Das Geheimnis der Schwestern
Dad, und die Ranch gemeinsam führen, aber wenn du uns nicht hier haben willst …«
Da erkannte Winona, dass Vivi Ann alles andere als dumm war. Sie hatte ihren Vater in eine Ecke gedrängt, um ihren Willen zu kriegen.
»Mir bleibt wohl kaum was anderes übrig, oder?«, erwiderte er. Dann drehte er sich um, ging zum Haus und knallte die Tür hinter sich zu.
Aurora trat zu Vivi und umarmte sie. »Er wird sich schon dran gewöhnen. Keine Sorge.«
Vivi Ann klammerte sich an Aurora. »Ich hoffe es.«
Etwas unbeholfen umarmte Aurora auch Dallas und ging dann zu ihrem BMW . Als der Wagen ansprang, stand Winona immer noch da. Sie war so erschüttert, dass ihr die Worte fehlten.
Vivi Ann ging zu ihr, ließ aber Dallas’ Hand nicht los; es erinnerte sie daran, dass sie jetzt zusammen waren. Ein Paar. »Wie sollen wir damit umgehen, Winona?«, fragte sie leise.
»Ich hab Dad nur Bescheid gesagt, weil Luke Dallas verprügelt hat.« Winona hörte, wie zittrig ihre Stimme klang, und wurde wütend, weil sie schwach wirkte, wo sie stark sein wollte. »Ich hab versucht, ihn zu retten. «
Da trat Dallas zu ihnen, als gehörte er dazu, als hätte er einen Platz zwischen ihnen. »Du wolltest das, was sie hatte«, sagte er.
»Das ist nicht wahr«, widersprach Winona, aber sie wusste – sie alle wussten –, dass es der Wahrheit entsprach.
»Du hast mir einen Gefallen getan«, sagte Vivi Ann, »auch wenn du mir schaden wolltest. Die Wahrheit ist, dass mir das Ganze jetzt egal ist. Ich hab den Mann, den ich liebe, und wir sind wieder auf der Ranch. Alles andere ist unwichtig.«
Da hatte sie recht. So unglaublich es auch schien, hatte Vivi Ann alle Regeln gebrochen – und das Herz eines anständigen Mannes dazu –, sie hatte mit einem Fremden geschlafen und ihn der Familie aufgezwungen und musste trotz allem nicht dafür büßen. Sie war ein Goldkind.
»Ich weiß, dass Vergeben und Vergessen nicht deine Stärke sind«, sagte Vivi Ann, »aber uns bleibt nichts anderes übrig. Ich bin dazu bereit. Du auch?«
Jetzt war Winona in die Ecke gedrängt, genau wie ihr Vater kurz zuvor. Sie konnte nur noch zustimmen. Sonst hätte es ausgesehen, als wäre sie nachtragend und gemein. »Natürlich«, antwortete sie und ging zu ihrer Schwester, um sie schnell zu umarmen. »Vergeben und vergessen.«
Elf
Doch manches konnte man nicht vergessen, ganz gleich, wie sehr man sich bemühte. Demütigungen. Verluste. Neid. Wie Bojen tauchten sie immer wieder an die Oberfläche. Am Ende hatte man keine Kraft mehr, sie unten zu halten. Winona wusste, wie sehr sie es versucht hatte. Sie versuchte es immer noch, aber manchmal, so wie heute Nacht, war die Anstrengung unerträglich.
Als sie es an der Tür klingeln hörte, war ihr erster Gedanke: Ich mach einfach nicht auf.
Es klingelte wieder.
Vor der eigenen Familie konnte man sich nicht verstecken.
Sie ging zur Tür und öffnete sie.
Aurora stand da, sorgfältig zurechtgemacht. Sie hatte ihre braunen Haare zu einem hochangesetzten Pferdeschwanz frisiert und ihr Gesicht auffällig geschminkt. Schulterpolster betonten ihre schmale Taille, die ein breiter Ledergürtel mit Strass-Steinen schmückte. Ihr Jeanskleid wirkte im Vergleich dazu recht schlicht. »Jetzt sieh mich nicht so säuerlich an. Los, gehen wir.«
Wortlos folgte Winona ihrer Schwester zum Wagen. Als sie auf den Rücksitz kletterte, wünschte sie sich ganz weit weg. »Das ist so eine blöde Idee«, bemerkte sie.
»Ich nehme deine Meinung zur Kenntnis«, antwortete Aurora.
Winona seufzte übertrieben laut und verschränkte die Arme. »Wo ist Richard?«
»Er muss angeblich noch arbeiten. Er würde lieber seine Schuhe essen, als mitzukommen.«
»Das kann ich mir denken.«
»Deine Meckereien interessieren mich eigentlich nicht.«
Sie nahmen die Abzweigung nach Water’s Edge und fuhren zum Cottage hinauf.
Sie klopften an die Tür, die unmittelbar darauf von Vivi Ann geöffnet wurde.
»Puh«, sagte Aurora. »Sie sind angezogen.«
Winona verdrehte die Augen. »Es ist doch noch nicht mal dunkel draußen.«
»Du hast so viel Ahnung vom Sex wie ich vom Imkern«, gab Aurora zurück. Und zu Vivi Ann sagte sie: »Wir wollten ins Outlaw.«
»Na klar, es ist ja Freitag«, erwiderte Vivi Ann.
Sofort stand Dallas auf, stellte sich hinter Vivi Ann und legte ihr besitzergreifend eine Hand auf die Taille.
Aurora kniff die Augen zusammen und sah ihn prüfend an. »Liebst du sie, Tattoo-Boy?«
»Sieht so aus,
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