Das Geheimnis der Sonnensteine: Roman (Sonnenstein-Trilogie) (German Edition)
geben“, entgegnet Elmer entschieden, und als er Doreans unwilligen Blick bemerkt, der zu sagen scheint: Nun mach dir nicht gleich in die Hosen!, übersieht er ihn einfach. Für ihn steht es fest, die Zeit der dummen Streiche ist vorbei, er wird sich keine Blöße mehr geben.
„Genießt noch einmal die Ordnung und Regelmäßigkeit einer RS-Basis, Jungs!“ sagt Galaxor Morrik traurig, als sie den langen Tunnel zum Kontrollturm des Start- und Landeareals hinabgehen. „Was uns an Chaos und Verderben, an Leid und Elend erwartet, können wir jetzt wohl noch gar nicht ermessen. Dagegen dürfte Zoarix ein Kinderspiel gewesen sein…“
Elmer nickt wie abwesend. Ja, ihnen stehen furchtbare Tage bevor.
Das Grün der Sonne Ellora sticht schmerzhaft in Quattros Augen. Doch er darf sie nicht schließen, nicht einmal mit den Lidern zucken, geschweige denn sich bewegen. Noch peinigender als die glühenden Strahlen des Sterns spürt er die feinen, kristallinen Nadeln des niedrigen Silberfarns durch den Umhang aus Molchleder stechen. Der Yumabogen liegt nur eine Handbreit von seinen Füßen entfernt, und doch ist das so weit, als befände er sich auf dem Mond des Planeten Tronnt. Unmöglich, ihn zu erreichen, einen der siebzehn Pfeile aus frisch geschnittenen Purpurnadeln aufzulegen und sich mit einem gezielten Schuß aus der gefährlichen Situation zu befreien! Die geringste Bewegung kann den Tod bedeuten, Quattro wäre ein schlechter Jäger, wenn er das nicht wüßte…
Bedächtig wendet der Urck den sichelförmigen Kopf. Nur ein Dutzend Schritt von Quattro entfernt ist er gelandet, und der Jäger kann das erregte Vibrieren der Muskelpakete beobachten, die sich in wulstigen Strängen an den Sprungbeinen des Ungeheuers hinabziehen. Kein Zweifel, er wittert den Menschen, weiß mit dem fremden Geruch aber nichts Rechtes anzufangen.
Quattro bemüht sich, flach und langsam zu atmen. Bereits das leichte Sichheben und -senken der Brust könnte genügen, den Urck auf sich aufmerksam zu machen. Den auf krustigen Stielen sitzenden Facettenaugen entgeht nicht die leiseste Regung.
Nervös peitscht der entfaltete Segelschwanz des Tieres die splitternden Silberfarnnadeln. Fast eine halbe Minute kann der Urck sich mit Hilfe des Hautschirms in der Luft halten und nach Opfern ausspähen. Quattro hat das charakteristische Geräusch beim Absprung gerade noch gehört, und sofort ließ er sich rücklings fallen. Das tat er instinktiv, ein Reflex, der sich auf unzähligen Jagden herausgebildet hat. Nur auf dem Rücken liegend, hat er freies Blickfeld. Den Beutesprung eines Urcks stehend überleben zu wollen ist unmöglich, auch das weiß Quattro nur zu gut. Kein Mensch kann eine Stunde, zur Salzsäule erstarrt, ausharren – und das muß man, will man der Aufmerksamkeit des geduldigen Räubers, der nur auf die geringste Bewegung wartet, entgehen.
Alles Leben im Galvanosumpf scheint erloschen. Die Trichtermolche haben sich zwischen die porösen, scharfkantigen Platten der Kondizeen zurückgezogen, und die gallertartigen Schlangenleiber der Schleimigen Zehrer sind zu regloser Gelatine erstarrt. Der Hauch des Todes brachte eisige Stille in die Gegend. Quattro spürt, wie sein Puls jagt, und er hofft, daß das schwache Pulsieren dem starren Blick der Stielaugen des Urcks entgehen möge.
Das Tier wiegt den schmalen Kopf, der in einen hakenförmigen Schnabel mit zwei gräßlich scharfen Schneidkanten übergeht, und betastet mit dem winzigen Riechrüssel den Boden. Es ist unruhig.
Quattro nimmt das nur unklar und verschwommen wahr, denn er darf die Augen nicht bewegen. Dem Urck, der die Größe eines Pferdes erreichen kann, fallen selbst die winzigen Flatterbewegungen der Trillerlinge auf, die doch nur wenige Millimeter groß werden.
Quattro überlegt, was er tun soll, wenn der Urck ihn doch wittert. Sollte er versuchen, den Fluß zu erreichen? Nein, die gut fünfzig Schritte bis zum Ufer des Großen Ochsenstromes kann er nicht ungesehen zurücklegen. Dem Untier blitzschnell einen Pfeil in den runden Leib zu jagen – das wäre möglich, aber zwecklos. Diese Tiere sind zäher als Katzen. Gegen den Urck braucht man einen Plasmawerfer, aber den benutzt kein Mitglied der Bruderschaft der Yumajäger. Das beste ist immer noch, so tot wie nur irgend möglich zu erscheinen.
Die tiefen Narben auf den Schenkeln des Urcks zeugen davon, daß auch er Feinde hat, die sich zu wehren wissen und manchmal vielleicht auch als Sieger aus dem Kampf
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