Das Geheimnis der Pflanzenwelt
dir?“, sprach Tom seine Freundin voller Sorge an.
Doch sie reagierte nicht auf seine Worte. Dann versuchte der Junge, den Kopf Hesters ein wenig anzuheben. Er spürte etwas Warmes, Flüssiges an seinen Fingern. Darum ließ er ihren Kopf wieder sinken und als er seine Hand darunter hervor zog, musste er voller Schrecken sehen, dass seine Finger ganz blutverschmiert waren.
„ Lewis!“, schrie er erschrocken auf.
„ Schnell, renne zu den Häusern da drüben rüber. Die Leute dort sollen den Medo-Notdienst rufen. Die sollen so schnell wie möglich kommen. Hester geht es sehr schlecht!“
In seiner Aufregung hatte er ganz vergessen, dass sie den Notdienst ja auch über ihre Kiddie-Coms hätten rufen können. Die Geräte steckten ja zwischen ihren Sachen. Doch auch Lewis dachte nicht daran und rannte wie vom Bogen geschnellt davon, um Hilfe herbei zu holen.
Tom hielt derweil die Hand seiner verletzten Freundin. Tränen füllten seine Augen aus.
„ Du darfst nicht sterben, Hester!“, flüsterte er leise schluchzend.
„ Hörst du? Wenn du nicht stirbst, verspreche ich dir, dass ich, wenn ich groß bin, dafür sorgen werde, dass solche bösen Jungen eingesperrt werden. Nur bitte, stirb nicht ...“
'Sterben ...sterben ...sterben ...sterben ...“
Diese Worte hämmerten durch sein Bewusstsein und Tom registrierte, dass er plötzlich wieder ein erwachsener Mann zu sein schien. Im kam die Sadir-Katastrophe in den Sinn, die Gen- Veränderung, die jene Strahlenschauer der explodierenden Sonne in ihm, seiner Crew und einer terranischen Familie, die auch an Bord war, ausgelöst hatte.
Hester konnte damals gerettet werden. Und doch … sie würde sterben, viel früher sterben, als er, denn seine Lebensspanne hatte sich in nicht vorhersehbarer Weise verlängert. Alle, die er kannte würden sterben, während er weiterlebte … ausgestoßen aus der Gemeinschaft ... angefeindet ... beneidet ... einsam ...
Langsam verblassten die Jugenderinnerungen. Die Farben verschwammen und machten nach und nach einer tiefen Dunkelheit Platz.
***
Endlich Urlaub!
Endlich würde sie ihre Eltern wiedersehen. Wie viele Jahre war sie auf einer langen Mission gewesen? Zwei , drei , vier ? Jedenfalls schien ihr dieser Zeitraum unendlich lang angedauert zu haben.
Karin freute sich wie ein kleines Schulmädchen auf den Moment ihrer Heimkehr ins elterliche Haus, auf ihre Mutter, ihren Vater.
Ihre letzte Mission hatte sie viele Jahre lang fern von der Erde fort geführt. Doch jetzt, am 23. Juli 2285, führte sie ihr Weg endlich wieder ins heimische Stuttgart. Ungeduldig studierte sie die Streckenanzeige des TTS-Schnellzuges, der sie direkt von CENTERRA SPACE TERMINAL nach Stuttgart gebracht hatte. Noch eine Station bis zum Hauptbahnhof. Und dann war es endlich soweit. Freudige Erregung packte die junge Frau, als eine freundliche Stimme den nächsten Haltepunkt aufrief. Sie konnte kaum erwarten, dass sich die Gleittüren vor ihr öffneten. Sie stürmte förmlich aus der Röhrenbahn auf den Bahnsteig hinaus, schaute sich suchend um ...und ließ dann nach wenigen Minuten enttäuscht ihre Schultern hängen.
Niemand war erschienen, um sie vom Bahnhof abzuholen, obwohl sie vor Wochen noch mit ihrem Vater gesprochen hatte. Doch nirgendwo war der silberne Schopf und der eisgraue Vollbart Henryk-Silvan Schröders zu sehen. Und auch von ihrer Mutter Marianne, mit dem immer lächelnden Gesicht und den gütigen, sanften Händen fehlte jede Spur. Voller Sorge zog Karin ihre Stirn kraus. Ihre Eltern waren zwar schon über 90 Jahre alt, aber für Menschen des ausgehenden 23. Jahrhunderts bedeutete dies kein Alter. Karin Schröder aktivierte ihr Com-Armband und versuchte, zu Hause anzurufen. Doch eine in Augenhöhe projizierte Holoschrift teilte ihr mit, dass die gewünschte Nummer momentan nicht erreichbar wäre. Langsam bekam sie es mit der Angst zu tun. Schnell verließ sie den Bahnhof und nahm sich ein Express-Schwebetaxi, um sich zum Haus ihrer Eltern bringen zu lassen. Wieder klopfte ihr Herz, als sie das Fahrzeug verließ. Diesmal jedoch aus Angst um ihre Eltern.
Das Haus lag still da und wirkte verlassen. Als die Siebzigjährige vor der Tür stand, musste sie feststellen, dass die Türautomatik deaktiviert worden war. Andernfalls hätte sie der Hauscomputer bereits erkannt und ihre Ankunft nach drinnen weitergemeldet. Karin kramte einen Impulsschlüssel aus ihrem Gepäck. Mit diesem gelangte sie innerhalb weniger Minuten ins
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