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Das Geheimnis der Schwestern

Das Geheimnis der Schwestern

Titel: Das Geheimnis der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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Winona hat sich von uns distanziert.«
    Sie gab Noah einen Kuss auf die rundliche Wange und drückte ihn Aurora zusammen mit der Windeltasche in die Arme.
    Glücklich wandte sich Noah seiner Tante zu und fing sofort an, mit ihrer Halskette zu spielen.
    »Soll ich mit dir fahren?«, fragte Aurora. Das hatte sie schon am Vorabend gefragt, als Vivi Ann sie anrief.
    »Danke für das Angebot, aber lieber nicht. Ich muss jetzt anfangen, mich selbst um einiges zu kümmern. Das werde ich in Zukunft wohl öfter müssen.« Sie wandte sich zum Gehen.
    Julie hielt sie am Handgelenk fest. »Nicht alle hier glauben, dass er schuldig ist.«
    »Danke, Jules.«
    Auf dem ganzen Weg nach Olympia legte sich Vivi Ann zurecht, was sie sagen würde, um einen Fremden zu überzeugen, den Fall ihres Mannes zu übernehmen. Als sie beim ersten Anwalt angekommen war, marschierte sie in das niedrige Backsteingebäude, nannte der Sekretärin ihren Namen und wartete ungeduldig. Fast zwanzig Minuten später kam James Jensen heraus, um sie zu begrüßen.
    Sie lächelte ihm strahlend entgegen. »Hallo, Mr Jensen. Danke, dass Sie mich so kurzfristig empfangen können.«
    »Wenn man einen Strafverteidiger braucht, muss es oft ganz schnell gehen. Bitte kommen Sie in mein Büro und nehmen Sie Platz.«
    Die nächsten zwanzig Minuten lieferte ihm Vivi Ann alle Fakten zum Fall, zumindest, soweit sie ihr bekannt waren. Sie achtete darauf, ganz ruhig und sachlich zu bleiben, weil sie nicht wie eine der Frauen erscheinen wollte, die aus lauter Dummheit immer nur das Beste von ihrem Mann glauben. Als sie ihre spärlichen Informationen mitgeteilt hatte, fügte sie hinzu, welch ein wunderbarer Ehemann und Vater Dallas war. Dann wartete sie auf die Reaktion des Anwalts.
    Nach einer ganzen Weile blickte er auf.
    Sie hatte auf diesen Blick gewartet. Jetzt würde er fragen, ob Dallas unschuldig sei, und sie würde nicken und erklären, warum sie sich dessen so sicher war.
    »Nun, Mrs Raintree. Ich bräuchte einen Vorschuss von fünfunddreißigtausend Dollar. Dann könnten wir anfangen.«
    »Was?«
    »Mein Honorar. Im Voraus. Natürlich nicht die Gesamtsumme; nur genug, um anfangen zu können. Ein Fall wie dieser erfordert viele Mitarbeiter – für die Ermittlungen, die Laborarbeiten, die Anträge. Allein die Beweisaufnahme ist oft eine langwierige Angelegenheit.«
    »Sie haben gar nicht gefragt, ob er es getan hat.«
    »Das brauche ich auch nicht.«
    »Aber ich habe nicht so viel Geld.«
    »Ach. Verstehe.« Er ließ seine fleischigen Hände auf den Holztisch fallen. Es gab einen gedämpften Schlag, als schlösse sich eine Tür. »Es gibt auch einige gute Pflichtverteidiger.«
    »Aber die würden sich nicht so engagieren wie ein privater Anwalt. Wie Sie. «
    »So ist das System. Ich hoffe, Sie können das Geld auftreiben, Mrs Raintree. Ausgehend von dem, was Sie mir erzählt haben und was ich selbst in der Zeitung gelesen habe, steckt Ihr Mann – der, wie Sie wissen, schon mehr als einmal mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist – in ernsthaften Schwierigkeiten.« Er stand auf und schob sie so geschickt zur Tür wie jemand, der darin schon Routine hat. »Viel Glück«, sagte er und drückte die Tür hinter sich zu.
    In den nächsten vier Stunden bekam sie von fünf weiteren Anwälten denselben Bescheid. Ihre Kanzleien und ihr Auftreten mochten sich unterscheiden, doch die Antwort lautete immer: Kein Anwalt ohne großen Vorschuss.
    In der letzten Kanzlei drückte es die Anwältin, eine nette, junge Frau, die aufrichtig an Dallas’ Schicksal interessiert zu sein schien, sehr deutlich aus: »Einen derart komplexen Fall kann ich nicht ohne Vorschuss übernehmen, Mrs Raintree. Ich habe Kinder zu versorgen und eine Hypothek abzubezahlen. Das verstehen Sie doch sicher. Ich würde mich gerne um die Anklageerhebung kümmern, aber wenn Sie möchten, dass ich Ihren Mann vor Gericht vertrete, dann brauche ich einen beträchtlichen Vorschuss. Mindestens fünfundzwanzigtausend Dollar.«
    Also blieb Vivi Ann nur eins übrig: Sie musste irgendwie fünfundzwanzigtausend Dollar auftreiben.
    Als sie in Olympia losfuhr, neigte sich der Tag bereits seinem Ende zu, und als sie in die Uferstraße vom Hood Canal einbog, überzogen die letzten Sonnenstrahlen das wintertrübe Wasser mit einem silbrigen Glanz, und der Schnee auf den Bergen wurde lavendelgrau.
    Es war stockdunkel, als sie vor dem Haus ihres Vaters vorfuhr. Sie fand ihn im Arbeitszimmer. Er saß dort mit einem Drink in der

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