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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
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Jo, schob Mama zur Seite und versenkte ihre eigenen Finger im Teig.
    »Danke«, murmelte die mit rauer Stimme und steifem Rücken.
    »Wenn ich Whit das nächste Mal sehe«, erklärte Jo und begann, den Teigbatzen mit denselben gleichmäßigen Bewegungen zu bearbeiten wie ihre Mutter, »dann erinnere ich ihn wieder daran, dass wir an diesem Land kleben wie Seepocken.«
    »Am besten sprichst du von Männer verschlingenden Seepocken«, schlug Mama vor, Jo lachte und rollte den Teig mit einer lockeren Bewegung, ließ ihn ganz mechanisch von einer Hand in die andere wandern, so wie sie sich morgens das glatte braune Haar kämmte oder ihr Arbeitshemd zuknöpfte.
    Es war das letzte Mal, dass sie je etwas so unbeschwert tat.

K APITEL 8
    I m Jahr 1967 färbten sich gegen Ende des Sommers, in dem Claire und Ethan ihren Abschluss gemacht hatten, gerade die ersten Blätter rotbraun, als Ethan von seiner letzten Fahrt mit dem Fischkutter zurückkehrte. Wie immer hatten sie sich bei Sonnenuntergang unter dem Birnbaum verabredet. Claire trug einen neuen selbstgenähten Rock, doch als die Sonne langsam unterging, wurde auch ihr an den nackten Beinen immer kälter. Als sie sich gerade vergewissern wollte, dass keine anderen Liebespärchen auf dem Weg zum schützenden Gestrüpp waren, erklang aus dem immer düsterer werdenden Dämmerlicht eine körperlose Stimme.
    »Wer es auch sein mag, er ist nicht der Richtige für dich.« Sie drehte sich um und entdeckte im Schatten des Baumes Whit Turner. Dem schien sie immer gerade dann über den Weg zu laufen, wenn sie am wenigsten darauf Wert legte. Nach dem Collegeabschluss war er in der Stadt geblieben, so wie alle prophezeit hatten, war Claires Familie aber tunlichst aus dem Weg gegangen. Wenn Jo und er sich begegneten, dann ignorierten sie sich demonstrativ, wenn er Claire sah, zwinkerte er ihr jedoch meistens zu, außer, er war nah genug, um sie wie früher in ihrer Kindheit an den Haaren zu ziehen. Noch bevor sie ihn daran hindern konnte, trat er jetzt zu ihr und tat genau das. Sie erschauderte, als seine Finger am Kragen ihrer Bluse verharrten. »Er ist ganz bestimmt nicht der Richtige für dich«, behauptete Whit wieder.
    »Woher willst du das denn wissen?« Sie lehnte sich mit dem Rücken an den Baum und wünschte, Whit würde endlich verschwinden, er grinste jedoch nur und kam sogar noch näher.
    »Weil ich nämlich alles über euch Gilly-Mädchen weiß. Erinnerst du dich noch daran …«, er fuhr ihr mit dem Daumen über den Nacken, »… wie du einmal einen Fisch gefangen und mich gebeten hast, ihn wieder zurückzuwerfen? Und danach steckte der Haken dann in deiner Hand. Ich wette, so zart besaitet bist du inzwischen nicht mehr.«
    »Und ob«, widersprach Claire und rückte von seinen Fingern ab, obwohl er mit seiner Behauptung richtiger lag, als sie gerne zugeben wollte. Der Fisch war ein zauberhaftes Tier gewesen, mit milchweißem Bauch und Schuppen in den gesprenkelten Blau- und Grüntönen einer Meerjungfrau. Damals zuckten die Kiemen in ihrer Hand, und sein Auge war eine stetige Bekundung von Panik, während der Fisch den Mund öffnete und schloss, seinem Schicksal zürnte, aber nichts dagegen tun konnte, ein Dilemma, das Claire nur zu gut verstand. Whit half ihr, den Fisch zu befreien, und dabei bohrte sich der Haken in ihre Handfläche. Es war Jo, die herbeieilte und den Widerhaken komplett durch ihre Haut schob.
    Es tat furchtbar weh, aber das war Jo egal gewesen. Sie nannte Claire eine Mimose, weil sie den Fisch zurück ins Meer geworfen hatte. Sie beschimpfte sie oft so, wenn die Jüngere etwas Albernes tat, Claire wusste aber, dass ihre Schwester damit falschlag, und zwar hundertprozentig. Sie war keine Mimose, und sie war auch nicht sensibel. Sie wusste einfach nur, wann es im Leben loszulassen galt und wann es sich lohnte, für etwas zu kämpfen. Und das Salz gehörte mit Sicherheit nicht in diese letzte Kategorie. Sie reckte das Kinn vor. »Jo ist hier diejenige, die sich gar nicht verändert hat, falls es dich interessiert.«
    Whit schob die Hände wieder in die Taschen. Als er schließlich antwortete, hätte seine Stimme selbst den Winter frösteln lassen: »Sie weiß schon, warum ich auf Distanz gegangen bin.« Das war neu für Claire. Eigentlich hatte sie immer gedacht, es wäre andersherum gewesen. Aber bevor sie diesen Gedanken noch vertiefen konnte, sah sie Ethan in der Dämmerung näher kommen, und ihr Herzschlag wurde mit einem Mal so laut, dass sie nicht

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