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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
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überrascht gewesen wäre, wenn Whit ihn auch gehört hätte.
    »Ich muss los«, erklärte sie, löste sich vom Baumstamm und verließ das schützende Blätterzelt. Sie konnte Whits Anwesenheit jedoch immer noch spüren, fühlte, wie er dort unter dem raschelnden roten Laub lauerte. Sein Blick klebte an ihr wie eine von diesen Kletten, die man nur mit einer Schere und einem sauberen Schnitt wieder aus den Haaren bekam. Ihr war es egal, ob Whit sie anstarrte, sie lief auf Ethan zu und schlang ihm die Arme um die breiten Schultern, vergrub ihr Gesicht in seiner Brust und sog ihn tief in sich ein. Er roch noch immer nach Meer, nach Orten, die Claire nie besuchen und Dingen, die sie niemals sehen würde. Sie presste die Nase an seinen Hals, atmete dort aus und versuchte so, ihn mit heimeligeren Gerüchen wie Gras, Schlamm und reifenden Birnen zu durchdringen.
    »Ich hab dich so vermisst«, sagte sie, als er sie küsste und sie sich dann gemeinsam zurück auf den Weg unter den Baum machten. Zum Glück hatte Whit seinen Posten dort inzwischen aufgegeben. Claire fuhr mit den Händen unter Ethans Hemd und über seinen nackten Rücken, der von den langen Tagen in der Sonne warm und hart war. Ihre Finger wanden sich unter den Bund seiner Hose, und sie spürte, wie er eine Sekunde zögerte, und sie dann näher an sich heranzog.
    Ethan zu küssen fühlte sich immer wie ein wunderbares Experiment an, das Claire durchführte. Sie knöpfte sein Hemd auf, während er mit einer Hand ihr T-Shirt hochschob. Die andere war unter ihrem Rock beschäftigt. »Warte«, hauchte sie, und konnte kaum glauben, dass sie plötzlich diejenige war, die sich zierte. »Wir sollten lieber aufhören.« Aber dieses Mal überraschte er sie. Ohne ein Wort schob er sie zwischen den Büschen in die Mulde, und als sie versuchte, sich aufzusetzen, zog er sie mit sich hinunter.
    »Bist du sicher?«, wollte sie wissen. So hatte sie sich das eigentlich nicht vorgestellt – hier im Freien und unter dem Birnbaum –, aber es war auch irgendwie aufregend.
    Ethan streifte mit den Lippen über ihre Brüste. »Ich brauche dich, Claire, das weiß ich jetzt.«
    Sie fuhr mit den Fingern durch sein dichtes blondes Haar und fragte sich, was ihm wohl dort draußen auf dem Atlantik zugestoßen war, aber der Wind wurde stärker, Ethan legte sich auf sie, und dann setzte ihr Verstand völlig aus. Sie lehnte sich zurück ins feuchte Gras und auf den sandigen Boden und berührte mit den Fingerspitzen den Baumstamm, dessen Rinde von einem Aufruhr gemeinsamen Verlangens gezeichnet und verstümmelt war. Claire war jung und verliebt, sie glaubte wirklich, der Geschichte ein Schnippchen geschlagen zu haben.
    »Ich werde heiraten«, flüsterte sie am nächsten Morgen beim Aufwachen. Sie warf die Bettdecke zurück, ging zum Kommodenspiegel hinüber und fragte sich, ob sie in den Augen der anderen wohl verändert aussah. Sie legte sich die Hände auf die Wangen, spürte, wie sie glühten, und versuchte, sich das Grinsen aus dem Gesicht zu wischen.
    Ethan hatte ihr am Abend zuvor zwar nicht direkt einen Antrag gemacht, aber was sollte ihre Intimität denn sonst bedeuten? Er hatte doch immer gesagt, dass er noch warten wollte, bis sie verlobt seien. Wenn sie so recht darüber nachdachte, dann hatte er eigentlich auch das nicht so formuliert, aber das bereitete ihr kein Kopfzerbrechen. Ethan redete schließlich nicht so viel wie sie. Am Abend zuvor hatte er sie den ganzen Weg zurück zum Rand der Marsch begleitet und dabei ihre Hand gedrückt, bis sie an St. Agnes vorbeigekommen waren. Dort hatte er sie plötzlich losgelassen, aber sie hatte ihre Finger schnell wieder mit den seinen verhakt. Dazu hatte sie doch jetzt jedes Recht, hatte sie gedacht.
    »Ich werd’s Pater Flynn nicht sagen, wenn du auch den Mund hältst«, flüsterte sie, er lachte jedoch nicht darüber. Das tat er nie, wenn es um Religion ging. Claire durfte in seiner Anwesenheit ja nicht einmal Priesterwitze erzählen. Sie fragte sich, ob Ethans Frömmigkeit durch das Eheleben wohl abnehmen oder ob sie vielmehr so gottesfürchtig werden würde wie er. Dann erreichten sie den Rand des Salzmoors, und in der Marsch vor ihnen schimmerten einige der Becken, andere waren einfach nur leere Löcher. Im Mondlicht sah die Salt Creek Farm schlimmer als nur gruselig aus. Das Land wirkte ausgelaugt, selbst für Geister zu trostlos. Claire wandte sich um, weil sie Ethan zum Abschied einen Gutenachtkuss geben wollte, er war aber

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