Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
nickte. »In der Tat, denn es würde Euch dann den Kopf kosten.« Er griff in die Zügel von Cromwells Pferd. »Noch eine Bitte, Master Cromwell. Einer meiner Männer, ein Graf von Löwenstein, wurde wegen falscher Anschuldigungen in den Tower geschickt.«
Das Gesicht Cromwells wandelte sich zur vollkommenen Maske, sein Blick glitt erneut zum Horizont. »Seht nur, mein Falke hat dem Euren die Beute entrissen, ich muss sie trennen.«
Cromwell entwand dem Spanier die Zügel und jagte davon. Chapuys schaute ihm hinterher. Maldito , diesem Mann war nicht zu trauen. Wie hilfreich es wäre, selber ein wenig in die Zukunft zu schauen, und das möglichst bald!
Nun, mochte Cromwell auf Falken setzen. Er hoffte weiterhin auf die Weisheit seiner Tauben. Gebe Gott, dass seine Spitzel in Dover oder Gravesend ihm bald eine Taube mit erfreulichen Nachrichten senden würden.
2.
K ÖLN, AM M ITTAG
»Schon wieder eine Begine?« Missmutig kratzte sich der Hurenwirt den Schädel. Beinerne Würfel kollerten über die Tische seiner Schankstube; einige Latrinenfeger vertrieben sich die Mittagszeit bei Spiel und angebranntem Gerstenbrei. Die Dirnen ruhten in ihren Kammern, bis auf eine junge Magd, die lustlos sauren Wein in Krügen servierte und geschickt den kneifenden Fingern der Würfelspieler auswich.
Hin und wieder riskierte einer einen neugierigen Blick zum Wirt und der Frau im mausgrauen Gewand beim Schanktisch. Sicher war das eine von diesen schweifenden Beginen, die unter dem Deckmantel der Frömmigkeit als Winkelhure Unterschlupf suchten. Wer weiß, vielleicht verbarg sich etwas Appetitliches unter dem groben Kittel.
»Bist du nicht ein wenig jung, um bei diesen nutzlosen Grauweibern dein Leben zu vergeuden?«, fragte der Wirt ebenso anzüglich und spuckte ins faulige Bodenstroh. Eine Kakerlake wimmelte hervor. Er wollte sie mit festem Tritt zermalmen.
»Es ist besser, du lässt das«, sagte die Begine. »Wenn du ein Weibchen zertrittst, verteilst du nur die Eier, die sie am Bauch trägt, über den gesamten Raum und züchtest die Plage erneut.«
Der Wirt verzog verächtlich die Stirn. »Sieh an, ein klügelndes Weib, und belehren willst du mich auch noch? Wie wäre es, wenn ich dir etwas beibringe, das du dein Leben nicht vergisst?«
Roh griff er nach dem Schleier, der in schweren Falten das Gesicht der jungen Frau umrahmte.
»Ja«, jubelte einer der Würfelspieler, »entsiegele das Brünnlein.« Seine Kumpane grölten.
Die Frau sprang flink wie eine Katze nach hinten und schlug wütend die Hand des Hurenwirts fort.
»Lass das, du Schmutzfink! Ich stehe unter dem Schutz der Kirche und bin hier, um die kranke Frau zu besuchen, die vor einigen Nächten einen Arzt brauchte.«
Der Wirt schnaubte. »Bleib mir fort mit diesen Ärzten! Und euch graue Frauen lass ich auch nie wieder an meine Pferdchen ran. Die letzte hat mir die beste Stute krank gemacht mit ihrer Medizin.«
Die Begine biss sich auf die Lippen, um einen Laut der Verblüffung zu unterdrücken. »Ich dachte, dieser Gabriel Zimenes hätte ihr das Mittel gebracht.«
»Unfug. Ach, was weiß ich. Eine wie dich hat er vorgeschickt, so war’s«, knurrte der Wirt. »Und jetzt verschwinde.«
Die Frau griff unter die Schürze ihres Gewandes und zog aus einer Gürteltasche eine Münze hervor. Rasch schob sie sie auf den Schanktisch und blinzelte dem Wirt verschwörerisch zu. »Erst, wenn ich die Frau gesehen habe.«
Der Wirt zog erstaunt den Kopf ein wie eine Echse, schielte nach dem Geldstück und lauerte zu den Würfelspielern hinüber. »Was glotzt ihr so blöde«, herrschte er sie an. »Es ist noch nicht Abend! Zügelt euer geiles Temperament, oder ich berichte eurem Meister, dem Scharfrichter, von der unzeitigen Pause, die ihr hier einlegt!«
Die Abtrittfeger zogen maulend die Köpfe ein.
»Meiner Seel’«, raunte der Wirt in Richtung der Begine. »Zahlt ihr jetzt schon dafür, Sterbebesuche zu machen? Ich dachte, ihr lebt vom Bettel.«
»Nicht alle von uns«, erwiderte die Begine mit gedämpfter Stimme. »Und nun sag mir, wo ihre Kammer ist. Es lohnt sich, mir zu helfen, wie du siehst.«
Der Wirt bekämpfte heldenmutig die Zweifel, die sich auf seinem Gesicht abzeichneten. »He«, rief er die Schankmagd herbei. »Bring die Begine zur Mertgin, nun mach schon.«
Die Magd schaute die Frau abweisend an und deutete dann mit dem Kopf zu einer Treppe im hinteren Teil des Schankraums.
Die Begine raffte das Gewand und erklomm hinter der Magd die wackligen
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