Das Geheimnis der Schwestern
vierzig?
»Ich … äh … suche Dallas Raintree. Er arbeitet für mich. Ein Pferd von uns ist krank.«
»Ach ja, ein Pferd?« Cat nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarette und stieß den Rauch aus. »Da suchst du doch wohl besser den Tierarzt.«
»Könnten Sie ihn wohl für mich holen? Ich bin ziemlich in Eile.«
Cat musterte sie ausgiebig, bevor sie ihre Zigarette ausdrückte. »Ich sag Dallas wegen dem kranken Pferd Bescheid. Er kommt sicher sofort, er hat ein Herz für Tiere.«
Vivi Ann dankte Cat, ging durch die Stadt zurück zu ihrem Wagen, fuhr nach Hause und parkte, verborgen in einem Wäldchen, bei seinem Cottage.
In Dallas’ Schlafzimmer zog sie sich aus, kletterte ins Bett und wartete ungeduldig.
Nur ein paar Minuten später hörte sie, wie ein Wagen draußen mit quietschenden Bremsen zum Stehen kam und eine Wagentür zuknallte.
Dallas stieß die Tür zum Cottage so heftig auf, dass sie gegen die Wand schlug und den ganzen Raum erzittern ließ. »Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht?«
»Ich hab ihr gesagt, ich würde dich suchen. Wieso, was ist denn?«
»Raus hier, Vivi. Wir sind fertig miteinander.«
Sie begriff nicht. »Warum, was hast du denn?«
»Geh einfach, Vivi. Ich hab schon genug zu bereuen.«
Sie stieg aus dem Bett, lief ihm nach und fasste ihn am Arm. »Dallas, bitte –«
Da packte er sie so fest am Handgelenk, dass es weh tat. »Geh zurück zu Ken und deinen frommen Kirchgängern, die dir so am Herzen liegen.«
»Aber was, wenn du mir am Herzen liegst?« Das rutschte ihr heraus, bevor sie sich bremsen konnte.
»Sei nicht albern, Vivi Ann.«
»Ich liebe dich, Dallas.« Zum ersten Mal in ihrem Leben sprach sie es aus, und es kam ihr ganz natürlich vor.
»Ach, Vivi«, sagte er und lockerte seinen Griff. »Du bist so naiv.«
Sie lächelte ihn an, weil sie wusste, was sie jetzt tun musste. Ihre Worte hatten alles verändert, so, wie es sein sollte. »Küss mich, Dallas«, flüsterte sie. »Du willst es doch auch.«
An diesem ersten Abend des Austernfestivals drängten sich Massen von Touristen und Einheimischen durch die Straßen der Stadt. Auf dem Parkplatz der Bank war eine Bühne aufgebaut worden, auf der eine Band spielte und über die Tanzenden hinweg bis zu den Essens- und Souvenirständen am erleuchteten Ufer blicken konnte.
Winona versuchte, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, aber sie war so wütend, dass ihr nicht mal das Tanzen mit Luke Spaß machte.
»Meinst du, ich sollte noch Tanzstunden für den Hochzeitswalzer nehmen?«
Sie verdrehte die Augen. »Wieso gehst du eigentlich davon aus, dass Vivi Ann sich auch nur einen Pfifferling um die Hochzeit schert?«
»Sie ist eben nicht der Typ dafür. Sie mag es lieber ruhiger.«
» Vivi ? Machst du Witze?« Bevor sie noch mehr sagen konnte, drängte sich jemand zwischen sie.
»Tut mir leid, ihr beiden«, sagte Julie John. »Aber ich glaube, unser Fohlen Peanut hat eine Kolik. Kent geht mit ihm herum, aber wir machen uns Sorgen. Tut mir wirklich leid, Luke, ich weiß, du amüsierst dich …«
»Mach dir keine Gedanken«, erwiderte er. »In einer Viertelstunde bin ich bei euch. Sag Kent, er muss das Fohlen weiterhin bewegen. Ganz gleich, was passiert, Peanut darf sich nicht hinlegen.« Er wandte sich zu Winona. »Sag Vivi, ich komm zu ihr, wenn ich fertig bin.«
Nachdem sie gegangen waren, stand Winona nur da und starrte auf die Menge, weil sie sich trotz der vielen vertrauten Gesichter unendlich einsam fühlte.
Kurz darauf tauchte Aurora auf. »Da bist du ja. Ich hab schon überall nach dir gesucht.«
»Willst du schon wieder Frieden stiften, Aurora? Da bist du wohl an die falsche Familie geraten.«
»So kann das doch nicht weitergehen, Win. Wegen dir bricht noch die ganze Familie auseinander.«
»Glaubst du, das wüsste ich nicht?«, entgegnete Winona und hatte dabei ein Gefühl, als zerrisse etwas in ihr, das bis dahin immer intakt gewesen war. »Sie ist meine Schwester, und ich liebe sie, aber …«
»Du liebst ihn auch, ich weiß. Aber du musst damit leben. Du hast es so gewollt.«
Winona schüttelte den Kopf. »Das hab ich nicht gewollt. Wenn sie ihn liebte, könnte ich mich damit abfinden. Ich würde vielleicht darüber hinwegkommen.«
»Meinst du?«
Winona rückte von ihr ab. »Ich gehe jetzt. Richte Luke und Vivi Ann aus, dass ich ihnen viel Glück und viel Spaß wünsche.« Jetzt rannte sie schon, weil sie spürte, wie ihr die Tränen kamen.
Was war bloß los mit ihr? Warum konnte sie
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