Das Geheimnis der Rosenkreuzerin
dagegen auf. Sie erhob sich abrupt, als wollte sie sich von einem unheilvollen Bann lösen. »Ich habe mit all diesen Dingen nicht das Geringste zu tun!«
»Ihr Großvater war der letzte Großmeister der Rosenkreuzer. Sie sind seine Erbin.«
»Dann schlage ich die Erbschaft eben aus!«
»Das geht leider nicht.«
»Aber ich weiß doch wirklich nichts!«
»Das sehen die fidawijja anders. Für sie sind Sie im Besitz des Buchs T.«
Gequält schrie Marta laut auf. Alles, was Alfonso da sagte, bedeutete das Todesurteil für ihre Kinder. Wenn er Recht hatte, dann wollten die Entführer etwas von ihr, das sie gar nicht besaß, was diese ihr aber nicht glauben würden. Weil sie angeblich die Erbin war.
»Sagen Sie denen, dass ich keine Erbschaft erhalten habe und auch keine annehmen werde! Das müssen die doch einsehen!«
»Erstens werden sie sich nicht an mich wenden, weil sie mich hoffentlich nicht kennen, und zweitens würden sie mir genauso wenig glauben wie Ihnen.«
»Dann gehe ich zur Polizei. Und Sie kommen mit und werden alles bezeugen.«
Alfonso lächelte schief. »Ich fürchte, die werden mir auch nicht glauben.«
»Warum nicht?«
»Das tut nichts zur Sache.«
»Sind Sie Rosenkreuzer?«
»Das dürfen Sie mich nicht fragen. Ich müsste Sie belügen, wenn ich Ihnen die Wahrheit sage und wenn ich Ihnen die Wahrheit sage, würde ich sie belügen. Denn Sie müssen wissen: Diejenigen, die von sich behaupten, sie wären Rosenkreuzer, lügen, das sind Betrüger und Scharlatane. Diejenigen aber, die es abstreiten, könnten dem Rosenkreuz angehören. Verstehen Sie?«
»Warum müssen meine Kinder unter all dem leiden?«
»Das bedaure ich sehr. Wenn ich es hätte verhindern können, hätte ich es getan. Ihre Kinder sollten nicht in diesen Kampf hineingezogen werden, vielleicht nicht einmal Sie, obwohl Sie die Erbin sind.«
»Was für ein Kampf?«, fragte sie dumpf, während sie sich wieder in ihren Korbsessel fallen ließ.
»Den Kampf der geheimen Bünde um Macht und Herrschaft.«
Marta hielt sich die Ohren zu. Er verstummte und wartete.
»Was kann ich tun, um meine Kinder wiederzube kommen?«
»Wir müssen finden, wonach sie suchen, und es ihnen geben. Dann bekommen Sie Ihre Kinder zurück. Glau ben Sie mir, die haben kein Interesse, Blut zu vergießen.«
Sie war unsicher. Durfte sie ihm glauben? »Würden die denn überhaupt mitbekommen, wenn ich die Polizei verständigte?«, wollte sie wissen.
»Fragen Sie sich besser selbst, ob der dicke Polizist in der Lage wäre, geräuschlos zu ermitteln – vorausgesetzt, er glaubt Ihnen überhaupt.«
»Wieso sollte er nicht?« Im Grunde kannte sie die Antwort.
»Glauben Sie denn an die Geschichte?«
»Habe ich eine andere Möglichkeit? Wo fangen wir mit der Suche an?«
Kapitel 10
D ie Vorstellung, in der großen Villa nach einem so kleinen Buch zu suchen, machte Marta mutlos. Sie würden Tage brauchen, und ihr blieben doch nur knapp 24 Stunden. Alfonso beruhigte sie, dass es nicht um irgendein winziges Geheimversteck für ein Büchlein ging, sondern um einen verborgenen Raum, eine Art Tempel oder Gruft.
»Ich muss jetzt hoffentlich nicht befürchten, dass Ihre Fantasie mit Ihnen durchgeht?«
»Haben Sie schon einmal etwas von der Fama Fraternitatis gehört, einem der Manifeste der Rosenkreuzer?«
Ihr Blick sprach Bände.
»Das erste Rosenkreuzer-Manifest heißt: Allgemeine und General REFORMATION der gantzen weiten Welt. Beneben der FAMA FRATERNITATIS Deß Löblichen Ordens des Rosen kreuzes / an alle Gelehrte und Häupter Europae geschrieben . In dieser Schrift wird unter anderem, leider nur sehr grob, die Biographie von Christian Rosenkreuz erzählt, vor allem über seine Herkunft und seine große Reise durch den Orient. Außerdem wird in der Fama auch die Grabkammer beschrieben und vor allem der Ort, an dem wir das Buch finden können.«
»Halt, halt, halt! Man muss doch nicht eine Geheimkammer bauen, um ein Buch zu verstecken!«, wandte sie ein.
Alfonso lächelte. »Richtig, aber es handelt sich um eine Gruft, in der sich vielerlei befindet. Sie stellt ein Abbild der Welt mit all ihren Geheimnissen dar und beherbergt viele überraschende und wertvolle Dinge, darunter eben auch das Buch.«
Für einen kurzen Moment kam ihr der Verdacht, dass er ihr nicht wegen der Kinder oder des Buches half, sondern in Wahrheit ein Schatzjäger war. Aber das brachte sie auch nicht weiter, und so schaute sie ihn nur ratlos an.
»Dann auf in den Keller, denn dort
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