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Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Herrn Florís, den noch mein Vater mit dem Amt des Marschalls betraute, und Herrn Salomon von Kronach, meinen Lehrer und guten Freund. Ich habe mir erlaubt, sie an meine Tafel zu bitten.«
    In Dietrichs Stimme war ein Anflug von Trotz und Angst zu vernehmen, aber Luitgart und Roland konnten kaum etwas einwenden, ohne einen Eklat zu verursachen. Und Gerlin konnte auch nicht umhin, den Jungen - oder seine Berater - für diesen diplomatischen Schachzug zu bewundern. Ergab sich daraus doch auch gleich die von ihm gewünschte Sitzordnung. Herr Leon, der den Juden Salomon demonstrativ mied, nahm den Platz neben Roland und Luitgart ein, den der Ritter zweifellos ursprünglich Dietrich zugedacht hatte.
    Dietrich übernahm wie selbstverständlich den Vorsitz der zweiten Tafel - und teilte den Teller mit Gerlin. Auf seine andere Seite bat er Herrn Adalbert. Neben Salomon und Florís blieb noch Platz für den etwas verlegenen Rüdiger. Er war bislang noch nie an einen Ehrentisch gebeten worden.
    Der Mundschenk brachte dann Wein, und nachdem der Hofkaplan das Benedictus gesprochen hatte, wurden erlesene Speisen aufgetragen. Dietrich verhielt sich dabei wie ein perfekter Gastgeber und zeigte, was er in Sachen Frauendienst gelernt hatte. Er suchte die besten Stücke aus und schob sie Gerlin zu, reichte ihr Wein und bemühte sich, sie mit schönen Worten zu unterhalten. Mehr hatte er allerdings mit Herrn Adalbert zu plaudern. Der Knappe und der alte Ritter hatten wohl Gefallen aneinander gefunden.
    »Herr Adalbert hat mich heute Morgen im Reiten unterwiesen, und ich verdanke ihm wertvolle Ratschläge!«, erklärte er Gerlin und lächelte dem Ritter zu. »Und vorhin erzählte er mir und den anderen Knappen von seinen Kämpfen im Heiligen Land. Ist es wirklich wahr, Herr Adalbert, dass die Sultane der Sarazenen durchaus keine Barbaren sind, sondern sich auch in höfischen Künsten üben?«
    Mit dieser Frage zog er Herrn Salomon und Herrn Florís geschickt mit ein. Der Medikus hatte den Orient bereist, wenn auch in weniger kriegerischer Absicht als Herr Adalbert seinerzeit in König Konrads Heer. Florís de Trillon war als Fahrender Ritter weit herumgekommen und hatte unter anderem am Hof zu Sizilien gedient. Auch dort schätzte man die Lebensart der »edlen Heiden«. Bald waren lebhafte Erzählungen im Gange, die Gerlin aufs Beste unterhielten - allerdings schienen sich auch Luitgart und Roland mit dem eigentlich ungebetenen Gast an ihrer Seite ausgesöhnt zu haben. Wie es aussah, verstanden Herr Roland und Herr Leon sich prächtig, sie plauderten eifrig miteinander.
    Nach dem reichhaltigen Essen - auch das Wildschwein wurde aufgetragen, auf das Herr Salomon aus religiösen, Dietrich aus offensichtlichen Gründen verzichtete - räumten Knechte die in der Mitte des Raumes aufgestellten Speisen ab und machten damit Platz für Sänger und Gaukler.
    Florís de Trillon zwinkerte Gerlin zu, als nach einem Stelzengänger und einem Feuerschlucker ein Troubadour aus seiner Heimat Aquitanien zur Laute griff. Herr Marius de Matthieu war nicht mehr ganz jung, aber angesehen, und dem Haus Ornemünde zu Lauenstein treu ergeben. Er hatte zu den engsten Freunden des verstorbenen Ornemünder Grafen gehört und keinen Augenblick gezögert, als Gerlin sich auf Florís' Ratschlag hin mit ihrer Bitte an ihn wandte, Dietrichs Wildschweinabenteuer zu vertonen. Florís hatte darauf bestanden, auch die Geschichte mit dem Pfeil einzubeziehen, von der Dietrich bislang nichts wusste. Sowohl der Ritter als auch Gerlin und Herr Salomon beobachteten aufmerksam die Reaktion Roland von Ornemündes, als Herr Marius seine Ballade vortrug.
    »So hört das Lied eines alten Ritters über die Macht der Hohen Minne, die den Jüngling beflügelt, große Taten zu vollbringen.«
    In kunstvollen Versen erzählte Herr Marius die scheinbar fiktive Geschichte eines jungen Ritters, der die Liebe der schönsten Frau erlangt und die Vereinigung mit ihr erstrebt. Im ehrlichen Kampf kann ihn niemand besiegen, denn Frau Venus hält die Hand über ihn. Dann jedoch verbündet sich ein Neider mit den Mächten des Bösen, ein Pfeil trifft das Pferd des jungen Ritters, und als er es wieder zügeln kann, sieht er sich unbewaffnet einer wilden Bestie gegenüber. Aber zum Glück hütet eben in diesem Wald ein Riese die Pferde der Göttin. Der todesmutige Ritter treibt ihm die Bestie vor die Streitaxt, seine Waffe tötet das Tier, und der Ritter kann unbeschadet heimkehren zu seiner Dame. Der

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