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Das Geheimnis der Puppe

Das Geheimnis der Puppe

Titel: Das Geheimnis der Puppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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ist, rufst du dort an«, sagte mein Vater, es war mehr ein Befehl. Und er zuckte mit den Schultern, als er erklärte:»Ich kann in solch einem Fall nicht sehr viel tun.«
    Danny war völlig konfus, wollte ebenfalls im Keller schlafen. Mit viel Überredungskunst und dem Versprechen, immer wieder zu ihm hinaufzukommen, schaffte ich ihn in sein Zimmer. Vater verabschiedete sich. Dann saß ich neben Laura. Es war nicht ersichtlich, ob sie meine Anwesenheit registrierte. Sie lag auf dem Rücken und schaute blicklos zur Decke. Es mag nach elf gewesen sein, als sie mir plötzlich das Gesicht zudrehte.
    »Bitte, Tom, laß mich alleine.«
    Ihre Stimme klang ruhig und gefaßt. Als ich nicht gleich das Zimmer verließ, fügte sie hinzu:»Du darfst mir nicht böse sein, Tom. Ich will dich nicht kränken oder zurückstoßen. Aber ich muß jetzt alleine sein. Sie war hier auch alleine.«
    Ganz wohl war mir nicht dabei, aber ich ging schließlich hinauf, schaute noch kurz nach Danny. Sein Kissen war feucht. Er hatte sich in den Schlaf geweint. Ich ließ die Tür seines Zimmers offen, ebenso die Tür unseres Schlafzimmers und legte mich so wie ich war auf das Bett. Ich war müde, mehr als das. Ich war erschöpft und dabei hellwach. Die Augen fielen mir immer wieder von alleine zu, doch das Gehör arbeitete wie eine überdimensionale Antenne. Jedes noch so feine Geräusch wurde aufgenommen. Hin und wieder ein leises Knacken irgendwo im Gebälk des Hauses. Der Wind, der draußen durch die Baumkronen strich. Aber das war nur Kulisse. Im Haus standen sämtliche Türen offen. Ich hörte sogar, wie sich in der Küche der Kühlschrank ein- und ausschaltete. In kurzen Abständen öffnete ich die Augen, mußte dazu fast Gewalt anwenden, warf einen Blick auf die Uhr. Die Nacht wollte kein Ende nehmen. Und ich hatte Angst um Laura, um das Baby, richtige Angst. Sie lag wie ein Bleigewicht auf Herz und Magen, preßte die Lungen zusammen und trocknete den Körper aus. Gegen vier kam ein neues Geräusch dazu. Von weit her drang ein verzweifeltes Schluchzen zu mir ins Schlafzimmer. Auf mich wirkte es wie eine Befreiung. Ich blieb reglos auf dem Rücken liegen, horchte angestrengt in die erste, fahle Dämmerung des Morgens. Eine Viertelstunde, eine halbe Stunde. Manchmal glaubte ich, zwischen den einzelnen Schluchzern ein sinnloses Stammeln zu erkennen. Einzelne verständliche Worte, wie das ohnmächtige
    »Mutti«, trieben mein Herz in schweren Stößen gegen die Rippen. Das Schluchzen verebbte langsam. Nach einer Weile hörte ich schlurfende Schritte, ein paar nur. Ich nahm an, daß Laura sich etwas aus der Küche geholt hatte. Dann wurde es still. Und ich dachte, daß sie jetzt vielleicht eingeschlafen sei. Um fünf hielt ich es nicht länger aus. Ich wollte Laura nicht belästigen oder stören. Ich wollte nur einmal nach ihr sehen. Und um sie nicht zu wecken, schlich ich auf Socken die Treppen hinunter. Schon auf den ersten Stufen zum Keller hörte ich sie reden, leise und für mich unverständlich. Als ich näher kam, wurde ihre Stimme etwas deutlicher.
    »Ich weiß, daß du mich nicht verstehen kannst«, sagte sie, »wenn du mich verstehen könntest, wäre vielleicht uns beiden geholfen. Ich will mich nicht bedauern, wirklich nicht. Ich mag Leute nicht, die sich selbst bemitleiden. Aber dich sollte ich bedauern, nicht wahr? Du bist ein armes Geschöpf. Ich weiß, wie das ist, wenn man nicht reden kann. Dann frißt man alles in sich hinein, und irgendwann hat man das Gefühl, daran zu ersticken. Kennst du dieses Gefühl? Ich bin sicher, du kennst es. Wir haben viel gemeinsam, wir beide. Ich hatte nie eine richtige Mutter. Und was ist mit dir.«
    Ich stand mitten auf der Treppe, lauschte dem seltsamen Monolog, hörte einen langgezogenen Seufzer. Dann sprach Laura weiter:»Du hast auch keine richtige Mutter, ich weiß. Aber was ist das überhaupt, eine richtige Mutter? Ich selbst gebe mir Mühe, eine gute Mutter zu sein. Die Leute sehen das vielleicht anders. Als Danny noch ein Baby war, war ich immer unterwegs. Ich dachte mir, das sei besser für ihn. Ich hatte Angst, daß ich es mit ihm sonst eines Tages so mache, wie meine Mutter es mit mir gemacht hat. Sie hat mich oft eingesperrt in meinem Zimmer. Sie wollte mich ganz für sich alleine. Ich durfte nicht lachen, ich durfte nicht weinen. Und Danny sollte ein normales Kind sein. Er wurde gut versorgt, Tom liebt ihn. Ein guter Vater ist ebensoviel wert wie eine gute Mutter. Was ist mit deinem

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