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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
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Jahr mit meinem Vater und meinem Onkel rausfahren würde, wärst du auch nicht glücklich. Ein Leben als Fischersfrau passt doch genauso wenig zu dir wie ein Leben als Salzbäuerin.«
    Sie ballte die Hände zu Fäusten und versuchte, die Blutzirkulation anzuregen, aber es half nichts. Ihre Finger waren eiskalt. Die ganze Zeit , dachte sie, die ganze Zeit stand ich bei ihm gar nicht an erster Stelle. Das war es, was sie am meisten verletzte. Ihr wurde klar, dass sie ihr Leben bislang damit verbracht hatte, in die schlammigen Fußstapfen anderer zu treten: die ihrer Mutter, ihres toten Bruders, Jos. Ganz zu schweigen von der langen Reihe rauer Gilly-Frauen vor ihr. Selbst die Gedichte, die Ethan so sehr liebte, waren nur die Worte eines anderen. Sie stand auf und wischte sich den Sand von der Latzhose.
    »Ich muss gehen.« Sie wünschte, sie hätte es so sagen können, wie sie es auch empfand, den Satz in eine Giftspritze verwandeln können. Aber er hörte sich eher wie eine Klage an. Sie wollte Ethan hassen, aber das ging einfach nicht und war der Grund, warum sie ihn nur noch viel mehr hassen wollte.
    Er faltete den Brief zusammen, schob ihn wieder in seine Tasche und stand dann ebenfalls auf. »Ich könnte später noch mal vorbeischauen.«
    »Wozu?«
    Ethan sah sie mit feuchten Augen an. »Jetzt komm schon, Claire. Wir sollten über das alles noch mal reden. Nur weil ich diesen Weg gewählt habe, heißt das doch nicht, dass wir nicht Freunde bleiben können.«
    Sie knirschte mit den Zähnen. »Doch, genau das heißt es, Ethan Stone.« Ihr Blut war wieder in Wallung geraten – sein Kommen und Gehen in ihren Adern verlieh ihr Sicherheit. »Du hast ja keine Ahnung, was du da gerade getan hast.« Ihr liefen bereits Tränen über die Wangen. Bevor es noch mehr wurden, drehte sie sich um und rannte davon.
    Als sie die Salzscheune erreichte, prallten in ihr alle Elemente dieser Welt aufeinander – Stein und Holz, Wasser und Asche. Und das Einzige unter ihnen, das sie gerne nähren wollte, war das Feuer. Sie öffnete die Scheunentore, wirbelte dabei Staubteufel auf und betrat den dunklen Raum. In der kaputten Schubkarre suchte sie nach einem Päckchen Zigaretten, das sie dort versteckt hatte.
    Aus dem Dämmerlicht heraus ertönte plötzlich Jos Stimme. »Verdammt noch mal, Claire. Wo hast du denn nur gesteckt? Die Becken müssen ausgekratzt werden.«
    Das erste Streichholz ging nicht an. Ihre Hände zitterten zu stark. Auch das zweite nicht, aber das dritte funktionierte dann wunderbar. Vielleicht zu gut. In der Luft vor Claire flackerten Schwefel und Nikotin auf, und dann gab es da noch eine größere Flamme, dort, wohin Claire das abgebrannte Hölzchen geworfen hatte. Der Staub in der Scheune begann zu tanzen.
    »Was ist das denn?«, wollte sie eigentlich sagen. Sie fragte sich, ob sie vor Trauer vielleicht von Sinnen war und sich schon Dinge einbildete, dann aber wurde ihr klar, dass das Rauch war. Sie drehte sich um und entdeckte Glut, die am Boden auf sie zuraste und ihr den Weg zurück zur Tür abschnitt, so dass sie in der hinteren Ecke der Scheune gefangen war. Sie versuchte tief durchzuatmen, doch ihre Lunge fühlte sich so an, als stünde auch sie in Flammen. Mit einem Mal sah sie wieder klar und begriff, dass sie noch immer die brennende Zigarette in der Hand hielt. Sie war so töricht, sie fortzuwerfen, und augenblicklich flackerten weitere kleine Flammenzungen nacheinander auf.
    Sie wollte nach Jo rufen, ihre Lunge versagte jedoch, und sie bekam keinen Ton heraus. Plötzlich hatte sie das Gefühl, Jo schreien zu hören. Aber was denn nur? Vor ihren Augen verschwamm langsam alles. Vermutlich rief ihre Schwester ihr unter anderem ein »Ich hab’s dir ja gesagt« zu, dachte Claire. Es wäre für Jo, die den ganzen Tag die Bassins auf der Salt Creek Farm überwachte, ganz typisch gewesen, sie selbst in dieser Situation noch in ihre Schranken zu verweisen. Claires Knie wurden ganz weich. Offensichtlich würde sie nie mehr die Gelegenheit haben, gegen Jos Regeln aufzubegehren, genauso, wie sie auch viele andere Dinge niemals tun würde – die blöde Marsch verlassen, Ethan heiraten, aus dieser brennenden Scheune entkommen.
    »Claire!« Sie hörte ihren Namen wieder, als die ersten Flammen in ihre Richtung tosten. Jetzt gaben ihre Beine völlig nach, aber zum ersten Mal in ihrem Leben war sie nicht in den Fußstapfen ihrer Schwester gefangen. Stattdessen hielt Jo sie in den Armen, und dann purzelte Claire durch

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