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Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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heruntergefallen wäre.
    Miriam biss sich auf die Lippen. Sie wusste nicht viel vom Schwertkampf, aber dass ihr möglicher Befreier auf der Treppe keine Chance hatte, konnte auch sie sich denken. Hoffentlich war er wenigstens nicht allein gekommen ...
    Rüdiger parierte tapfer, aber schon Odemars zweiter Schlag ließ ihn straucheln. Er suchte verzweifelt Halt auf der Treppe, fand ihn aber nicht. Miriam hörte Scheppern und Frauenschreie - irgendjemand, vielleicht die Huren oder sogar Gerlin.
    Odemar warf einen kurzen Blick hinunter und wandte sich dann wieder Miriam zu. Er richtete das Schwert auf sie. »Nimm deine Sachen und das Kind und komm!« Der Ritter schien entschlossen, sich mit ihr ins Freie durchzukämpfen.
    In diesem Moment wurde eine Luke aufgestoßen, und trübes Mondlicht fiel auf den Heuboden - ein fader Lichtstrahl. Der Ritter und das Mädchen erschraken. Die Nacht klarte auf nach dem Gewitter, Miriam sah die Sterne. Und sie sah Abram von Kronach, der sich behände durch die Öffnung schob.
    »Noch so ein Held!«
    Odemar hatte sich schnell wieder gefasst. Der Ritter hob lachend sein Schwert, aber Abram war gewappnet. Er schleuderte seinem Gegner eine Hand voll Dreck ins Gesicht - feuchten Hühnerdung von der Leiter. Odemar brüllte wütend auf. Er parierte Abrams Schläge nur mit halber Kraft, brauchte die linke Hand, um sich die vom scharfen Mist brennenden Augen zu reiben.
    Der junge Jude war an diesem Abend allerdings auch nicht der Geschickteste. Seine Wunden schmerzten bei jeder Bewegung, die Verletzung an der Seite hatte schon beim Aufstieg wieder zu bluten begonnen. Dennoch gelang es ihm, Odemar in Richtung Treppe zurückzudrängen. Abram befand sich jetzt immerhin zwischen Miriam und Dietmar. Wenn es gar nicht anders ging, konnte sie versuchen, über die Leiter nach draußen zu entkommen. Aber bislang folgte sie dem Kampf nur wie erstarrt und zitternd wie so oft. Ihre Erleichterung darüber, dass Abram noch am Leben und nicht schwer verletzt war, wich der erneuten Angst um ihn. Wenn sie nur gewusst hätte, wie viele Männer zu ihrer Rettung ausgezogen waren!
    »Rüdiger?«
    Abram schlug wild auf Odemar ein, aber der Ritter war verzweifelt bemüht, sich nicht gänzlich auf die Treppe nach unten drängen zu lassen. Noch hielt er sich auf dem obersten Absatz, der mehr Halt bot als die Stufen, und so langsam musste er auch wieder besser sehen können. Abram konnte nur hoffen, dass ihm Gerlins Bruder von unten zu Hilfe kommen würde. Jedoch schien sich seine ärgste Sorge zu bewahrheiten: Rüdiger war bereits geschlagen, er musste tot sein oder schwer verletzt. Und Odemar machte Anstalten, sich erneut vorzukämpfen. Abram warf einen Blick zurück auf seine schreckensstarre Geliebte.
    »Miri, bring Dietmar in Sicherheit! Durch die Luke! Die Leiter ist baufällig, aber dein Gewicht hält sie schon aus. Miriam! Beweg dich!«
    Miriam nahm sich zusammen. Sie trug nur ihr Hemd, aber damit war sie immerhin beweglicher als in all ihren Röcken.
    Dietmar regte sich schwach, als sie ihn an sich zog und zu der Dachöffnung hastete. Die Luke führte hinaus auf den regenfeuchten Hof. Die Nässe machte die Leiter schlüpfrig, aber die Höhe machte Miriam keine Angst. Notre-Dame war näher an den Sternen gewesen ... Das Mädchen holte tief Luft und fasste nach der Leiter.
    Geschickt tastete Miriam sich die Sprossen hinunter. Sie erschrak, als die dritte brach, fing sich jedoch schnell wieder. Dietmar mit der linken Hand an sich pressend, krampfte sie die rechte um die Seitenstrebe der Leiter. Sie würde nicht fallen, auch wenn noch eine Sprosse nachgab. Miriam schob sich behutsam der Erde entgegen.
    Odemar sah aus dem Augenwinkel, wie seine Gefangene floh. Bis jetzt hatte er geglaubt, sich mit ihr durchkämpfen zu können, sobald er Gerlins Diener erledigt hatte, aber jetzt musste er seine Pläne ändern. Er glaubte nicht, dass unten vor dem Schankraum eine Streitmacht auf ihn wartete. Dies war eine spontane Rettungsaktion gewesen, wie es aussah, war nicht mal Florís de Trillon beteiligt. Er musste einfach die zwei oder drei Anfänger niedermachen, die ihn hier aufgespürt hatten, dann konnte er das Mädchen und das Kind mühelos wieder einfangen. Allerdings hieß es jetzt schnell sein ...
    Odemar veranlasste Abram, mit einem letzten kräftigen Schlag weit in den Heuboden hinein auszuweichen. Das gab ihm Zeit, die Stufen der Treppe hinabzuspringen. Unten rappelte sich eben der Ritter Rüdiger wieder auf,

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