Denn sie ist grundfalsch und trägt nur dazu bei, den Zustand eines kranken Menschen zu verschlimmern, anstatt ihn zu verbessern.«
    Anna starrte ihn sprachlos vor Erstaunen an.
    »Deine Reaktion ist verständlich, ich habe sie erwartet«, sagte Aaron vergnügt. Ihm machte es zunehmend Spaß, seine neue Schülerin mit häretischen Theorien vor den Kopf zu stoßen. Endlich hatte er jemanden, der einigermaßen Sachverstand besaß und mit dem er sich auseinandersetzen konnte.
    Mit Feuereifer redete er weiter. »Ich weiß, diese Meinung ist ketzerisch und verstößt gegen den Kodex, der seit Jahrhunderten gilt und gelehrt wird. Aber weißt du was: Das macht mir nichts aus. Im Gegenteil. Es spornt mich an, es besser zu machen. Dazu müssen wir etwas Grundsätzliches klären. Ich habe nichts gegen die herkömmlichen Lehren, nur weil sie von der christlichen Kirche vertreten werden. Ich habe etwas dagegen, weil sie meiner Erfahrung als Medicus widersprechen und zum größten Teil schädlich sind. Die Klosterheilkunde, die sich mit der Heilkraft von Kräutern und Pflanzen befasst, hat viel Segensreiches und Richtiges. Aber mir will einfach nicht in den Kopf, dass es angebracht und von Nutzen sein soll, jemanden zur Ader zu lassen, obwohl er bereits körperlich geschwächt ist. Das ist nur ein Beispiel und ergibt in meinen Augen einfach keinen Sinn. Jede Krankheit hat ihre eigene Ursache und ihren eigenen Verlauf, von äußeren Wunden und Verletzungen oder von Brüchen will ich jetzt gar nicht sprechen. Aber wenn jemand über Leibschmerzen klagt, kann das hundert verschiedene Ursachen haben, von der simplen Verstopfung oder Völlerei über die monatlichen Beschwerden einer Frau bis zu einer inneren Blutung im Unterleib. Und da ist es einfach nicht erklärlich, dass man die immer gleiche Methode anwendet. Langweile ich dich?«, unterbrach er sich, obwohl er genau gesehen hatte, wie aufmerksam und konzentriert Anna ihm zugehört hatte.
    »Nein, im Gegenteil. Das, was Ihr sagt, leuchtet mir ein. Aber warum hat mein Infirmarius so etwas nie erzählt? Er war sicher ein guter Medicus und hat getan, was in seiner Macht stand. Und ich kenne keinen, der mehr über die Heilwirkung von Pflanzen weiß.«
    »Das will ich gar nicht in Zweifel ziehen«, meinte Aaron. »Ich will ihn auch

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