Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
Vom Netzwerk:
wusste, dass ihre Mutter Mr Upton genötigt hatte, das Zeug überhaupt zu führen. Mama hatte ihr die Geschichte früher zum Einschlafen erzählt – wie er zunächst abgelehnt, dann aber seine Kunden verloren hatte, und wie schließlich das Fleisch ohne jeden Grund verdarb, seine Produkte schlecht wurden und verrotteten.
    »Wenn du dich gegen das Salz stellst«, verkündete Mama durch ihre schiefen gelben Zähne, »wird es den Kampf aufnehmen. Denk immer daran, mein Mädchen.« Dann sah Claire dabei zu, wie ihre Mutter ihre Bettdecke glattstrich. Ihre Hände waren wie zwei weiße Spinnen, und auf einmal begann Claire zu zittern, so dass Mama ihr noch eine weitere Decke holen musste.
    Entschied Claire damals schon, dass sie nichts mehr mit dem Salz und seinen wundersamen Auswirkungen zu tun haben wollte, oder kam das erst nach ihrer Hochzeit und nach einer Reihe von Verlusten, die so verworren waren, dass selbst sie anfing, an das Schicksal zu glauben? Jetzt, wo sie Whit geheiratet hatte, war ohnehin alles egal. Die schlimmsten Sünden, die man sich vorstellen konnte, hatte sie ja bereits begangen. Sie hatte mit einer einzigen unachtsamen Handbewegung die Scheune niedergebrannt und damit das Leben ihrer Schwester für immer verändert, und dann hatte sie sich von Jo und ihrer Mutter abgewandt. Ihre furchtbarsten Sünden waren allerdings diejenigen, die sie im Namen der Liebe begangen hatte. Sie hatte sich den Jungen, der ihr doch alles bedeutete, aus dem Herzen gerissen und sich eingeredet, dass es nur zu ihrem Besten sei.
    Und die Sünde tat genau das – sie riss die Menschen in Stücke, von denen das eine das andere nicht wiedererkannte.
    Es stimmte, Claire hatte das Gut verlassen, aber das war noch nicht alles. Sie hatte Whit Turner geheiratet, aber nicht aus Liebe und Zuneigung. Ihr unstillbarer Durst hatte sie dazu getrieben, und nun stellte sie sicher, dass das restliche Prospect mit ihr dürstete.
    Durch die von Claire in die Welt gesetzten Gerüchte hatte Mr Upton mit einem Mal Schwierigkeiten, das Gilly-Salz loszuwerden, und beinahe augenblicklich tauchten Fliegen auf und kreisten um seine Fleischtheke. Ende des Monats war er schließlich so weit, dass er nur noch Fertigprodukte anbot. Er baute ab und ergraute, und wenn Jo mit ihrem Salz vorbeischaute, winkte er nur resigniert ab. »Diese Woche nicht«, murmelte er und schob sie zur Tür hinaus. »Aber vielleicht bald.«
    In Mr Hoppers Lokal verschwanden die Schälchen mit dem Salz auf Bitten der Einheimischen, die plötzlich wegen des Natriumgehalts besorgt waren, von den Tischen und nach ein paar Jahren lockte nicht einmal mehr das Versprechen von Essen zum halben Preis Gäste an. Und jedes Mal, wenn wieder ein Geschäft den Bach runterging, verbannte ein weiterer Haushalt das Salz.
    Nur unten im Hafen war es noch immer willkommen. Ohne das Salz würde man die Anlagen dort im Winter nicht mehr betreten können, weil alles zugefroren wäre, und die Fische würden schon auf dem Meer verderben und unverkäuflich werden. Die Fischer folgten dem Vorbild von Chet Stone und seinem mürrischen Bruder Merrett und kauften jeden Monat ein paar Kisten Salz. Damit hielten sie Jo – und so auch den Rest der Stadt – über Wasser.
    »Jemand muss das Zeug doch benutzen, um kein Unglück über uns zu bringen«, winkte Chet jedes Mal achselzuckend ab, wenn Jo sich bei ihm bedanken wollte. »Die anderen wollen nicht? Gut, dann übernehmen wir das eben.«
    Das ärgerte Claire, als sie davon erfuhr. Sie konnte einfach nicht verstehen, welche Macht die Marsch über die Stadt hatte. Selbst Whit war vom Salzmoor besessen, fragte sie von Zeit zu Zeit, ob ihre Mutter ein Testament verfasst hätte und ob sie darin bedacht wäre. Und als ihre Mutter etwa ein Jahr nach ihrer Hochzeit verstarb und das ganze Gut Jo vermachte, da war Whit rasend vor Wut gewesen.
    »Wen schert das schon?«, hatte Claire gefragt. »Du hast mich doch aus der Marsch fortgeholt, weißt du noch? Was willst du jetzt bloß damit?«
    Seine Antwort hatte ihr nicht gefallen. Genauso wenig, wie ihr all die Angebote passten, die er Jo in den nächsten Monaten unterbreitete, um die Marsch zu kaufen. Claire war jedes Mal erleichtert, wenn ihre Schwester ablehnte, denn sie wollte die Bürde der Marsch wirklich nicht auf sich nehmen. Sie hätte schwören können, dass es damit jeden Tag ein bisschen mehr bergab ging, und das war ihr nur recht. Um ehrlich zu sein, sogar mehr als das. Wenn sie die Marsch nicht mit

Weitere Kostenlose Bücher