Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman
Florís, wenn Ihr denn wollt. Ansonsten finde ich einen anderen. Also können wir das jetzt beenden?«
Der König verlor langsam die Geduld. Vielleicht hatte ihn die Erwähnung von Loches daran erinnert, wie viel auf diesem Feldzug noch zu tun war. Die Festung war schließlich sein nächstes Eroberungsziel, nachdem Sancho von Navarra die Verteidiger schon entsprechend zermürbt hatte - Letzteres hoffte er zumindest.
Florís streifte Gerlin mit einem unsicheren Blick.
Dann aber erklang noch einmal die Stimme der Eleonore von Aquitanien. »Soweit ich weiß, Herr Florís, habt Ihr dem Vater des kleinen Erben doch wohl kein Lehen in der Touraine versprochen«, bemerkte sie. »Gerlin und Dietmar von Ornemünde haben Anspruch auf eine Burg in Bayern. Auf ihre Verteidigung bezog sich Euer Eid. Also haltet ihn, indem Ihr den Jungen auf Eurer eigenen Burg erzieht und zum Ritter ausbildet - und gebt ihm Waffenhilfe, wenn er eines Tages auszieht, um die Hand auf sein wahres Erbe zu legen. Das wäre doch auch in Eurem Sinne, Frau Gerlin.«
Die Königin schaute Gerlin streng an. Gerlin wand sich unter ihrem Blick. Das alles ging viel zu schnell. Florís sollte das Lehen Linhardts bekommen - und ... die Hand Gerlin von Ornemündes? Unversehens schien sie wieder ein Spielball der Heiratspolitik geworden zu sein, diesmal geworfen von ihrer Ziehmutter. Aber Aliénor wusste nicht, was geschehen war. Sie wusste nichts von Salomon, von dem Zwiespalt, in dem Gerlin sich befand, seit sie Florís wiedergesehen hatte.
Gerlin kämpfte erneut mit dem Schwindel.
»Es wäre doch in Eurem Sinne?« Eleonores Augen durchbohrten sie - und Florís warf ihr einen fragenden Blick zu, einen Blick voller Liebe, in die sich jetzt Unsicherheit und Furcht mischten. Er musste denken, sie bezichtigte ihn des Thronraubs an Dietmar, wenn er Richards Angebot annahm.
Gerlin riss sich zusammen und versank in einem tiefen Knicks vor der Königin. »Ich kann der Regelung im Namen meines Sohnes aus vollstem Herzen zustimmen«, sagte sie förmlich. Die Atmosphäre im Raum schien sich augenblicklich zu entspannen.
»Schön, dann wäre das geklärt«, bemerkte Richard. »Herr Florís de Trillon, demnächst zu Loches, ich denke, Ihr mögt Euch mir und meinen Beratern anschließen, um über das weitere Vorgehen bezüglich Eures Lehens nachzudenken. Wir werden das Heer morgen dorthin in Gang setzen. Und die Herrin Gerlin ...«
»Die Herrin Gerlin unterhält sich sicher gern noch ein bisschen mit mir«, bestimmte die Königin. »Wir haben einander viel zu erzählen, nicht wahr, mein Kind? Ich freue mich über alle Maßen, Euch wiederzusehen.«
Die Herrin Aliénor bewohnte ein eigenes, sehr komfortabel eingerichtetes Zelt nahe dem ihres Sohnes. Gerlin begleitete sie und ihre Hofdamen, die sich gleich des kleinen Dietmar annahmen und das Kind nach Kräften verwöhnten. Eleonore von Aquitanien ließ Wein bringen, und Gerlin ließ sich ihr zu Füßen nieder wie damals auf der Insel Oléron. Ein warmes, glückliches Gefühl überkam sie, als kehre sie endlich in die Arme einer liebenden Mutter zurück. All die Ängste, all die Sorgen der letzten Monate fielen von ihr ab. Und wenn sie der Herrin Aliénor erst alles erzählt hatte ... Sie schluchzte auf, als die alte Königin sanft die Hand auf ihr Haupt legte. Aliénor ließ sie weinen.
»Es wird alles gut, mein Kind«, flüsterte sie beruhigend, als Gerlin sich zwischen zwei Schluchzern entschuldigen wollte. »Lasst die Tränen nur fließen, danach werdet Ihr Euch besser fühlen. Wobei ich eigentlich gedacht hatte, meine Regelung für Florís de Trillon würde Euch freuen. Er ist doch in Liebe zu Euch entbrannt, und ich meinte seinen Berichten zu entnehmen, dass Ihr sie durchaus erwidert.«
Gerlin versuchte, gleichzeitig zu nicken und den Kopf zu schütteln - sie konnte ihren Tränen nicht Einhalt gebieten. Erst als sie an dem süßen Wein nippte, den die Herrin ihr reichte, beruhigte sie sich und begann zu reden. Und dann brach ihre Geschichte wie ein Sturzbach aus ihr heraus. Sie erzählte von Lauenstein, von ihrer Ehe mit Dietrich und ihrer aufkeimenden Liebe zu Florís. Von seinem Kampf für sie, den wenigen verstohlenen Küssen ...
»Da war nichts Ernstes zwischen uns, Herrin, nichts ... Verbotenes. Ich hätte Dietrich nicht betrogen, ich ...«
»Aber Dietrichs Witwe hätte eine Ehe mit dem Herrn Florís doch sicher begrüßt«, bemerkte die Königin. »Wenngleich ich schon verstehe. Es schien unmöglich, er
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