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Das Geheimnis der schönen Catherine

Das Geheimnis der schönen Catherine

Titel: Das Geheimnis der schönen Catherine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
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South Wales gekommen?« Bislang hatte sie auf alle Fragen immer nur mit »Ja« geantwortet.
    Diesmal erweiterte sie ihr Repertoire dramatisch. »New South Wales ist weit weg«, lispelte sie seiner goldenen Krawattennadel zu, einem fein ziselierten Vogel auf einem Nest aus feurig lodernden Rubinen. Sie war sich nicht sicher, woher das Lispeln kam, aber für die Rolle, die sie spielte, schien es ideal zu sein. »Ihr Vater war Offizier?« Catherine täuschte ein Zittern und ein Schniefen vor, ohne aus dem Takt zu geraten. »Mein Vater ist … ist tot.« Devenish rollte mit den Augen und tanzte grimmig weiter. Im Stillen verfluchte er diese endlosen Wiener Walzer. Der Tanz war noch schlimmer, als er erwartet hatte. Dem Hohlkopf in seinen Armen irgendwelche Informationen zu entlocken war, als würde man aus Steinen Wasser pressen wollen. Was sein Neffe an diesem Mädchen fand, war ihm ein Rätsel. Ein Mann brauchte mehr zu seinem Glück als ein hübsches junges Ding oder eine stattliche Mitgift. Dabei war Miss Singleton nicht einmal besonders hübsch. Sie war auch nicht hässlich, das nicht. Nein, sie war klein, dunkelhaarig, was gerade sehr modern war, und sie hatte ebenmäßige Gesichtszüge – eine gerade kleine Nase, ein merkwürdig energisches Kinn und fein gewölbte Augenbrauen. Die ausdrucksvollen Augen waren noch das Hübscheste an ihr. Sie waren sehr blau … Aber – Himmel! Er könnte ihr dümmliches Lächeln und ihre schüchternen Jas keine Stunde lang aushalten. Schon jetzt wäre es ihm lieber, nie wieder ein Wort mit ihr wechseln zu müssen. Und ich habe ihr noch einen Walzer versprochen, erinnerte er sich gequält. Und dann auch noch das Souper. Aber vielleicht gab es ja etwas Gutes zu essen, zum Beispiel Krebspastetchen. Krebspastetchen aß er für sein Leben gern. »Und, Hugo? Was hältst du von ihr? Weißt du schon Genaueres über die Diamantenmine in New South Wales? Ich hoffe, du hast ihr nicht erzählt, dass du Thomas’ Onkel bist?« Er warf seiner Schwägerin einen finsteren Blick zu. Die fünfminütige Unterhaltung mit Miss Singleton war anstrengender und nervenaufreibender gewesen, als er gedacht hätte. Es war ihm peinlich, sich eingestehen zu müssen, dass er so gut wie nichts über sie erfahren hatte. Aber so leicht gab er nicht auf. Noch nicht. Hugo Devenish war kein Mann, der sich von einem kleinen Gänschen übertölpeln ließ.
    Übertölpeln? Überrascht blinzelte er. Merkwürdige Wortwahl. Ungeduldig zupfte Amelia an seinem Ärmel. »Hugo! Was hast du ihr erzählt? Wenn sie herausbekommt, dass wir Kaufmannsblut in der Familie haben …« Er entzog ihr seinen Arm. »Dieses Mädchen ist furchtbar fade.«
    »Aber …«
    »Thomas muss wirklich völlig verzweifelt sein, wenn er ein so langweiliges kleines Dummchen heiraten will – reich oder nicht.« Sie sah ihn überrascht an.
    »Ein Dummchen? Ich habe nicht den Eindruck, dass sie dumm ist.« Er zuckte mit den Schultern. »Entweder ist sie dumm oder so grauenvoll schüchtern, dass es im Endeffekt auf dasselbe hinausläuft.« Er rollte die Augen. »Und dieses Lispeln! Es macht mich ganz krank! Ist Thomas sich wirklich sicher?«
    »Welches Lispeln?« fragte Amelia verwirrt. »Bist du dir sicher, dass du mit dem richtigen Mädchen getanzt hast, Hugo? Miss Singleton lispelt nicht.«
    »Sie lispelt nicht? Und ob sie das tut! Und alles, was das dumme Ding gesagt hat, war Ja – und das auch nur zu meiner Weste, liebe Güte.« Spöttisch neigte Amelia den Kopf.
    »Wirklich? Sehr interessant. Du scheinst der armen Miss Singleton Angst eingejagt zu haben.
    Als sie mit mir gesprochen hat, hat sie kein einziges Mal gelispelt. Und Thomas hat mir gegenüber auch nichts Derartiges erwähnt – und das hätte er wohl, wenn es der Fall gewesen wäre.« Sie überlegte. »Hmm … Es sei denn … Vielleicht hat Miss Singleton ja ein Faible für ältere Männer …«
    »Ältere Männer? Ich bin gerade mal zweiunddreißig Jahre alt, Amelia.«
    »Ich will damit auch nur sagen, Hugo, dass ein Mann in deinem Alter, mit deiner Erfahrung ein Schulmädchen ziemlich überwältigen kann.« Hugo wollte Einwände erheben, doch Amelia fuhr fort: »Sie muss eine Schwäche für dich entwickelt haben. Warum sollte sie wohl sonst auf einmal so schüchtern sein? Und dann das Lispeln … Glaube mir, sie ist eigentlich nicht schüchtern. Ruhig und gesittet, das natürlich. Aber mit mir hat sie sich ohne Scheu unterhalten. Nein, sie hat offenbar eine Schwäche für dich. Du musst

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