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Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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wenigstens schon voll entwickelt war.
    Sie schlief schließlich sehr gut in genau der Kemenate, in der ein Jahr zuvor auch ihr künftiger Gatte genächtigt hatte - Frau Gertrud verriet ihr das mit verschämtem Lächeln. Am nächsten Tag sollten sie auf Burg Lauenstein eintreffen. Gerlin war gespannt, ob sie Dietrich gleich sehen würde.
    Lauenstein zumindest erwies sich als blühende Landschaft. Die letzte Tagesreise führte durch eher lichte Wälder und Felder und häufig auch durch Dörfer, in der alle Bauern darauf brannten, ihre künftige Gräfin zu sehen. Gerlin verschleierte sich denn auch nur leicht und zeigte sich freundlich und huldvoll. Wann immer es die Zeit erlaubte, nahm sie von den angebotenen Erfrischungen und herzte auch mal einen Säugling oder warf spielenden Kindern Münzen zu. Sie hatte extra zu diesem Zweck einen Beutel Silber mitgenommen, es war Teil ihrer Aussteuer. Das Volk erwartete Geschenke von der neuen Herrin - und Gerlin war angenehm überrascht, als auch Florís ihr eine Börse zusteckte.
    »Ein Beitrag aus der Schatzkammer Eures versprochenen Gatten«, erklärte er. »Herr ... Dietrich ...«, es klang, als hätte er Herr Salomon sagen wollen, »... weiß, dass Falkenberg nicht reich an Geldmitteln ist. Herr Peregrin hat Euch zweifellos großzügig ausgestattet, aber Herr Dietrich wünscht, dass seine Gattin dem Volk zeigt, in wie überragender Weise sie die Tugend der Milde verkörpert.«
    Gerlin nickte. Sie war ihrem Gatten oder seinem kundigen Berater dankbar. Die Antrittsgeschenke einer Herrin an das Volk konnten ihren Ruf fürs Leben bestimmen - ein großer Teil der Aussteuer von adligen Bräuten landete in den Taschen der Untertanen. Was Gerlin anging, so glich ihr Einzug in ihre Grafschaft einem Triumphzug. Die Menschen freuten sich aufrichtig über ihre Gaben und wurden nicht müde, sie zu preisen.
    Gerlin war umso erschöpfter vom Lächeln und Schmeicheln, als sie endlich auf Lauenstein einritten. Die Burg lag auf einer Anhöhe über einer schmucken Siedlung und wirkte trutzig und sicher. Man erkannte schon von weitem, dass sie über einen großen Wohntrakt verfügte, der, wie Gerlin hoffte, einigermaßen komfortabel ausgestattet war.
    Florís de Trillon führte seine Ritter und seine Dame in einen lichten Hof, wo der Truchsess sie in Empfang nahm. Der Ministeriale - Truchsess war ein wichtiges Hofamt - lachte und scherzte mit Florís. Der junge Ritter schien allgemein beliebt zu sein. Vor Gerlin verbeugte der Mann sich unterwürfig und kredenzte ihr einen Pokal süßen Weines.
    »Der Herr Dietrich, Euer versprochener Gatte, wies mich an, Euch in seinem Namen auf das Herzlichste willkommen zu heißen! Er hofft, Euch morgen treffen zu können, wenn seine anderen Verpflichtungen ihn nicht daran hindern.«
    »Das werden sie nicht!«, sagte Florís hart. Er presste die Lippen zusammen und fragte dann, offensichtlich erzürnt durch die Worte des Truchsesses: »Was hat der Herr Roland sich denn ausgedacht, damit der Junge seine künftige Gattin heute nicht selbst begrüßen kann?«
    Der Ministeriale, ein kleiner, rundlicher Mann mit beginnender Glatze, zuckte entschuldigend die Schultern. »Herr Roland ist noch mit den Knappen auf der Jagd. Es fehlt an Wild für die gräfliche Tafel«, beschied er den Ritter. »Die Herrin Luitgart gab zu bedenken, dass gerade jetzt, da wir Besuch erwarten ...«
    »Die Herrin Gerlin sieht auch gerade so aus, als wollte sie heute noch eine ganze Herde Wildschweine verspeisen!«, stieß Florís verbittert aus, aber Gerlin wies ihn mit einer Handbewegung an, zu schweigen. Dann wandte sie sich freundlich an den Truchsess.
    »Falls Ihr ihn noch seht, heute Nacht, so bestellt doch dem Herrn Dietrich, dass ich mich äußerst geehrt fühle. Es spricht für seine Umsicht und Freundlichkeit, höchstselbst an die Freuden meiner Tafel zu denken. Ich werde dem Wildbret umso eifriger zusprechen, da ich weiß, dass er es für mich erjagt hat. Morgen werden wir einander dann sehen, sofern ...«
    »Nicht ›sofern‹«, unterbrach Florís de Trillon Gerlin. »Ich bin hier der Marschall, und ab morgen befehlige ich die Knappen. Selbstverständlich werde ich Herrn Dietrich für ein Treffen mit Euch freistellen. Wird sich nun wenigstens die Herrin Luitgart herablassen, meine Dame zu empfangen?«
    Florís war deutlich unzufrieden mit dem Willkommen, das Gerlin auf der Burg erfuhr. Und tatsächlich verhielt sich Luitgart von Ornemünde nicht dem Brauch entsprechend. Auch

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