Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman
haben«, meinte der Ritter fast schüchtern, als er plötzlich die gesamte Aufmerksamkeit auf sich ruhen spürte. »Allerdings ... ja, jetzt erinnere ich mich, in einer Schenke, und der Ritter war schon recht betrunken. Aber er schwärmte von dieser Frau und ...«
»Welcher Ritter?«, fragte Roland begierig. »Florís de Trillon?«
Herr Baldwin schüttelte den Kopf. »Nein, nein es war ein ... ein Rheinländer ... wie hieß er noch, Herr ... hm ... Berthold, ja, Berthold von Bingen. Wir ... hm ... sprachen darüber, welche Frauen wir jemals begehrenswert fanden ... Ihr müsst verzeihen, Herr Roland, natürlich ist es nicht höfisch, so über die Damen herzuziehen, aber wir waren beide betrunken ...«
»Und der Kerl erwähnte Frau Gerlin?«, fragte Odemar von Steinbach ungeduldig. Höfische Rede war ihm völlig fremd. »Nun ja, sie war zweifellos ein hübsches Ding ... ein bisschen spillerig vielleicht, aber ...«
»Herr Odemar, es interessiert hier niemanden, wie begehrenswert Ihr die Dame fandet!«, fuhr ihm Roland über den Mund. »Und die Gelüste dieses Herrn Berthold sind wohl auch nicht ...«
»Der Ritter erwähnte eine Frau, die der Herrin von Lauenstein ähnlich sah«, unterbrach ihn Herr Baldwin rasch. Er schien sich jetzt genauer an das Gespräch zu erinnern. »Sie gehörte zu einer Pilgergruppe oder so was, die Herr Berthold bewachte, wir trafen uns in einem Gasthof bei Saarbrücken. Dabei waren seine Schäfchen wohl recht seltsam, er erzählte von Huren, von Sterndeutern, Badern ... es klang fast, als begleite er einen Gauklertrupp. Wobei er sich nach einem der beteiligten Weiber verzehrte, weil sie ebenjener Gerlin von Ornemünde ähnlich sah. Mehr weiß ich nicht, es hat wahrscheinlich nichts zu bedeuten ...«
»Und die Frau war nicht in Begleitung von Rittern?«, erkundigte sich Roland begierig. »Oder von Juden? Hatte sie ein Kind?«
Herr Baldwin zuckte die Schultern. »Ich habe eine Nacht lang mit diesem Herrn Berthold gezecht. Auch den Strohsack mit ihm geteilt, Ihr wisst ja, wie es in diesen Herbergen ist. Aber am Morgen bin ich früh aufgestanden und weitergeritten. Die anderen Reisenden habe ich mir nicht genau angesehen.« Er dachte nach. »Allerdings ... es war zumindest eine Frau mit einem Kind dabei. Sie war ebenfalls früh wach, ihr Gemahl bat den Wirt um Milch für den Kleinen ...«
»Wie sah sie aus?«, examinierte Herr Roland.
Herr Baldwin schüttelte den Kopf. »Herr Roland, ich weiß es wirklich nicht. Ich habe nicht darauf geachtet, zudem dröhnte mir der Kopf, und ich war voller Flöhe. Diese Herberge war ein Graus! Sie nahm aber sicher keine Juden auf. Und die einzigen Ritter außer mir waren Herr Berthold und seine Männer.«
»Wenn er sie in Saarbrücken gesehen hat, waren sie auf dem Weg nach Paris«, überlegte Odemar von Steinbach. »Kann sie irgendwas vom französischen König erhoffen?«
Roland schüttelte den Kopf. »Wenn, dann eher vom englischen ...«
»Die Pilger waren auf dem Weg in die Touraine«, bemerkte Herr Baldwin. »Zum Grab des heiligen Martin oder so.«
Roland sprang auf, als habe man ihn mit heißem Teer begossen. »Tours! Natürlich, sie will nach Loches! Da sitzt ein Ornemünder auf einem großen Lehen, wenn ich mich richtig erinnere. Vielleicht ein näherer Verwandter zu ihrem verstorbenen Dietrich ...«
»Wenn sie es war«, schränkte Odemar ein.
Roland sah ihn streng an. »Wir müssen das herausfinden! Wie wär's, Herr Odemar, habt Ihr nicht Lust auf ein Abenteuer? Ein kleiner Ritt nach Süden?«
»In der Gegend um Tours wird gekämpft«, gab Herr Baldwin zu bedenken. »Plantagenet ist in der Normandie gelandet ...«
»Ich fürchte mich vor keinem Kampf!« Odemar von Steinbach warf sich in die Brust. Tatsächlich ging er seit seiner Kindheit keinem Scharmützel aus dem Weg und war ein ungemein kräftiger Schwertkämpfer. Das ruhige Leben auf Burg Lauenstein war ihm zu langweilig. »Wer weiß, womöglich ergeben sich da ganz neue Möglichkeiten, Ruhm und Ehre zu erwerben.«
Roland zuckte die Schultern. »Erwerbt von mir aus Ruhm und Ehre, aber vor allem bringt Ihr mir Gerlin von Lauenstein. Und ihren Sohn! Im Zweifelsfall auch nur das Balg ohne die Frau. Kann ja irgendwo in den Kriegswirren umgekommen sein, was weiß der Kaiser, was da im Einzelnen vorgeht. Wann werdet Ihr reiten?«
Odemar von Steinbach schied gleich am nächsten Tag von der Burg - allein, ohne Knappen oder weitere Ritter. Er meinte, so schneller vorwärtszukommen - wenn
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