Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman
das und sprach Belobigungen aus. Sobald sich der nächste deutschsprachige Ritter fand, entließ er Florís aus der Verantwortung für das Katapult und übergab ihm den Befehl über eine Gruppe junger Ritter, die als Späher und Stoßtrupp eingesetzt wurden.
Florís war natürlich überaus erfreut über die Beförderung aufgrund seiner Führungsqualitäten, die ihm überdies die Möglichkeit gab, selbstständig zu agieren und Ruhm und Beute zu erwerben. Nach der Reise war er finanziell völlig am Ende, er hatte sich ohnehin nur über Wasser halten können, indem er jede Kleinigkeit zu Geld gemacht hatte, die sich in den Satteltaschen seines Hengstes gefunden hatte. Wenn es ihm und seinen Leuten gelang, Gefangene zu machen, würde er die Aufbesserung seines Solds mehr als begrüßen.
Der junge Ritter brannte folglich darauf, seinen Nachfolger als Befehlshaber der Söldner einzuweisen und erlebte bei der Vorstellung des Neulings eine weitere freudige Überraschung. Der künftige Herr über die Belagerungsmaschine war Rüdiger von Falkenberg!
Florís begrüßte den Jüngling mit einer Umarmung - und einem lachenden Tadel. »Immer noch auf Abenteuersuche, Herr Rüdiger? Eure Schwester würde mit Euch schimpfen. Ihr solltet längst auf Eurem bayerischen Lehen sitzen und lernen, wie man ein Gut verwaltet!«
Rüdiger machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach, das lern ich noch früh genug. Oder ich lass es meinen Bruder machen, dem liegt das ohnehin besser. Aber kämpfen, hier und jetzt für den größten Ritter des Abendlandes ... Das kann ich später nie wieder!«
Auch Rüdiger bewunderte den englischen König glühend, und Richard hatte ihn gern in sein Heer aufgenommen. In den letzten Monaten hatte der junge Ritter einige Turniere erfolgreich bestritten - seine Zusatzausbildung durch Roland von Ornemünde hatte durchaus Früchte getragen. Rüdiger wusste sich seiner Haut besser zu wehren als die meisten Jünglinge seines Alters, allerdings hatte er sich den Dienst in Richards Heer anders vorgestellt. Nur widerwillig lauschte er Florís' Anweisungen zum Umgang mit dem Katapult und den oft recht renitenten Söldnern.
Umso aufmerksamer folgte dem jedoch sein listiger junger Knappe. Nach wie vor war der Brandner-Hansi an Rüdigers Seite und bestach durch sein Mundwerk und seine Bemühungen um allgemein verständliches Deutsch und höfische Wendungen. Inzwischen hatte er sich die ersten französischen Worte angeeignet - und verwies jeden anderen Knappen, der es wagte, über ihn zu spotten, in der Kampfbahn schnell in seine Grenzen. Hansi zeigte reiterliches Naturtalent, wusste Übungslanze und Schwert schon recht geschickt zu handhaben und war vor allem mit Feuereifer bei der Sache. Das Katapult fand er faszinierend und hätte es am liebsten gleich ausprobiert. Hansi ging die ritterliche Auffassung, ein Kampf sei nur ehrenhaft, wenn man ihn mit der Waffe in der Hand, Auge in Auge mit dem Gegner, führte, vollkommen ab. Die Methode, dem Feind gar nicht erst nahe zu kommen, sondern ihn von weitem mit Steinen zu bewerfen, fand er eine bedenkenswerte Neuerung - wie eine Steinschleuder funktionierte, hatte er schon als Kleinkind gelernt.
So verstand Hansi sich bald blendend mit den Söldnern, kontrollierte sie mit kecken Sprüchen und leichter Hand und ließ Rüdiger in den Augen des Königs glänzen. Bald fand der junge Ritter denn auch ein offenes Ohr für eine Versetzung in eine wirklich kämpfende Truppe. Der König teilte ihn der Einheit des Florís de Trillon zu, als sich erneut ein deutschsprachiger Ritter fand, der älter war und den Dienst am Katapult gern übernahm. Schließlich hatte auch Florís die Bitten Rüdigers unterstützt - Richard wusste inzwischen, dass er sein Waffenmeister auf Lauenstein gewesen war.
Rüdiger war unbändig stolz, als er zum ersten Mal neben dem Aquitanier in den Kampf ritt, und sonnte sich in dem Gefühl, einmal nicht durch seine Jugend aufzufallen. Bestand doch Florís' ganze Einsatztruppe aus Männern wie ihm: sehr jungen, mutigen und starken Kämpfern, die allerdings Führung brauchten, um nicht übers Ziel hinauszuschießen. Der schneidige Ritter und seine Männer machten durch waghalsige, aber immer erfolgreiche Aktionen von sich reden. Sie spähten Burgen aus, die als Nächste belagert werden sollten, und nahmen sogar eine im Alleingang, indem sie den Burgherrn bei einem Erkundungsritt entdeckten und festsetzten. Florís legte seine Rüstung an, ritt sein Pferd in die Mauern
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