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Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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vorgeschrieben war, würde nicht ganz so viel Schaden anrichten. Aber ein gut gezielter Stoß konnte Dietrich den Kehlkopf zerschmettern.
    »Höher! Höher den Schild!« Florís stöhnte die Worte. Sie zu rufen war nutzlos. Dietrichs Pferd galoppierte bereits an, er würde die Warnung nicht hören.
    Und dann prallten die Ritter aufeinander. Dietrichs Lanze traf, aber Roland wehrte den Stoß mühelos ab. Und auch Rolands Lanze traf. Genau wie berechnet prallte sie in Schulterhöhe auf den Panzer des Jungen, und die Spitze suchte sich ihren Weg zwischen den Eisenplatten. Plötzlich ging ein Raunen durch die Menge. Die Lanze des Ornemünders hielt dem Aufprall nicht stand! Das Holz des Schaftes zerbarst krachend, als der Stahl auf Dietrichs Rüstung traf.
    Dietrich fiel trotzdem herunter. Gerlin fragte sich, ob dies Kalkül war, weil der Junge die Gefahr eines zweiten Stoßes erkannte, oder ob immer noch genug Kraft hinter dem Angriff gesteckt hatte, um ihn zu Fall zu bringen. Florís schien Letzteres anzunehmen. Er beugte sich besorgt vor und wollte aufstehen und hinuntereilen, aber Dietrichs Knappen halfen ihm bereits auf. Die Regeln verlangten, dass der Kampf nun mit Schwertern weitergeführt wurde. Herr Roland stieg dazu ebenfalls ab. Wie Dietrich zog auch er ein Holzschwert. Scharfe Waffen fanden auf Turnieren nur selten Verwendung.
    »Hoffentlich versucht er jetzt keine Mätzchen«, murmelte Florís.
    Er hatte seinem Schützling eingeschärft, sich auf reine Verteidigung zu beschränken. Ein »Unfall« ließ sich sehr viel leichter arrangieren, wenn der Gegner angriff und sich dabei die Blöße gab. Aus der Defensive heraus stieß man leichter zu hart zu.
    Aber Dietrich musste spätestens nach dem Tjost klar sein, dass dies hier kein Spiel war. Außerdem schien es ihm schwerzufallen, den linken Arm zu heben. Nach dem Aufprall der Lanze war seine Schulter vermutlich voller Blutergüsse.
    Der Kampf zog sich jetzt hin, wobei gegen Herrn Rolands Vorgehen nichts zu sagen war. Er griff Dietrich an, versuchte immer andere Winkel und Techniken und gab dem jungen Ritter Gelegenheit, zu zeigen, was er gelernt hatte. Allerdings ermüdete er ihn auch, und seine Schläge waren hart.
    »Er zielt auf die Ermüdung der Schildhand«, flüsterte Florís Gerlin zu. »Mit dem Schwert lässt er Dietrich kaum an sich heran, aber er zwingt ihn, den Schild ständig herauf- und herunterzubewegen.«
    Gerlin nickte. Und sie verstand auch, wohin das führte. Roland griff längst nicht im gleichen Tempo an, in dem er mit Florís oder Leon kämpfte. Er hatte erhebliche Reserven - und irgendwann, wenn Dietrichs Abwehr erlahmt war, würde er sie einsetzen, den Schild unterlaufen und ihm das Schwert ins Auge, in den Hals oder in den Unterleib rammen. Die Schwachstellen der Rüstungen kannte jeder Ritter - und ein Holzschwert, geführt mit der Kraft eines Roland von Ornemünde, würde reichen, sie zu nutzen. Aber Dietrich wehrte sich tapfer.
    Und dann geschah das zweite Wunder dieses Tages: Mittlerweile ziemlich verzweifelt, da fast völlig erschöpft, verlegte sich Dietrich auf einen Angriffsversuch. Er konnte nicht wirklich hoffen, damit erfolgreich zu sein, aber zweifellos wollte er diesen Kampf beenden. Wenn er in sehr langsamem Tempo angriff, würde ihn Roland treffen, er konnte sich fallen lassen, und der Herold würde seinen Verwandten zum Sieger erklären. Der Herold schien darauf nur zu warten. Man erkannte an seinem Gesichtsausdruck, dass er den Ablauf des Schaukampfes nicht billigte. Ein wirklich wohlmeinender Verwandter hätte sich im Streit mit dem Jüngling auch mal eine Blöße gegeben, hätte den Kleineren ab und zu punkten lassen und es schließlich darauf angelegt, den Kampf unentschieden zu beenden.
    Aber nun attackierte Dietrich Roland, der Ritter wehrte sich schwungvoll, sein Schwert prallte gegen den Brustpanzer des Jungen und - es zerbrach in tausend Stücke! Ungläubig starrte Roland auf den zersplitterten hölzernen Schwertschaft in seiner Hand. Dietrich nutzte die Chance, um den Schild seines Verwandten zur Seite zu stoßen. Er zwang ihn nicht zu Boden, sondern setzte ihm das Schwert nur an den Hals. Dann schob er sein Visier hoch und lachte Roland an.
    Der Herold trat bereits zwischen die beiden - wohl instinktiv, denn es gab Ritter, die im Rausch des Kampfes auch noch mit einem zersplitterten Schwert zustießen. »Hiermit erkläre ich Herrn Dietrich von Ornemünde zu Lauenstein zum Sieger dieses Kampfes!«
    Gerlin

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