Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
Bleisalze verwendet. Über Dämpfe und Stäube, die man einatmet, gelangt es in den Körper und vergiftet diesen langsam. Ein schleichender Tod, der oft von Wahnvorstellungen begleitet wird, die durch die Vergiftung ausgelöst werden.«
»Nein, so etwas ist mir nicht bekannt. Im Gegenteil! Er schien eine robuste Natur zu haben, klagte nie über irgendwelche Erkrankungen«, antwortete Abela.
»Und wie kam es, dass er Malta wieder verlassen musste?«, fragte Matthias.
»Ich sagte ja schon, er hatte einen trüben Charakter. Schon wenige Wochen nach seiner Erhebung in den Ritterstand kam es zu einer Rauferei mit einem Offizier. Caravaggio prügelte den Mann fast zu Tode. Vier Wachsoldaten waren erforderlich, den rasenden Berserker zu bändigen.«
»Wisst Ihr, wie es zu dem Streit kam, Exzellenz?«, hinterfragte Matthias. Der Vizekanzler schüttelte den Kopf.
»Nicht genau. Ich hörte nur, dass Caravaggio betrunken war und sich über Großmeister Alof de Wignacourt lustig gemacht haben soll.«
»Inwiefern? Hat er ihn beleidigt?« Gespannt schaute Matthias den Vizekanzler an. Auch in Theophils Gesicht war die Anspannung zu sehen.
»Wie ich hörte, nannte er ihn einen Komödianten und einen Hochstapler vor den Augen des Herrn .«
»Aber dafür muss er doch Gründe gehabt haben!?«, stellte Matthias fest.
»Sagtet Ihr nicht selbst, dass er vielleicht krank war und dadurch an Wahnvorstellungen litt? Ich meine, das wäre doch möglich?« Abela schwitzte stärker, schon wieder wischte er sich den Schweiß aus dem Gesicht.
»Ihr schwitzt, obwohl es hier in der Kirche angenehm kühl ist. Ich habe den Eindruck, Ihr verschweigt etwas. Es waren keine Wahnvorstellungen. Caravaggio wusste etwas über Euren Großmeister.« Matthias blickte den Vizekanzler scharf an.
»Der Heilige Vater erwartet Antworten, Exzellenz. Ihr wäret wohl beraten, uns die volle Wahrheit zu sagen. Oder wollt Ihr riskieren, vor das Heilige Offizium treten zu müssen?«, fügte der Pater hinzu.
»Heiliges Offizium? Aber, Pater, Commissarius. Ich habe doch nichts gesagt oder getan, was Gott verleugnen könnte, so wie dieser, dieser…« Plötzlich hielt Giovanni Francesco Abela inne, blickte verzweifelt zwischen Pater Theophil und Matthias hin und her.
»Wer hat Gott verleugnet, Exzellenz?«, hakte Matthias mit ruhiger Stimme nach.
»Oh Gott, Antoine de Paule wird mich umbringen. Nie, niemals sollte jemand davon erfahren. Und jetzt kommt Ihr und ich plaudere es heraus, wie ein dummes Kind.«
Abela raufte sich sein dünnes Haar.
»Er wird höchstens etwas erfahren, wenn Ihr nicht die volle Wahrheit sagt. Also, sprecht!«, forderte Matthias eindringlich.
Erneut putzte Abela sich den Schweiß ab. Dann blickte er zum Altar und murmelte ein kurzes Gebet.
»Ich weiß wirklich nichts genaueres, das müsst Ihr mir glauben. Aber es muss mit einem Fund zu tun haben, den Caravaggio machte. Eines Abends belauschte ich ungewollt ein Gespräch, das Großmeister Alof de Wignacourt mit einem Fremden führte. Ich konnte nicht alles verstehen. Nur so viel, dass es um einen Fetzen Papier ging. Eine Brandschrift, die die gesamte Christenheit in Aufruhr versetzen, den wahren Glauben, die wahre Lehre Christi in Frage stellen würde. Die habe Caravaggio angeblich gefunden. Damit hatte er Wignacourt gedroht, ihn beschimpft, denn er würde doch auch die Wahrheit kennen. Ich habe dann nur noch verstanden, dass man diesen Ketzer wegsperren müsse, dass er eine Gefahr sei. Mehr weiß ich nicht, das schwöre ich vor Gott dem Allmächtigen.«
Matthias und Pater Theophil sahen sich vielsagend an.
»Das war der Grund, warum man Caravaggio einsperrte, nicht wahr?«, forschte Matthias weiter.
»Ja, man behauptete, dass er es selbst geschrieben habe, um damit die Welt zu vergiften. Der Teufel selbst habe es ihm in die Feder diktiert. Inzwischen hatte man ja auch aus Rom erfahren, dass Caravaggio dort wegen Mordes gesucht wurde. Wignacourt plante, ihn auszuliefern. Er wollte ihn als Häretiker und Verbündeten des Teufels entlarven. Als Dank erhoffte er Roms erhöhte Aufmerksamkeit, um so die Macht des Ordens zu stärken.«
»Welch edlen Absichten«, stellte Matthias sarkastisch fest.
»Er tat es nicht für sich«, verteidigte Abela Wignacourts Absichten.
»Ja, ja. Beruhigt Euch schon, Exzellenz. Eine Frage noch, wie konnte Caravaggio eigentlich entkommen?«
»Das war eine ganz merkwürdige Geschichte«, raunte der Vizekanzler geheimnisvoll. »Man fand die Zelle eines Tages
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