Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
beteten unentwegt vor dem Altar oder halfen Verwundeten in ihrer Not. Krachend flog das Hauptportal der Kirche auf und Kriegsknechte und Ritter des Kreuzfahrerheeres drangen ein. Alle metzelten sie nieder: Männer, Frauen, Kinder, sogar vor den katholischen Priestern machten sie keinen Halt. Keine Seele wurde verschont.
Schließlich entdeckte ich meinen späteren Herrn und Freund Heinrich von Sayn, der als einer der Letzten in die Kirche stürmte. Ich eilte zu ihm und suchte Schutz hinter seinem Schild, welchen er mir auch unwirsch gewährte.
An seiner Seite erlebte ich dann, wie die Letzten der noch Lebenden von den Rittern und Kriegsknechten erschlagen wurden. Immer wieder brüllte mein Herr: Oh Gott, warum muss ich das hier tun? Und dennoch vollführte er das grausame Werk und tötete einen nach dem anderen. Ich empfand währenddessen große Furcht. Würde er auch mit mir so verfahren?
Da sah ich eine schwerverletzte Frau, sie winkte mich schwach zu sich heran.
„Mein Junge, nimm meine Tochter und behüte sie. Schütze sie vor der Bestie!“, sprach sie mit letzter Kraft.
Bringe sie nach Rhedae, in die Kirche von Saint Madeleine!“ So sprach sie und ich tat so.
An diesem Tage wurde ich zum Manne. Ich musste Sophia, die Tochter Walerans retten, sie beschützen.
Matthias starrte auf das Papier.
Das kann unmöglich wahr sein, flüsterte er leise.
Kapitel 12
Deutsches Haus in Coblentz
Coblentz, Mai a. d. 1626
»Herein«, rief Adolf von dem Bongart, als es an der Tür des schlichten Audienzzimmers in der Komturei des Deutschen Ordens in Coblentz klopfte. Die Komturei war das Verwaltungszentrum der Deutschordensballei Coblentz. Sie war weiß gestrichen und von einer hohen Mauer vollkommen umschlossen. Das hofartige Gebäude befand sich neben der Basilika Sankt Kastor, direkt an der Mündung der Mosel in den Rhein. Ein Dominikanermönch trat ein
»Ach Ihr seid es, Padre, seid willkommen.«
Der Dominikaner mit dem pechschwarzen Haar verbarg sogleich seine Hände wieder in den weiten Ärmeln seines Habits.
»Ich grüße den Komtur der Deutschordensballei Coblentz«, antwortete der Mönch mit deutlich spanischem Akzent sehr zurückhaltend.
»Ich freue mich, dass unsere Orden einer Meinung sind und wir gemeinsam Gott und der katholischen Kirche dienen.«
»Nun, Javiar de Rioja, es war dem deutschen Ritterorden immer schon ein Ansinnen, gottgefällig der katholischen Kirche zu dienen. Vergesst nicht, dass wir uns ganz bewusst von den Templern separierten. Die Templer haben ja dereinst ein unrühmliches Ende genommen. Und viele Johanniter sind ja bekanntlich zu den Protestanten übergelaufen. Eine unumstößliche Tatsache, die aber nicht auf den Deutschen Orden zutrifft. Mit Fug und Recht darf ich behaupten, dass der Deutsche Ritterorden der katholischste aller Orden ist.«
Der spanische Dominikaner hob beschwichtigend seine Rechte und wurde etwas freundlicher.
»Verzeiht, ich wollte Euch nicht beleidigen, Adolf von den Bongart. Ich wollte meiner Freude Ausdruck verleihen, dass unsere beiden alten Ordensgemeinschaften ein gemeinsames Ziel verfolgen, wenn ich auch zugeben muss, Eure Taktik nicht ganz zu verstehen.«
Erleichtert lächelte Adolf von den Bongart.
»Setzen wir uns doch«, forderte er seinen Gast auf. »So werde ich es Euch gerne erklären. Kurfürst Ferdinand von Cölln genießt in Rom ein hohes Ansehen, schließlich hat er das Rheinland zurück in den Schoß der heiligen Mutter Kirche geführt und weitestgehend von Protestanten befreit. Dennoch gibt es Anlass zur Klage über ihn, so seine Praxis der Hexenverfolgungen. Diese stoßen bei Kaiser und Papst auf großen Widerstand. Durch die Einstellung seiner Hexenkommissare hat der Kurfürst einen sehr starken Polizeiapparat geschaffen. Sowohl die Dominikaner als auch die Deutschordensritter sind durch einen weiteren widrigen Umstand im Nachteil. Kurfürst Ferdinand vertraut zunehmend den Jesuiten. Er schart diese Vertreter der Gesellschaft Christi immer zahlreicher um sich. Ohne die Jesuiten kommt man kaum noch an den Kurfürsten heran. Man muss sie daher in Misskredit bringen und so dem Kurfürsten bedeuten, dass er den falschen Leuten vertraut. Der Deutsche Orden und auch die Dominikaner sind hinsichtlich ihrer Treue zur katholischen Kirche über alle Zweifel erhaben.«
»Doch dies sind die Jesuiten auch«, warf der Mönch ein.
»Gewiss, noch! Aber stellt Euch vor, die Mission dieses Maurus van Leuven scheitert Das Vertrauen des Kurfürsten
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