Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
halb so spannend. Nun denn, ich werde aber deiner Bitte nachkommen und mich für deinen – wie soll ich sagen – Zögling?«
Maurus nickte.
»Also für deinen Zögling einsetzen. Sollte es hier nicht funktionieren, so werde ich ihn mit nach Mechelen nehmen, vorausgesetzt, seine Mutter ist damit einverstanden, und würde dann höchstpersönlich für seine Ausbildung sorgen.«
»Das würdest du wirklich tun?«
Jean Bolland nickte Maurus zu.
»Ich wusste, dass du ein wahrer Freund bist. Ich danke dir. Lass mich wissen, was seine Ausbildung insgesamt kostet. Ich werde dir jedes Jahr den erforderlichen Jahressalair zukommen lassen.«
»Ich denke, dann sind wir uns über die Ausbildung dieses Jungen einig«, beschloss Jean Bolland das Gespräch. Dann blickte er Maurus ernst an.
»Sag mal, alter Freund, das war doch gewiss nicht alles, was dir auf der Seele liegt?«
»Nein, da hast du völlig Recht, Jean. Ich kann dir auch gar nichts vormachen. Das heißt, das will ich auch gar nicht. Sag mal, hast du schon mal etwas von einem Evangelium nach Maria Magdalena gehört?«
Jetzt wich nun auch der letzte Rest der anfänglichen Heiterkeit aus dem Gesicht Jean Bollands, der Maurus nun todernst anblickte.
»Was hast du mit dieser verflixten Ketzerschrift zu tun, Maurus?«
Bollands Augen wurden starr und seine Stimme klang eisig. Maurus erschrak.
»Nichts, Jean. Ich habe nur davon gehört, als ich in diesem Kloster war.«
»Ich dachte, man hätte diese alten Geschichten endlich vergessen«, seufzte Jean Bolland. »Aber offenbar will das Böse nicht ruhen und sucht immer neue Mittel und Wege, ans Licht zu kommen. Maurus, mein Freund, diese Geschichten über ein angebliches Evangelium nach Maria Magdalena sind nichts anderes als ein Machwerk des Antichristen, ein Blendwerk, ein giftiger Stachel, der guten Christen ins Herz gepflanzt werden soll, um es zu vergiften. Es ist eine Gefahr für die ganze Welt, die gesamte Christenheit und die heilige Mutter Kirche.«
»Hm, und was haben die Rosenkranzbruderschaften damit zu tun?«, fragte Maurus nachdenklich.
»Die Rosenkranzbruderschaften, du meinst die confratria psalterii D. N. Jesu Christi et Mariae Virginis, dieeinst vom großen Alanus de Rupe begründet wurden. Nach ihm hat die heilige Mutter Gottes höchstselbst dem heiligen Dominikus den Rosenkranz überreicht.«
»Er hat sehr wohl Großes dazu beigetragen, den Glauben der Menschen an Gott, die heilige Mutter Kirche und die unbefleckte Empfängnis der heiligen Gottesmutter Maria zu festigen. Auch ihm waren jene Gerüchte um ein angebliches Evangelium nach Maria Magdalena zu Ohren gekommen. Man stelle sich vor, das Evangelium einer Prostituierten! Doch er ließ sich nicht beirren in seinem Glauben an die wahre Gottesmutter und wies den Irrglauben, eine Hure sei die Begründerin eines göttlichen Geschlechts, in seine Schranken. Doch es gab andere, die nicht so liberal dachten wie Alanus de Rupe, und so begründete sich eine weitere geheime Rosenkranzbruderschaft, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Glauben an die unbefleckte Empfängnis der heiligen Jungfrau Maria unter allen Umständen zu schützen.«
»Ich verstehe, Jean. Wer sind diese Männer?«
»Es sind nicht nur Männer, denn in den Rosenkranzbruderschaften findet jeder Aufnahme, egal ob Mann ob Weib. Es sind mächtige Fürsten und Edelleute, hohe kirchliche Würdenträger, Kardinäle, Äbtissinnen, aber auch einfache, besonders gläubige Mitglieder der Gemeinschaft, die unerkannt im Geheimen operieren.«
Maurus schluckte, dachte augenblicklich an seine eigenen Abenteuer.
»Schön und gut, Jean, doch erkläre mir bitte, wer könnte Interesse daran haben, solche Irrlehren zu verbreiten?«, wollte Maurus scheinbar belanglos wissen.
»Mein Freund, du hast doch gewiss schon mal etwas von den Rosencreutzern gehört?«, raunte Jean geheimnisvoll.
»Ja, ein nicht zu fassender geheimer Orden, der sich mit der Verbreitung esoterischer Lehren befasst«, antwortete Maurus gelassen und scheinbar gleichgültig. Er spürte, dass die Unterhaltung eine fatale Wende nahm. Er wollte vorsichtig sein, Liebknechts Warnungen kamen ihm plötzlich in den Sinn, er durfte niemandem trauen!
»Mein lieber Maurus, die Rosencreutzer entwickeln sich zum schlimmsten Feind der römisch-katholischen Kirche, zum schlimmsten Feind der gesamten Christenheit. Sie sind es, die diese esoterischen Irrlehren verbreiten und eine Hure als ihre Himmelskönigin anbeten. Sie haben in ihrer confessio
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