Das Geheimnis der Puppe
Stühle auf die Terrasse zu tragen. Sie wollte draußen essen, in der Küche sei es zu heiß, behauptete sie. Sie war immer noch in einer merkwürdigen Stimmung und hatte ein regelrechtes Menü zusammengekocht. Den Abschluß bildete ein Vanillepudding, den sie mit Himbeersaft übergoß. Er war noch lauwarm, und ich hatte ohnehin keinen rechten Appetit.
»Warum hast du dir denn so viel Arbeit gemacht.«
fragte ich, um überhaupt etwas zu sagen. Und Laura fauchte mich an:»Laß mich bloß in Ruhe.«
Dann begann sie mit einer Aufzählung, die mir deutlich machen sollte, worin der Unterschied zwischen ARBEITEN und arbeiten bestand. Gut, ich hatte Danny praktisch nur in die Wanne gesetzt und ihm das Haar gewaschen. Mein Anteil an den Vater-Mutter-Kind-Pflichten. Anschließend war ich zurück an die Schreibmaschine gegangen und hatte mich nicht weiter um ihn gekümmert. Und Danny hatte sich auf seine Weise beschäftigt.
»Das ganze Bad hat er mir unter Wasser gesetzt«, behauptete Laura.
»Ihm kann man wohl keinen Vorwurf machen. Was erwartest du denn, wenn du einen vierjährigen Jungen mit einer vollen Wanne sich selbst überläßt.«
»Ich wische es gleich auf«, sagte ich nur.
»Bemüh dich nur nicht. Das habe ich bereits gemacht. Ist nicht sehr angenehm, mit dem dicken Bauch über den Boden zu kriechen und die Pfützen aufzuwischen, die dein Sohn hinterlassen hat.«
Mein Sohn! Es war das erste Mal, daß sie Danny als meinen Sohn bezeichnete. Als ob sie selbst keinen Anteil an ihm hätte. Danny starrte sie an, ebenso sprachlos wie ich. Doch im Gegensatz zu mir, fand er seine Stimme rasch wieder. Mit einem trotzigen Ausdruck hielt er Lauras Blick stand und erklärte ruhig:»Du hast mir gesagt, ich darf die Männer nicht bei der Arbeit stören, damit sie mit dem Schlafzimmer fertig werden. Du hast mir gesagt, ich muß Papa in Ruhe lassen, damit er schreiben kann. Und du hast dich auf mein Bett gelegt, da konnte ich nicht in meinem Zimmer spielen. Und draußen war es mir zu heiß. Meine Beine brennen. Ich habe sie nur ein bißchen mit dem Wasser abgekühlt. Und ich habe nur ein ganz kleines bißchen daneben geschüttet.«
Und Danny erhob sich, blieb noch einen Augenblick lang neben dem Stuhl stehen, den Blick immer noch auf Laura gerichtet.
»Ich wollte das Wasser aufwischen. Aber du hast gesagt, das ist deine Arbeit, sonst bekommst du Ärger mit Papa. Jetzt putze ich mir die Zähne und geh ins Bett.«
Gegen meinen Willen mußte ich lächeln. Sein Selbstbewußtsein konnte ihm wirklich niemand absprechen. Und für einen Vierjährigen war es stark ausgeprägt. Laura machte sich mit verbissenem Gesicht daran, den Tisch abzuräumen. Ich nahm mir ebenfalls ein paar Teller und trug sie hinunter in die Küche. Als ich die Stühle zurückbrachte, war Laura bereits beim Abwasch. An ihrem Gesichtsausdruck hatte sich noch nichts verändert. So zog ich es vor, die Küche gleich wieder zu verlassen. Das Schlafzimmer war zwar fertig tapeziert. Aber schlafen konnte man darin noch nicht. Unsere Matratzen lagen im zweiten Kinderzimmer. Ich legte mich gleich hin. Laura kam wenig später nach, kroch wortlos unter das dünne Laken, drehte sich gleich auf die Seite. Zum erstenmal, seit wir die Nächte zusammen in einem Zimmer verbrachten, schwiegen wir uns in den Schlaf. Mitten in der Nacht erwachte ich. Der Platz neben mir war leer. Ein Blick auf die Uhr, viertel nach zwei. Ich horchte, vielleicht war sie im Bad. Es passierte jetzt schon häufiger, daß sie auch nachts zur Toilette mußte. Während der ersten Schwangerschaft war das auch so gewesen. Deshalb dachte ich zuerst nicht weiter darüber nach. Ich versuchte, wieder einzuschlafen. Aber das gelang mir nicht. Im Haus war es so still, beunruhigend still. Nachdem ich einige Minuten lang gehorcht und auf das Rauschen von Wasser gewartet hatte, stand ich auf, um nach Laura zu suchen. Im Bad war sie nicht. Ein kurzer Blick in Dannys Zimmer. Er lag friedlich da und schlief. Ich schaute noch kurz in die anderen Räume, keine Spur von Laura. Dann ging ich ins Erdgeschoß hinunter. Ich fand Laura schließlich in der Dienstbotenkammer. Sie lag auf der Seite, die Beine leicht angezogen, das Gesicht in den Kissen vergraben, auf diesem völlig verstaubten Bettzeug und weinte. Zuerst bemerkte ich es nicht. Ich stand in der Tür, verdeckte mir selbst das Licht, fragte verständnislos:»Was, um alles in der Welt, tust du hier? Das Zeug ist so schmutzig, du kannst dich doch nicht in solch
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