Das Geheimnis der schönen Catherine
mittlerweile ausfindig gemacht, oder?« Rose sah verwirrt drein. »Herr? Was für ein Herr, Cousin George?«
»Vor ein paar Wochen kam jemand und fragte nach dir. Aus irgendeinem Grund schien er anzunehmen, du würdest hier leben. Ich habe ihn an deine Londoner Adresse verwiesen.«
»Wer könnte das bloß gewesen sein?«
George runzelte die Stirn, dann schüttelte er den Kopf. »Der Name ist mir entfallen. Er war dünn und braun gebrannt. Würde mich nicht wundern, wenn er ein Ausländer war. Was hast du denn mit Ausländern zu schaffen, Rose?« Rose blickte ihn verwundert an. »Ich habe keine Ahnung.« Catherine bekam es mit der Angst zu tun. Sie war die Einzige, die mit Ausländern zu tun gehabt hatte. War es jemand gewesen, der ihren Vater gekannt hatte? Jemand, der irgendwie die Verbindung zwischen Catherine Smith, der Vagabundin, und Miss Rose Singleton, der geachteten Dame der Gesellschaft, gezogen hatte? »Ich kann mich wirklich nicht an den Namen erinnern«, grübelte ihr Gastgeber. »Aber er wird mir schon wieder einfallen.« Erst zeigte er ihnen den Garten, dann das Haus. Die Bibliothek war offenbar sein größter Stolz. Catherine vermutete, dass der ältere Herr so etwas wie ein Gelehrter war und am liebsten den ganzen Vormittag damit zugebracht hätte, Bücher aus den Schränken zu holen und sie ihnen zu präsentieren. Aber Rose legte großen Wert darauf, dass sie alle noch vor dem Mittagessen die Gemäldegalerie besichtigten. »Die Gemälde sind wirklich das Interessanteste hier, finde ich«, sagte sie. »Sie sind zum Teil sehr alt, und alle Familienmitglieder sind porträtiert.«
»Ja«, pflichtete ihr Cousin ihr bei. »Es ist wirklich eine sehr umfangreiche Sammlung. Jeder, der sich mit Physiognomie beschäftigt, würde es als Quelle der Inspiration empfinden, was die Vererbung typischer Familienmerkmale angeht. Du, Cousine Catherine, hast beispielsweise die blauen Augen deiner Großmutter geerbt.«
»Ach, wirklich?« fragte sie. »Wie faszinierend.« Das war es in der Tat, da sie mit dieser Familie ja überhaupt nicht verwandt war. »Ja, das finde ich auch. Und die Kleider und die Juwelen sind natürlich auch sehr interessant«, fügte Rose hinzu. »Denn natürlich ließen sich schon unsere Vorfahren in ihrer besten Kleidung und mit ihrem ganzen Schmuck malen, um den Familienreichtum zu demonstrieren.«
»Ja?« fragte Catherine höflich. Kleider und Schmuck interessierten sie nicht sonderlich. Hugo warf ihr einen scharfen Blick zu. Warum sieht er mich nur so an, überlegte Catherine erstaunt. Als ob sie ein freches kleines Kind wäre, das kurz davor stand, irgendeinen Unsinn zu machen. Aber sie hatte sich tadellos benommen, abgesehen davon, dass sie ein wenig gelangweilt war. Cousin Georges langatmige Vorträge waren bestimmt für keinen der Anwesenden spannend. Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Mr. Devenish nahm offenbar an, dass sie Gelliford House ausrauben wollte! Wie kam er nur auf die Idee? Catherine musste ein Kichern unterdrücken. Sie warf ihm einen spöttischen Blick zu und wandte sich mit unschuldigem Augenaufschlag an ihre Tante. »Und der Schmuck, befindet der sich immer noch in Familienbesitz?«
fragte sie. Während Cousin George all die Schmuckstücke auflistete, die noch in der Familienschatzkammer in Gelliford House aufbewahrt wurden, beobachtete Catherine Mr. Devenish aus den Augenwinkeln. Sie schaffte es, unbeteiligt zu wirken, während seine Miene grimmiger und grimmiger wurde. Er glaubte tatsächlich, dass sie in Gelliford House einbrechen wollte! Was für eine charmante Idee. »Wir sollten alle in die große Halle gehen, wo sich die Gemäldegalerie befindet«, schlug Cousin George vor. Alle folgten ihm. Mr. Devenish wollte sie unterhaken – zweifellos, um sie besser unter Kontrolle zu haben –, doch Catherine war schneller und hakte sich bei ihrem überraschten Gastgeber unter. Hugo im Rücken, schlenderte sie am Arm ihres Cousins durch die große Halle.
»Sagen Sie, Cousin George, dieser Familienschmuck – sind da Diamanten dabei? Sehen Sie, ich habe ein spezielles Interesse an Diamanten.« Sie konnte spüren, wie Mr. Devenish hinter ihr zusammenzuckte. Hugo umrundete die beiden und warf Catherine einen bitterbösen Blick zu. Sie lächelte freundlich zurück und fuhr fort: »Ich hoffe, Sie haben den Schmuck sicher verwahrt. Einer entfernten Verwandten wollen Sie den Aufbewahrungsort wohl nicht zeigen?« Sie sprach laut, damit ihr Ein-Mann-Publikum auch
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