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Das Geheimnis der Perle

Das Geheimnis der Perle

Titel: Das Geheimnis der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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du wütend wirst, vergisst du vielleicht deine Angst.“
    „Beim ersten Mal hat das auch nicht funktioniert.“
    Verwirrt sah er sie an. „Beim ersten Mal?“
    „Ja, als ich zum ersten Mal geflogen bin. Da war ich auch wütend.“ Sie stieß die Luft aus. „Ich hatte solche Angst, dass ich mir in die Hose gemacht habe.“
    „Das willst du jetzt aber nicht wiederholen, oder?“
    „Nein.“
    Erneut küsste er ihre Hand. „Was hat dich denn so aufgebracht?“
    „Dass ich zu klein war, um mich wehren zu können.“ Mit knappen Sätzen erklärte sie ihm, was damals geschehen war, und Cullen wünschte sich, Thomas Robeson würde noch leben. Dann könnte er ihm eigenhändig den Hals umdrehen. „Das hast du mir nie erzählt.“
    „Ich wollte nicht daran erinnert werden.“
    Er konnte es ihr nicht verdenken. Er hatte selbst viel zu lange versucht, seine trostlose Kindheit zu vergessen. Und dann all das, was danach passiert war.
    „Warum war er so ein Mistkerl?“, fragte er. „Weißt du etwas darüber?“
    Sie klang gehetzt, aber das Reden schien ihr zu helfen. „Als Thomas vier war, wurde er von seiner Mutter fortgeschickt und musste das einzige Zuhause verlassen, das er je gekannt hatte. Das Schiff, auf dem er fuhr, schaffte es kaum bis in den Hafen von San Francisco, weil es an diesem Morgen ein Erdbeben gegeben hatte. Niemand kam natürlich zum Hafen, um ihn abzuholen, weil die Stadt in Flammen stand. Die Frau, die ihn begleitete, verschwand einfach. Tage später hat ein Feuerwehrmann ihn in einem heruntergebrannten Haus gefunden. Niemand weiß genau, was er in der Zwischenzeit durchgemacht hat. Und ich bezweifele, dass er sich daran erinnerte.“
    „Es war sicher furchtbar, aber das entschuldigt nicht, was er dir angetan hat.“
    „Jahrelang habe ich mir eingeredet, dass man ihm nicht die Schuld daran geben kann, wie er geworden ist. Er hatte schreckliche Wochen hinter sich, ehe seine Großeltern ihn endlich ausfindig gemacht hatten. Für ihn wäre es wohl besser gewesen, sie hätten ihn nicht gefunden. Sie waren alt und verbohrt und schämten sich vermutlich seiner Herkunft. Aber all das ist nicht mein Fehler. Man kann sich schließlich auch anders entscheiden, oder nicht? Archer hätte meinen Großvater nicht töten müssen. Tante Mei hätte bei Bryce bleiben können. Und Thomas Robeson hätte seine Tochter lieben können.“
    Cullen legte ihre Hand an seine Wange. „Es war schlimm für dich, nicht wahr?“
    „Nun, ich habe schnell gelernt, Thomas das wenige zu geben, ohne mich davon berühren zu lassen.“ Bitter lachte sie auf. „Aber ich glaube, es hat nicht funktioniert. Denn als ich eines Tages aufwachte, hatte ich plötzlich vor allem panische Angst. Nachdem ich dich verlassen hatte, ist es noch schlimmer geworden, weil ich wieder bei ihm unterkriechen musste und ihn jeden Tag gesehen habe. Als Thomas starb, hat er mir die Perle und eine ganze Schiffsladung an Unsicherheiten hinterlassen.“
    „Aber er hat dich nicht besiegt! Wir sitzen im Flugzeug. Du hast den Tiger beim Schwanz gepackt.“
    „Aber ich komme um vor Angst!“
    In diesem Moment wurde angezeigt, die Sicherheitsgurte anzulegen. Cullen wusste, dass sie bald landen würden. „Es ist fast vorbei. Wenn wir Matthew finden, nehmen wir uns für den Rückweg einen Wagen. Du musst das nicht noch einmal durchstehen.“
    „Wenn wir ihn nicht finden, werde ich überall hinfliegen, bis wir ihn gefunden haben.“ Sie öffnete die Augen. Cullenwusste nicht, was stärker war: ihre Angst oder die Entschlossenheit. „Ich lasse nicht zu, dass mich das hier zerstört.“
    Er ließ ihre Hand nicht los, sondern hob sie wieder an seine Lippen.
    Als sie endlich ihren Mietwagen abgeholt und Essen für die Fahrt gekauft hatten, ging die Sonne schon unter. Obwohl Liana sich körperlich völlig ausgelaugt fühlte, wusste sie, dass sie auf dem Weg der Besserung war. Sie würde nie gerne in ein Flugzeug einsteigen. Aber beim nächsten Mal würde ihre Angst vielleicht nicht mehr so groß sein.
    Auch wenn sie es nur sehr ungern zugab, hatte sie das Cullen zu verdanken. Er hatte ihr in jeder Hinsicht geholfen. Aus Mitleid? Verständnis? Nein, sie hatte etwas anderes bei ihm gespürt. Ein tiefes Mitgefühl, als würde er genau nachempfinden können, wie sehr sie gelitten hatte.
    Und das konnte er tatsächlich, weil er selbst gelitten hatte, das wurde ihr jetzt bewusst. Als sie Cullen verlassen hatte, stand er vor dem Nichts, in dem Bewusstsein, dass er auf der

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