Das Geheimnis der Monduhr: Roman (German Edition)
Holly blätterte bis zum angegebenen Abschnitt, der nur ein paar Seiten umfasste und im Wesentlichen aus Darstellungen und Plänen der Gebäude und Außenanlagen bestand. In einem Lageplan der Ziergärten, die sich hinter dem Herrenhaus ausbreiteten, entdeckte Holly schließlich einen Hinweis auf die Monduhr. Sie hatte in der Mitte eines großen Steinkreises gestanden. Der Kreis war in vier Abschnitte unterteilt, mit einem kleineren Kreis in der Mitte, wahrscheinlich der Platz für die Monduhr. Von diesem Mittelstück gingen vier breite gepflasterte Wege aus, die offenbar durch Blumenbeete voneinander getrennt waren.
Das zweite Buch war ein blinder Versuch, von dem sich Holly kaum neue Erkenntnisse über die Monduhr versprach. Es ging darin um berühmte Ausgrabungen im 19. Jahrhundert, aber immerhin stand im Register ein gewisser Lord Hardmonton. Holly blätterte in dem Band und fand schließlich das Kapitel, nach dem sie gesucht hatte. Ungeduldig ging sie eine Seite nach der anderen durch. Charles Hardmonton war ein namhafter Forschungsreisender gewesen, der auf der ganzen Welt an Ausgrabungen beteiligt gewesen war, doch so interessant diese Ausführungen auch sein mochten, in der Sache der Monduhr brachte es sie nicht weiter. Hollys Enttäuschung wurde immer größer, und sie machte sich schon auf einen kompletten Fehlschlag gefasst. Gereizt überflog sie den letzten Abschnitt. Lord Hardmontons Laufbahn als Entdecker
hatte ein jähes Ende gefunden, als seine Geldgeber ihm nach einer Forschungsreise ins Landesinnere Mexikos ihre Gunst entzogen. Angeblich hatte er dort den Tempel der Coyolxauhqui, einer aztekischen Mondgöttin, gesucht.
Holly starrte gebannt auf den Namen. Gab es hier eine Verbindung zur Monduhr? Sie blätterte noch einmal zurück, ob sie vielleicht irgendwelche anderen Hinweise übersehen hatte, konnte aber nichts Neues entdecken.
Obwohl Holly sich im Allgemeinen nicht so leicht geschlagen gab, war ihr klar, dass sie in eine Sackgasse geraten war. Sie klappte das Buch so heftig zu, dass der ganze Tisch wackelte, und schob hastig den Stuhl zurück, der über den Steinboden scharrte.
»Schsch!«, zischte der Mann am Nachbartisch, derselbe, der sich schon vorher geräuspert hatte. Holly warf ihm einen finsteren Blick zu.
»Selber schsch!«, fauchte sie zurück, als sie an seinem Tisch vorbeiging. »Hätte ich mal lieber zu Hause gegoogelt. Da wäre wenigstens die Gesellschaft netter gewesen.«
Holly stutzte bei ihren eigenen Worten und machte eine Kehrtwendung. Der Nervensäge am Nachbartisch schenkte sie keine Beachtung, setzte sich wieder und schlug noch einmal das Buch auf. Im Register suchte sie den Namen der aztekischen Göttin und notierte ihn auf einen Zettel. Den Begriff bei Google eingeben, das war die Lösung!
Erst als Holly wieder in der warmen Maisonne stand, fiel die Spannung von ihr ab, und sie ließ den Erfolg dieses Tages Revue passieren. Zu Hause wartete eine Menge Arbeit auf sie, die sie von dummen Gedanken abhalten würde, und sie wollte nur noch zurück in ihr Dorf. In der
Eingangshalle des Bahnhofs kam sie an einem Schaufenster voller Teddybären vorbei, wobei ihr Sams giftige Bemerkung über die mütterlichen Gefühle, die ihr abgingen, wieder einfiel. Sam hatte, ohne es zu wollen, den letzten Anstoß gegeben. Ohne mit der Wimper zu zucken, betrat sie den Laden und kaufte ihrer ungeborenen Tochter den schrillsten rosa Teddybären, den sie finden konnte.
Holly hatte seit dem Morgen noch nichts gegessen, und ihr Magen knurrte, als sie am späten Nachmittag wieder in Fincross eintraf. Sie beschloss, einen Umweg zu machen und unangemeldet in Jocelyns Teestube aufzukreuzen. Sie könnte damit das Versprechen halten, das sie der alten Dame gegeben hatte, und außerdem ihren heutigen Erfolg feiern, was allein irgendwie schlecht ging.
Die Teestube empfing ihre Kundschaft bilderbuchmäßig mit karierten Baumwollgardinen und Spitzendeckchen auf den Tischen, mit dem Duft nach frischgebackenem Kuchen, nach dampfendem Tee und Kaffee. Es war voller, als Holly erwartet hatte, aber sie konnte einen Platz an einem Tisch ergattern, den ein Pärchen gerade freigemacht hatte.
»Was für eine reizende Überraschung«, sprudelte Jocelyn, die hinter der Theke hervorwuselte und Holly ungestüm umarmte. »Möchten Sie was essen? Was darf ich Ihnen bringen?«
»Ich komme um vor Hunger«, gestand Holly. »Was gibt es denn?«
»Oh, ich empfehle Ihnen Tee mit Kuchen. Ich habe gerade eine Ladung
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