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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
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beschäftigt war, lief Claire in der Bücherei von Prospect die Regale ab und las diese Stücke selbst, häufte die Worte auf ihrer Zunge an und verwahrte sie sicher in ihrem Herzen. Sie begriff, dass ihr ganzes Leben von Schönheit erfüllt sein konnte, wenn sie einen Gegenstand – eine Narzisse oder griechische Vase – durch den Spiegel wohlklingender Worte betrachtete, wirklich betrachtete.
    Durch Ethan lernte Claire auch, in der Messe stillzusitzen. Er sang jetzt zwar nicht mehr, folgte dem Gottesdienst aber noch immer mit solch verzückter Hingabe, dass sie sich irgendwann fragte, ob sie mit all ihrem Gezappel vielleicht irgendetwas verpasste. Nun saß sie mit im Schoß gefalteten Händen reglos in der Bank, den Blick nach vorn gerichtet, und verriet sogar Pater Flynn bei der Beichte viel mehr Geheimnisse. Sie wusste, dass sie mit dem weichen Haar und den sanft geschwungenen Lippen nach außen hin wie ein Engel wirkte, innerlich war sie jedoch noch immer so unstet wie die Schaumkronen auf den Wellen vor Drake’s Beach an einem windigen Tag. Sie wollte einfach nur nicht mehr, dass es jeder sehen konnte.
    »Was ist in letzter Zeit eigentlich mit dir los?«, neckte Jo sie. »Du bist ja plötzlich der reinste Sonnenschein. Ehrlich gesagt war mir die alte Claire lieber. Da wusste man wenigstens, woran man war.«
    Ihre Schwester zuckte mit den Achseln. Sie konnte es sich ja selbst kaum erklären. Es gefiel ihr viel besser, die Dinge Ethan zuliebe zu tun als für sich selbst.
    Nur eines machte ihr Angst, darüber sprach sie aber mit keinem. So häufig sie nämlich auch über das angebliche Pech der Frauen in ihrer Familie gespottet hatte, wenn es um die Ehe ging, insgeheim machte sie sich doch Sorgen, dass diese Geschichte vielleicht wahr sein könnte. Noch hatte ihres Wissens keine Gilly-Frau das Salz je verlassen, genauso wenig wie dort ein Junge zum Mann herangewachsen war. Was, wenn Ethan und sie eines Tages ein Kind bekämen? Würde der Fluch ihrer Familie sie einholen und dem Friedhof toter Jungen neben der Scheune einen weiteren Grabstein hinzufügen? Bei dem Gedanken lief es ihr kalt den Rücken hinunter.
    »Bitte beschütz Ethan«, betete sie während der Messe und musste sich zusammenreißen, um nicht all die Unfälle und Gefahren aufzuzählen, die einem Mann auf See zum Verhängnis werden konnten. »Wach über ihn. Lass ihn nicht aus den Augen, sorge für ihn, als wäre er dein.«
    Sie hatte ja keine Vorstellung davon, wie mächtig Gebete sein konnten. Und noch weniger ahnte sie, wie gut die ihren erhört werden würden.
    Gegen Ende der Highschoolzeit war Claire so heftig in Ethan verliebt, dass ihre Beziehung in Prospect bereits Schnee von gestern war.
    »Hey, da kommt ja unser altes Ehepaar«, grinste Mr Hopper an einem Samstagabend, als sie nach dem Kino auf einen Burger hereinschauten. Es war ihr letztes Schuljahr, und so langsam zog die Zukunft am Horizont auf. »Wann macht ihr beiden die Sache denn offiziell?«
    Ethan wurde rot. »Ich glaube, dafür sind wir noch ein bisschen jung.«
    Mr Hopper winkte ab. »Das ist doch die beste Zeit dafür! Bevor ihr es besser wisst.« Und dann schob er ihnen mit einem Zwinkern zwei Gratismilchshakes zu.
    Mit glühenden Wangen starrte Claire Ethan durch gesenkte Wimpern an. »Denkst du manchmal darüber nach?«
    Bedächtig nahm Ethan einen Schluck. »Über die Zukunft?«
    » Unsere Zukunft.« Ihre Nerven waren bis zum Zerreißen angespannt, wenn sie es auch nur aussprach. Sie fuhr ihm mit den Fingerspitzen übers Handgelenk. »Weißt du, wenn wir verheiratet wären, dann könnten wir auch endlich …« Ethan zog die Hand weg. Sie hatten in den letzten drei Jahren ziemlich kreativ experimentiert, aber Ethan machte den Dingen stets ein Ende, wenn es körperlich zu ernst wurde. Es gab Dinge, über die er Claire nicht mit sich verhandeln ließ.
    »Natürlich«, sagte er und wich ihrem Blick aus. »Aber wir sind doch wirklich noch jung. Und ich bin nicht für halbe Sachen zu haben, das weißt du, Claire. Ich muss mir erst sicher sein.« Das stimmte, und es gehörte zu den Eigenschaften, die sie am meisten an ihm liebte. Wenn er zum Beispiel im Sommer zum Fischen rausfuhr, dann war er mit Leib und Seele auf See. Wenn er lernte, dann konzentrierte er sich so sehr, dass er nichts um sich herum mehr wahrnahm, und wenn er betete, dann hätten Engel hinter seinem Rücken Trompete spielen können, und er hätte keinen Ton gehört. In diesem Jahr verbrachte er besonders viel

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