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Das Geheimnis der Totenmagd

Das Geheimnis der Totenmagd

Titel: Das Geheimnis der Totenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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wieder aus der Amtsstube entfernen, da richtete Anna, die sich die ganze Zeit schweigend im Hintergrund gehalten hatte, erregt das Wort an den Schultheiß: »Herr Bürgermeister, einen Moment noch bitte, ich habe Euch in der Angelegenheit noch etwas Wichtiges mitzuteilen.«
    Den Mienen der Honoratioren war unschwer zu entnehmen, dass ihnen die vorlaute Einmischung der neunmalklugen Patriziertochter gehörigen Verdruss bereitete. Doch auch wenn die junge Frau alles, was man am weiblichen Geschlecht sonst so schätzte, nahezu vollständig vermissen ließ, handelte es sich bei ihr doch um eine Dame von Stand, der mit dem nötigen Respekt begegnet werden musste.
    »Was gibt es denn noch, meine Liebe?«, entrang sich Reichmann und bemühte sich um ein wohlwollendes Lächeln.
    Um einen möglichst sachlichen Tonfall bemüht, sagte Anna: »Leonhard Stefenelli ist womöglich sogar ein Mörder.«
    »Was Ihr nicht sagt! Und wie kommt Ihr darauf?«
    Anna, der sein spöttischer Unterton nicht entgangen war, atmete tief durch und lieferte ihm einen ebenso vollständigen wie eloquenten Bericht dessen, was sie eben erst von Florian über sein Gespräch mit der Hurenkönigin erfahren hatte.
    Als der Bürgermeister hörte, wer die Quelle dieser Informationen war, rollte er nur abfällig mit den Augen und murmelte in seinen Bart: »Ach, die Zimmerin und ihre Hurenmenscher … das sind mir ja grad die Richtigen …«
    »Wieso sollte denn die junge Hübscherin gelogen haben?«, insistierte Anna entrüstet.
    »Na, vielleicht weil der Doktor sie verschmäht hat und sie sich an ihm rächen wollte?«, wandte Reichmann ein. Dann sagte er beschwichtigend: »In Gottes Namen, wir können ja Stefenelli diesbezüglich noch befragen, wenn wir seiner habhaft werden. Aber mit Verlaub, liebe Stockarin, nach einer durchgebrannten Totenwäscherin können wir nicht auch noch suchen, wo wir momentan mit diesem betrügerischen Medicus schon genug am Hals haben.«
    »Findet Stefenelli, und dann werdet Ihr auch die Bacherin finden«, schnaubte Anna aufgebracht. »Und wenn Ihr schon dabei seid, jeden verfügbaren Stangenknecht zusammenzutrommeln, dann veranlasst doch bitte, dass der junge Hillgärtner endlich freikommt. Dann habt Ihr noch einen Mann mehr in Eurem Suchtrupp, von meiner Wenigkeit einmal ganz zu schweigen.« Anna grinste ihn provozierend an.
    »Was soll denn das heißen?«, fragte Reichmann irritiert.
    »Ganz einfach: Ich werde mich den Stadtbütteln anschließen. Ich kann reiten wie ein Mann, und mit einer Armbrust umgehen kann ich auch!«
    Bei dieser degoutanten Eröffnung runzelte Reichmann nur ratlos die kahle Stirn und erteilte Lederer schließlich die Anweisung, Florian aus dem Kerker zu entlassen.

24
    Katharina spürte, wie ihr vor Schreck und Erbitterung das Herz aussetzte, als Reinfrieds Stimme durch die geöffnete Luke zu ihr herunterdrang. Vor wenigen Stunden hatte Kilian sie mit der ihm eigenen Zurückhaltung wissen lassen, dass er sich nun möglicherweise in der Lage sehe, ihren gemeinsamen Plan endlich umzusetzen. Bevor er nach oben gegangen war, hatte er sie mit bebender Stimme noch darum gebeten, ihn in ihr Gebet einzuschließen. Was sie seitdem auch mit aller Inbrunst getan hatte.
    Heilige Muttergottes, steh ihm bei, und halte schützend deine Hand über ihn. Hilf uns in all deiner Güte, aus den Klauen dieses Teufels zu entkommen …
    Und jetzt war er plötzlich wieder da, der Mann, dem sie bis vor kurzem noch mit Haut und Haaren verfallen gewesen war und den sie mittlerweile so vehement verabscheute. Schon der Klang seiner Stimme reichte aus, ihr allen Mut zu rauben. Welche Heimsuchungen stehen mir denn heute wieder bevor, sinnierte sie verzweifelt. Werde ich denn niemals hier herauskommen?
    In tiefer Wehmut musste sie plötzlich an Florian und Anna, an ihren Vater und an Ruprecht denken, an alle Menschen, die ihr nahestanden, die lebendigen und die toten. Unversehens strömten ihr die Tränen aus den Augen und mochten einfach nicht mehr versiegen. Auch nicht, als wenig später die Kerkertür geöffnet wurde und Reinfried, gefolgt von sämtlichen Brüdern des Todes, das Kellergewölbe betrat.
    »Warum flennst du denn?«, herrschte er sie an, während er einen hohen Zinnkrug auf den Tisch stellte und an der Stirnseite Platz nahm. Katharinas Blick richtete sich unwillkürlich auf Kilian, der totenblass war und die Lider gesenkt hielt. Seine Züge wirkten wie erstarrt. Auch die anderen Brüder schienen bedrückt zu sein.

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