Das Geheimnis der schönen Catherine
Feuer saßen, die Überreste eines improvisierten Picknicks um sich verstreut, und jeder mit einem schläfrigen Kind an der Seite. Catherine schluckte. »Ich glaube, es wird Zeit für die Kinder, ins Bett zu gehen«, meinte Lady Marsden leise. Sie erhob sich und nahm ihrem Mann Molly ab. Der wiederum hob die müde Nell auf, die gegen Catherine gesunken war, und Hugo stand mit der schlafenden Sally im Arm auf und folgte den Marsdens ins Schlafzimmer der Kinder.
Wenig später kam er zurück und streckte mit gequälter Miene den Arm. »Ist mir eingeschlafen«, meinte er mit schiefem Lächeln. »Die Kleine muss mittlerweile eine Tonne wiegen.« Es war offensichtlich, dass Mr. Devenish Kinder ebenso mochte wie Sir William. Und es schien die beiden auch nicht zu stören, dass es lauter Mädchen waren. Bemerkenswert. Ihr Vater hatte Catherine nie verzeihen können, dass sie kein Junge war. Sie fragte sich, ob Mr. Devenish ebenso nachsichtig wäre, wenn seine Frau ihm keinen Erben schenken würde. Würde er seine eigenen Töchter mit derselben Sanftmut behandeln wie die Töchter seines Gastgebers? Sie musterte ihn, wie er vor dem Feuer stand, den Rücken zum Raum gewandt. Wie ernst er sich mit der kleinen Sally darüber unterhalten hatte, ob der Toast fertig war. Nein, er hatte sich nicht wie ein Mann verhalten, der kleine Mädchen generell für nutzlos und ein Ärgernis hielt. Seine Töchter werden glücklich sein, dachte Catherine. Und seine Frau auch …
Kapitel 10
»Catherine, meine Liebe, du wirst dich sicher auch darüber freuen, dass wir morgen zum Mittagessen nach Gelliford House eingeladen sind.« Rose lächelte Catherine über den Frühstückstisch hinweg entzückt an. »Oh, wie schön«, erwiderte Catherine höflich. »Wem gehört Gelliford House denn?«
»Sie haben nie von Gelliford House gehört?« fragte Sir William überrascht. Catherine schüttelte den Kopf.
»Wieso? Muss man es kennen?« Rose sah sie entsetzt an. »Aber Catherine – Gelliford House!«
Catherine lächelte nervös und zuckte reuig mit den Schultern. »Ich habe wirklich noch nie davon gehört. Sicher ist es irgendein furchtbar wichtiges Anwesen. Hat vielleicht Shakespeare dort gelebt? Oder Königin Elizabeth? Bitte, vergessen Sie nicht, dass ich nicht in England aufgewachsen bin. Ich weiß leider viel zu wenig über all diese berühmten Orte.« Rose tauschte einen Blick mit Lady Marsden und sagte dann ruhig zu Catherine: »Gelliford House ist überhaupt nicht wichtig – nur für unsere Familie. Es ist mein Elternhaus. Alle Singletons sind dort geboren worden. Alle – außer dir.«
»Oh!«
Catherine wurde bewusst, dass sie einen schweren Fehler begangen hatte. Angeblich war Rose ja ihre Tante. Sie hätte unbedingt den Namen ihres vermeintlichen Elternhauses in Erfahrung bringen sollen.
»Das ist mir sehr peinlich. Aber mein Vater hat den Namen seines Elternhauses nie erwähnt. Ist es weit dorthin?«
»Nein. Wir werden nach dem Frühstück aufbrechen, damit du Gelegenheit hast, dir das Haus noch vor dem Mittagessen anzusehen«, entgegnete Rose. »Die anderen Gäste kommen nicht vor vier Uhr hier an. Wenn wir Gelliford House um halb vier verlassen, sind wir rechtzeitig zurück.«
»Wir?«
»Oh, wir sind alle eingeladen«, sagte Lady Marsden. Catherine ließ ihren Blick zu Hugo wandern, der sich gerade mit seinem Schinken beschäftigte. Er sah auf, bemerkte ihren fragenden Blick und lächelte. »Ich war auch noch nie in Gelliford House. Es wird sicher sehr interessant, das Haus Ihrer Vorfahren zu besuchen. Sie haben Ihre ganze Kindheit dort verbracht, Miss Rose?«
»Oh ja.
Als mein Vater starb, hat ein Cousin das Anwesen geerbt. Mein Vater war nur der zweite Sohn, wissen Sie. Wir konnten nur dort wohnen, weil es uns mein Onkel, der Erstgeborene, erlaubt hat. Mein Cousin lebt immer noch dort – ich denke, du kannst ihn Cousin George nennen, Catherine.« Gelliford House war nicht so schön wie Woodsden Manor, aber sehr viel größer. Im Park ästen Hirsche, und der Weg zum Haus war von großen, alten Eichen gesäumt. Cousin George entpuppte sich als dünner, ernster Mann. Er ging auf die sechzig zu und war sich seines Rangs und seiner Herkunft sehr bewusst.
Er begrüßte Catherine ziemlich steif, als ob sein Empfang eine große Ehre für sie wäre. Catherine fragte sich, was Rose ihm erzählt haben mochte, damit er sie als Familienmitglied akzeptierte. Er wandte sich Rose zu. »Ach, guten Tag, Rose. Ich nehme an, der Herr hat dich
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