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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
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lief es immer so ab, dass Ida sich damals umdrehte und hinter sich Hamish Turner entdeckte, der am Tresen lehnte und seine importierte Seidenkrawatte gerade genug gelöst hatte, um damit eine gewisse Ruchlosigkeit anzudeuten. Hamish war der reichste und attraktivste Mann in Prospect. Er raste gern in einem Höllentempo die Bank Street entlang, prellte im Imbiss die Zeche und bekam dafür niemals Ärger. Ida klimperte mit den Wimpern.
    »Ich bin hundertprozentig am Ende«, schnurrte sie, streckte die Hand aus und dachte dabei: Aber nicht mehr lange . Und dann kaufte sich Hamish mal eben für den Preis eines Glas Whiskeys mit Eis eine Frau.
    Sobald die Tinte auf der Heiratsurkunde getrocknet war und Ida endlich Geld hatte, begann sie, es mit vollen Händen auszugeben. Paradoxerweise wurde sie immer dünner und spitzer, während sie links und rechts immer mehr Land am Kap erwarb. Sie fügte dem bereits klobigen Turner-Haus einen weiteren Anbau hinzu und erneuerte das Innere mit so opulentem Brokat, dass die Hausmädchen, die dort saubermachten, davon Migräne bekamen. Jo und ihre Mutter hörten, wie sie sich in Mr Uptons Laden darüber beklagten. Ida bevorzugte hübsche junge Polinnen, die sie aus Manhattan kommen ließ, oder tief in ihrer Tradition verwurzelte irische Mädchen aus der Arbeiterklasse, die man für sie in Südboston rekrutierte.
    »Auf dem Beistelltisch steht so viel Tafelsilber wie in König Salomons Minen«, stöhnte eins der Hausmädchen und griff nach einer Dose Silberpolitur. »Sieh dir doch nur mal an, wie meine Hände aussehen.«
    »Hör bloß auf«, entgegnete eine andere mit breitem slawischem Akzent und warf ihre Zöpfe nach hinten. »Letzte Woche hab ich die Teppiche aus der Bibliothek zwei Tage lang von Hand ausgeklopft, und danach hat ausgerechnet Mrs Turner trotzdem eine Spinne darin gefunden. Mir tun so die Arme weh, ich kann sie kaum noch hochheben.«
    Bei diesen Klagen schnaubte Jos Mutter bloß und hastete vor sich hin brummelnd zur Kasse. Eines Tages machte sie den Mund jedoch etwas weiter auf. »Ida Turner könnte ihre Initialen in jede Tür von Prospect brennen«, fauchte sie und knallte die Dosen mit Kondensmilch auf Mr Uptons Tresen, »die Salt Creek Farm kriegt sie trotzdem nicht.«
    Noch bevor Jo sich auf die Zunge beißen konnte, hatte sie auch schon eingeworfen: »Aber Whit hat doch gesagt, dass seine Mutter uns die Marsch gar nicht wirklich wegnehmen will.«
    Mama erbleichte und sah rasch zu ihr hinüber. Dann wurde ihr Blick wieder sanfter, und sie reichte Jo einen der Einkaufsbeutel. Jo umschlang die Tüte mit beiden Armen und marschierte schnell los, um mit ihrer Mutter Schritt zu halten, die schon wieder durch die Tür eilte und den Heimweg antrat. Irgendwie, dachte Jo, vollbrachte ihre Mutter alles mit dem Zorn einer Frau, die gerade Zwiebeln hackt.
    »Mal abgesehen davon, dass sie darauf aus ist, unser Land aufzukaufen, warum hasst Ida und du euch eigentlich so sehr?«, wollte Jo wissen. Sie wusste, warum sie Ida nicht mochte. Sie war gemeiner als eine Natter mit Giftzahn, nahm Whit die Süßigkeiten weg, die Jo mit ihm teilte, und verpfiff diejenigen bei Pater Flynn, die während der Messe geredet hatten. Aber das waren Dinge, die Kinder störten. Der wechselseitige Hass zwischen ihrer Mutter und Ida loderte zwar schnell auf, war aber auch tief verwurzelt, das wusste Jo. Er lauerte in der Tiefe wie die Strömungen im Meer, ganz unten, wo Kreaturen mit Fangarmen hausten, an einem Ort, den nur wenige Menschen je zu Gesicht bekamen. Ihre Mutter schluckte den Köder aber nicht.
    »Ich hasse Ida doch nicht«, behauptete sie und setzte dabei ein Lächeln auf, das Jo ihr nicht einen Moment lang abkaufte. »Dafür weiß ich viel zu viel über sie. Aber in einem sind wir beide uns einig: Du und Whit, ihr müsst euch voneinander fernhalten. Und eins sage ich dir von Frau zu Frau, Jo: Wenn ich mitkriege, dass Whit dich auch nur mit dem kleinen Finger anrührt, dann bekommst du von mir eine Abreibung, nach der du ihn nicht einmal mehr ansehen willst.«
    Jo folgte dem feuerroten Schopf ihrer Mutter die Veranda hinauf, wo Mama mit harten Schritten das weiche Holz entlangstampfte. Mit diesen Worten hatte ihre Mutter ihrer Ältesten zum ersten Mal zugestanden, dass sie langsam zur Frau heranreifte, und Jo platzte beinahe vor Stolz.
    Aber Hochmut kommt ja bekanntlich vor dem Fall – das braucht man kaum zu erwähnen –, und in diesem Moment tat sich der erste Riss in dem Schutzwall

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