Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman
Riese schenkt ihm ein Einhorn, das er ihr zuführt.
»Und es hüte sich der Schütze aus dem Hinterhalt, dass er nicht unversehens trete an die Tafel des Herrn. Denn das Schutztier der Göttin wacht über ihn und wird seiner Dame den Namen des Bösen und Neiders enthüllen, auf dass er ausgestoßen werde aus dem heiligen Ritterstand.«
Gerlin registrierte, dass Herr Roland erbleichte und Dietrich errötete, als von dem Schuss auf das Pferd die Rede war.
»Ihr solltet Euch die Kruppe des Hengstes, den der Knecht Euch heute Morgen zurückgebracht hat, näher ansehen, Herr Dietrich«, raunte Gerlin. Dietrich warf ihr daraufhin einen ungläubigen Blick zu.
»Ihr wollt sagen ...«
Gerlin lächelte. »Nehmt dieses Lied als ein erstes Geschenk der Dame an ihren Minneherrn.«
Das Leuchten in Dietrichs Augen würde sie nie vergessen.
Aber der Überraschungen, die dieser Abend für alle Mitglieder des Hauses Ornemünde bieten sollte, waren noch nicht genug.
Nachdem Gerlin dem Troubadour demonstrativ eine goldene Kette als Dank für sein Lied überreicht hatte, erhob sich Herr Florís.
»Da wir denn schon vom heiligen Ritterstand sprechen ...«, begann er seine Rede, »... so möchte ich diesen festlichen Abend nutzen, all den Knappen, die ich in den letzten Monaten an den Umgang mit den ritterlichen Waffen heranführen durfte, meine Hochachtung zu erweisen. Ich bin sicher, meine jungen Herren, dass Euch Herr Roland heute Abend nicht zufällig in diesen Saal geladen hat ...« Florís lächelte gewinnend in Richtung des Ornemünders, der die Lippen zusammenpresste. »Unzweifelhaft ist auch er zu dem Schluss gekommen, dass es Zeit ist, einen Tag für die nächste Schwertleite zu bestimmen, die dieser Hof ausrichten darf. Ich rufe dazu auf: den Herrn Gérôme de Mironde, den Herrn Niclas von Flandern ...« Florís zählte nacheinander die Namen der Knappen auf, und Rüdiger errötete vor Glückseligkeit, als auch der seine fiel. »Und natürlich den Herrn Dietrich von Ornemünde zu Lauenstein«, endete Florís. »Es wird mir eine Ehre sein, die Herren zum Ritter zu schlagen, sofern sie keinen anderen Herrn um diesen besonderen Dienst bitten wollen. Herr Dietrich wird ja zweifellos seinen Verwandten darum angehen, der ...«
Roland von Ornemünde, der während der langwierigen Aufzählung der Namen Zeit gehabt hatte, sich zu fassen, hob zu einer Bemerkung an, aber Dietrich kam ihm zuvor - und schaffte es, seine Zuhörer mit seinen Worten vollständig zu verblüffen. »Nein, Herr Florís, wenn ich Euch unterbrechen darf. Ich ... ich weiß, dass ich Herrn Roland damit vielleicht brüskiere, aber dieser Dienst ist ein heiliger Dienst, und eigentlich gebührt er dem ranghöchsten Ritter, dem Herrn der Burg. Ich hätte mich gern von meinem Vater zum Ritter schlagen lassen, doch das war uns beiden nicht mehr vergönnt. Und da sonst nur ranggleiche Ritter unter uns weilen, denke ich, dass die Ehre doch vor allem dem Ältesten zukommt. Schon in der kurzen Zeit seiner Anwesenheit auf der Burg meiner Väter habe ich große Achtung vor und großes Zutrauen zu Herrn Adalbert von Uslar gefasst. Herr Adalbert - bitte gewährt mir die Gunst, mich an einem noch zu bestimmenden Tag zum Ritter zu schlagen!«
Dietrich trat förmlich vor den Platz des alten Ritters und beugte das Knie. Herr Adalbert wurde abwechselnd rot und blass, während ein Raunen durch den Saal ging. Zweifellos hatte er noch nie einen Knappen zum Ritter geschlagen. Aber das Privileg stand ihm selbstverständlich zu, und auch sonst waren Dietrichs Argumente nicht anzufechten: Adalbert war ein tapferer Krieger, hatte sich mehr Ruhm im Kampf erworben als alle anderen anwesenden Ritter - und auch wenn er weniger hochgeboren war: Im Rang stand er Roland nicht nach.
»Brillant!« Gerlin vernahm seitlich von sich die leise Stimme Salomons von Kronach. »Habe ich es Euch nicht immer gesagt, Florís? Der Junge ist zwar etwas schwächlich, aber was Takt und Verstand angeht, schlägt er uns alle! Oder ist Euch das eingefallen?«
Dietrich lächelte sowohl Gerlin als auch seinen Ratgebern verstohlen zu, als Herr Adalbert ihm aufhalf. Der alte Ritter hatte Tränen in den Augen.
»Es wird der Höhepunkt meines Wirkens auf Erden sein, Euch in den Ritterstand zu erheben! Nennt mir einen Tag, Herr Dietrich, und ich stehe zur Verfügung. Warum wählen wir nicht gleich das Pfingstfest in der Tradition des Königs Artus und seiner Tafelrunde?«
Kapitel 7
N atürlich sah jeder ein, dass
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