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Das Geheimnis der Puppe

Das Geheimnis der Puppe

Titel: Das Geheimnis der Puppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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blätterte sie weiter. April, Mai, Juni. Im Juli dann eine kurze Notiz, die Laura zu einem kleinen Aufschrei veranlaßte.
    »Hör dir das an, Tom.«
    Nachdem sie sich mit einem kurzen Blick vergewissert hatte, daß ich aufmerksam war, las sie vor:»Sie haben es nicht weggeschafft, das weiß ich jetzt. Die Frauen stecken unter einer Decke. Tun so, als wäre nichts. Aber heute morgen habe ich es wieder gehört.«
    Laura schaute auf, murmelte:»Es.«
    Sie schaute mich nachdenklich an.
    »Was meint er mit es?«

    »Woher soll ich das wissen. Die Frauen stecken unter einer Decke. Das kann alles Mögliche bedeuten. Vielleicht haben sie über ihn geredet, und er hat es gehört.«
    Ein flüchtiges Grinsen huschte um Lauras Lippen.
    »Interpretation Nummer eins. Mehr fällt dir dazu nicht ein? Laß deine Phantasie mal ein bißchen spielen. Es, das kann ein Geräusch sein. Und wenn er schreibt ›wieder‹, heißt das, er hat es öfter gehört. Also, ein wiederkehrendes Geräusch.«
    Laura sprach geziert, als stehe sie vor einer Gruppe begriffsstutziger Pennäler.
    »Den ersten Satz dürfen wir natürlich nicht übersehen. Und nun zählen wir eins und eins zusammen. Eine schwangere Frau, die sich bemüht hat, ihren Zustand zu verbergen. Eine verzweifelte Frau, die sich den Leib schnürt. Das muß eine Tortur gewesen sein.«
    Plötzlich richtete Laura sich ein wenig auf.
    »Erinnerst du dich noch? Als ich mit Danny schwanger war, was hat sie mir da nicht für Vorträge gehalten, von wegen Leibschnüren und Schäden beim Kind. Soll ich dir was sagen?«
    Auf eine Antwort wartete Laura nicht. Sie nickte voller Genugtuung.
    »Elisabeth Steiner hat ein behindertes Kind bekommen. Er hat vielleicht verlangt, daß sie es weggibt. Aber das hat sie nicht getan. Sie hat es behalten. Sie hat es sogar vor ihm versteckt. Meine Mutter mußte sich darum kümmern. Und das geht ihr nicht aus dem Kopf.«
    Ich zuckte mit den Achseln.
    »Das ist reine Spekulation.«

    »Ist es nicht«, widersprach Laura heftig.
    »Das paßt alles zusammen, siehst du das nicht.«

    »Ich sehe nun«, sagte ich, »daß du dieses verdammte Buch da in den Müll schmeißen solltest. Selbst wenn du mit deinen Vermutungen richtig liegst, was ich nicht glaube, ist damit keinem Menschen mehr geholfen. Das alles ist dreißig Jahre her.«
    Laura wurde wütend.
    »Na und? Ich akzeptiere auch eine Ursache, die dreißig Jahre alt ist. Solange sie mich ein bißchen näher an die Tatsachen bringt. Aber mit Tatsachen kannst du nichts anfangen, nicht wahr? Du verkriechst dich lieber in deinen uralten Gängen, da mußt du wenigstens nicht sehen, wie es oben auf der Erde zugeht.«
    Zuletzt war sie immer lauter geworden. Ich wollte nicht mit ihr streiten. So fragte ich nur ruhig:»Bist du heute morgen mit dem linken Bein zuerst aufgestanden.«
    Laura warf mir einen kurzen Blick zu, zuckte kaum merklich mit den Schultern und klappte das Buch auf ihrem Schoß endlich zu.
    »Ich stehe seit Tagen mit dem linken Bein zuerst auf«, murmelte sie nach einer Weile.
    »Wundert mich, daß es dir jetzt erst auffällt. Im Moment kann ich mich selbst nicht leiden.«
    Ihr Ton war bereits etwas versöhnlicher. Noch einmal schaute sie mich kurz von der Seite an, seufzte leise.
    »Ich wollte nicht gemein werden, tut mir leid. Ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist. Vielleicht ist es nur diese blöde Werbekampagne. Früher hat mir meine Arbeit Spaß gemacht, jetzt sitze ich die halbe Zeit da und stöbere in Steiners alten Rechnungen. Ich hasse Milch in Flaschen. Sobald ich eine gezeichnet habe, muß ich sie zerreißen.«
    Da ich schwieg, sprach sie nach einigen Sekunden weiter.
    »Es hat mich zuerst gereizt, und ich dachte auch, ich komme dagegen an. Jetzt würde ich am liebsten alles hinschmeißen.«
    Im Lichtstreifen aus dem Wohnzimmer sah ich, daß sie wieder die Augen schloß.
    »Jeden Abend«, sagte sie leise, »kam sie mit ein paar Keksen und einer Milchflasche hinauf. Als ob ich sonst über Nacht verhungert oder verdurstet wäre. Und wehe, das Zeug stand morgens noch da. Ich konnte die Milch nicht mal ins Klo schütten. Ich hätte den Auftrag nicht annehmen dürfen. Ich hätte wissen müssen, daß mir dabei die Nerven durchgehen.«

    »Du hast die Zeichnung selbst ruiniert.«
    Es war eine Feststellung, aber ich hoffte, daß sie nach einer Frage klang. Lauras Kopf flog voller Entrüstung zu mir herum.
    »Hältst du mich für so bescheuert, ja? Und dann mache ich dem armen Danny Vorwürfe. Was

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