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Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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mehr Licht. Der Verteidiger war also in jeder Beziehung im Vorteil.
    Abram dachte angestrengt nach. Ein Heuboden - wenn der Wirt kein Geld zu verschenken hatte, lagerte er dort das Stroh fürs ganze Jahr. Mit ziemlicher Sicherheit ließ er es sich direkt nach der Ernte anliefern, dann war es am billigsten. Und er brachte die Garben bestimmt nicht einzeln über die Treppe hinauf! Im Allgemeinen wurde frisches Stroh direkt vom Erntewagen aus auf den Heuboden gestemmt, es musste also eine Öffnung im Dach oder in der Giebelwand geben.
    Abram zog sein Schwert und rannte hinaus. Es konnte nicht kompliziert sein, die Luke auszumachen, das Haus des Hurenwirts war schmal und lag eingezwängt zwischen zwei anderen Häusern. Abram versuchte, durch die Dunkelheit zum Giebel hinaufzublicken. Zum Glück hatte es aufgehört zu regnen, der heftige Gewitterguss war so schnell gegangen, wie er gekommen war. Abram entdeckte eine Hofeinfahrt, die sich die nebeneinanderliegenden Häuser teilten. Er hastete hindurch und erreichte einen ungepflegten, stinkenden, aber für einen Heuwagen ausreichend geräumigen Hinterhof. Und da, im hinteren Bereich des Hurenhauses, war auch die Dachluke, verschlossen von einem eisernen Riegel. Sie ließ sich also von außen öffnen, er musste nur hinaufkommen ...
    Der junge Jude ließ seinen Blick über den schmutzigen Hof gleiten. Zwischen allem möglichen Unrat scharrten Hühner ... ein paar davon hockten bereits in Schlafstellung auf einer reichlich baufälligen Leiter. Abram scheuchte die aufgeregten Hennen beiseite. Es hieß ein bisschen Gott versuchen, über dieses Ding hinaufgelangen zu wollen. Etliche Sprossen waren bereits herausgebrochen, die anderen wirkten morsch. Aber Abram hatte keine andere Wahl. Er lehnte die kotverschmierte Leiter an die Hauswand und kletterte hinauf.
    Odemar von Steinbach lachte dröhnend.
    »Wer will da was von mir und meinem Mündel?«, fragte er provozierend. Er war schon auf die Beine gesprungen, als die Tür zu Bruch ging, aber natürlich hatte er sich nicht rüsten können. Bis auf sein Hemd und die heruntergezogene Brouche war er nackt.
    Rüdiger betrachtete ihn mit grimmigem Lächeln. Er sah nicht viel im Gegenlicht, auch auf dem Heuboden war es dämmrig, aber doch deutlich heller als auf der Treppe. Das Licht der kleinen Kerze reichte gerade so aus, um zu erkennen, dass er es nicht mit Roland von Ornemünde zu tun hatte.
    »Ihr seid ...«
    Odemars Schwert hatte griffbereit auf einer Garbe Stroh gelegen. Der Ritter war in Augenblicken kampfbereit.
    Miriam zog sich in die äußerste Ecke ihres Strohlagers zurück und tastete nach Dietmar. Das Kind schlief tief, was nach alldem Wein kein Wunder war. Die junge Frau zog es an sich. Sie durfte nicht wieder in ihre gewohnte Starre verfallen, sie musste bereit sein zu fliehen. Aber ... der Eingang war von zwei wutentbrannten Männern verstellt, die bereit waren, die Klingen zu kreuzen.
    »Odemar von Steinbach!«, stellte ihr Entführer sich mit kräftiger Stimme vor. »Und mit wem habe ich das Vergnügen? Ich habe Euch schon einmal gesehen, Ihr ...«
    »Mein Name ist Rüdiger von Falkenberg«, sagte Rüdiger kurz. »Der wahre Oheim des Kindes, das Ihr entführt habt. Zweifellos, um es seinem angeblichen ›Verwandten‹ Roland von Ornemünde zuzuführen. Wir müssen uns nicht schlagen, Herr von Steinbach, wir haben keine Händel miteinander. Ich schlage vor, wir begeben uns direkt zum Herrn der Feste Fréteval und bitten um Schlichtung. Oder bevorzugt Ihr König Richard Plantagenet?«
    Odemar lachte schallend. »Richtig, der kleine Bruder unserer Herrin Gerlin! Ihr Spion bei meinem Herrn Roland ... Wie habt Ihr Euch artig eingeführt, junger Mann! Um dann die Seiten zu wechseln, als es darauf ankam. Ein mieser kleiner Verräter - aber inzwischen doch wohl zum Ritter geschlagen, oder streite ich mich hier mit einem Knappen?«
    Rüdiger straffte sich. »Herr Florís de Trillon schlug mich zum Ritter«, gab er kurz Auskunft. »Und ich fürchte mich nicht vor einem Kampf. Also würdet Ihr Eure Hosen hochziehen, Herr Odemar? Ich könnte sonst in Versuchung geraten, Eure edelsten Teile zu verletzen ...«
    Odemar lachte hämisch und nahm sich die Zeit, sich halbwegs vorzeigbar herzurichten. In seiner Tunika über den nackten Beinen wirkte er zwar immer noch seltsam für einen Kämpfer, aber seiner Schlagkraft tat das keinen Abbruch. Er parierte schon Rüdigers ersten Stoß so mächtig, dass der junge Ritter beinahe die Stiege

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