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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
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zumindest funktionieren, aber irgendwie blieb der eine oder andere Überrest doch immer hängen. Ihre Narben waren dafür Beweis genug. Das Neue überwucherte schließlich das Alte, jedoch nie glatt und perfekt.
    Aber wie zum Teufel war Dee überhaupt an den Brief gekommen, überlegte Jo. Sie sah auf, als Claire in den Raum gestürzt kam. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen und bleiche Wangen, so als hätte sie gerade eine Schlacht miterlebt. »Es ist ein Junge, dreitausendvierhundertfünfzig Gramm und kerngesund, aber Dee geht es dreckig. Die haben einen Kaiserschnitt gemacht, und sie hat viel Blut verloren, aber so langsam kommt sie wieder zu sich. Willst du sie sehen?«
    »Ich bin in einer Minute da«, versprach Jo und versuchte, sich wieder auf das gegenwärtige Drama einzustellen.
    »Okay, aber beeil dich.« Claire wollte so unbedingt wieder an Dees Seite zurückkehren, dass sie Jos abwesende Miene gar nicht bemerkt hatte, und vielleicht war das auch besser so, dachte Jo. Wieder zu Hause würde sie Idas Brief als Erstes in den Müll werfen, wo er hingehörte, aber eins nach dem anderen. Sie hatte da ein paar dringende Fragen.
    »Claire«, fragte sie, »trägst du die Perle eigentlich immer?«
    Verwirrt fuhr Claire im Türrahmen herum. »Was?«
    »Die Kette mit der Perle, die früher Ida gehört hat. Hast du die um?«
    Claire runzelte die Stirn. »Warum zum Teufel willst du das denn wissen?«
    Aus einer Intuition heraus zog Jo den Brief aus der Tasche. »Als ich Dee gefunden habe, hatte sie den hier bei sich.«
    Claire erbleichte und wandte den Blick von ihrer Schwester ab.
    »Weißt du, wo sie den herhat?«, fragte Jo.
    Claire schürzte die Lippen. »Ich hab ihn gefunden. Als ich letztens im Turner-Haus war.« Ihre Stimme war jetzt ganz leise.
    »Hast du ihn gelesen?«
    Sie wurde noch blasser und sog den Atem ein. »Und du?«
    »Ja«, sagte Jo, ohne zu erläutern, wann das gewesen war. Bevor Jo sie aufhalten konnte, hatte Claire bereits die Hand ausgestreckt und nach dem Brief gegriffen, den Umschlag einmal gefaltet und in die Tasche ihres Pullovers geschoben.
    »Lass uns nicht jetzt darüber reden«, bat sie. »Nicht hier. Außerdem denke ich, dass wir uns langsam mal auf die Zukunft konzentrieren sollten und nicht immer nur auf die Vergangenheit, oder?« Sie lächelte strahlend. »Na ja, immerhin wartet nebenan doch ein Baby mit seiner kranken Mutter auf uns, und um die müssen wir uns kümmern.«
    »Aber genau darum geht es mir ja«, antwortete Jo. »Du hast gesagt, es ist ein Junge. Was, wenn ihm genau das Gleiche zustößt wie Henry? Du weißt, was Jungen bei uns in der Marsch so alles passieren kann.« Und was, wenn Whit für ihn eine Gefahr darstellt, hätte Jo beinahe noch hinzugefügt, verkniff es sich aber. Würde Whit wirklich so weit gehen, für ihr Land seinen eigenen Sohn zu opfern, ein Kind, das sowieso niemals seinen Namen tragen sollte?
    Claire schnaubte. »Das sind doch Ammenmärchen. Also, kommst du jetzt? Schau dir das Baby an.«
    Jo folgte ihr und versuchte, das Gefühl abzuschütteln, dass Claire mehr über ihre eigene Vergangenheit wusste als sie selbst.
    Als sie Dees Zimmer schließlich erreichten, war der Säugling gewickelt, blinzelte mit seinen braunen Seehundaugen und lutschte am kleinen Finger seiner Mutter.
    »Oh, er ist einfach perfekt«, gurrte Claire und zog die Ecke der Decke zurück. »Darf ich ihn mal halten?« Dee überließ ihr Jordy zwar, aber nicht so bereitwillig, wie Jo es eigentlich erwartet hätte. Claire musste ihn ihr geradezu entreißen. Als ob Dee in dem Moment, in dem sie Jordy zur Welt gebracht hatte, selbst wieder zum Leben erwacht war. Ihre Augen zeigten einen ganz neuen fiebrigen Glanz, und obwohl sie so erschöpft war, dass sie sich kaum bewegen konnte, schien jeder ihrer Muskeln auf Jordys winzige Finger und Zehen ausgerichtet zu sein. Setzten Muttergefühle wirklich so schnell ein, fragte sich Jo, als sie Claire mit dem Baby beobachtete, und war das wohl bei jeder Frau so?
    Claire ging zu Jo hinüber. »Hier. Nimm ihn doch auch mal.« Sie legte das komplizierte Bündel aus Decke und Baby in die Krümmung von Jos gutem Arm. »Ist er nicht zum Anbeißen?« Bei dieser Beschreibung ihres Sohnes blickte Dee alarmiert auf, als könnte Claire Jordy tatsächlich mit Haut und Haar verschlingen, aber das bemerkte Claire gar nicht. Sie strich dem Kleinen mit dem Finger über die Wange und lachte, als er den Mund aufmachte. »Er hat Whits Augen«, sagte sie. Stille

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